In Südkorea entbrennt kurz vor den Präsidentschaftswahlen eine hitzige Debatte um die Zukunft von Stablecoins, insbesondere um die Aufgabe und Autorität bei der Ausgabe von KRW-gebundenen digitalen Währungen. Im Mittelpunkt dieser Kontroverse steht die Bank of Korea (BOK), die südkoreanische Zentralbank, die sich ausdrücklich für die alleinige Kontrolle und Genehmigung von Stablecoin-Projekten ausspricht. Diese Erklärung kam als direkte Reaktion auf den Vorschlag des führenden Präsidentschaftskandidaten Lee Jae-myung, der sich für eine schnelle Markteinführung eines won-gebundenen Stablecoins starkmacht. Die Diskussion offenbart tiefgreifende Differenzen zwischen politischen Akteuren und Finanzinstitutionen und wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen der Digitalisierung und Regulierung in einem sich rasant wandelnden Finanzumfeld. Stablecoins gewinnen weltweit als digitales Zahlungsmittel an Bedeutung.
Sie sind Kryptowährungen, die an stabile Vermögenswerte wie nationale Währungen gebunden sind und so Preisschwankungen minimieren wollen. In Südkorea, einer führenden Nation im Bereich Technologie und Finanzen, wird die Frage der Herausgabe eines eigenen KRW-gebundenen Stablecoins nicht nur als ökonomische Herausforderung, sondern auch als politische Vertrauensfrage wahrgenommen. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen ist das Thema zu einem zentralen Streitpunkt zwischen den Kandidaten geworden. Die Bank of Korea äußerte sich zuletzt äußerst zurückhaltend gegenüber der Idee, dass private oder nicht staatliche Akteure selbstständig einen Stablecoin herausgeben könnten. Koh Kyung-chul, Leiter der elektronischen Finanzabteilung der BOK, erklärte, dass Stablecoins erheblichen Einfluss auf die Geldpolitik und die Finanzstabilität haben können.
Das betrifft vor allem die Steuerung der Geldmenge, Zahlungsabwicklungen und die Rolle der Zentralbank im Finanzsystem. Vor diesem Hintergrund pocht die BOK darauf, von der frühen Phase an einbezogen zu werden, um negative Effekte auf die geldpolitischen Maßnahmen zu verhindern. Ein weiterer wichtiger Punkt, den die Zentralbank hervorhebt, ist die Notwendigkeit klar definierter gesetzlicher Rahmenbedingungen. Koh betonte, dass die Gestaltung der Gesetzgebung entscheidend sei, um ein nachhaltiges und sicheres digitales Zahlungssystem aufzubauen, das nicht die finanzielle Souveränität Südkoreas gefährdet. Die BOK warnt außerdem davor, dass ausländische Stablecoins, wie beispielsweise US-Dollar-gebundene Tether (USDT), derzeit bereits im grenzüberschreitenden Handel als Ersatz für die jeweilige Leitwährung verwendet werden.
Dies bringe zusätzliche Risiken hinsichtlich Kapitalkontrollen und Devisenvorschriften mit sich. Die Offenheit des Präsidentschaftskandidaten Lee Jae-myung für einen KRW-gebundenen Stablecoin widerspricht somit direkt der Haltung der Zentralbank. Lee argumentiert, dass Südkorea unbedingt frühzeitig in den Stablecoin-Markt einsteigen müsse, um eine Abwanderung nationaler Vermögenswerte ins Ausland zu verhindern. Er sieht in der Einführung eines won-gebundenen Stablecoins eine Chance für technologische Innovation und wirtschaftlichen Fortschritt. Diese Position erinnert einige Beobachter allerdings auch an die gescheiterte Terra-Ära, in der ein ähnlicher KRW-Stablecoin zusammenbrach und gravierende wirtschaftliche Schäden verursachte.
Lee Jun-seok, Kandidat der Reformpartei, kritisierte Lees Vorschlag scharf. Er bezeichnete die Pläne als „gefährlich“ und „experimentell“, warf dem Präsidentschaftsanwärter vor, grundlegende Marktmechanismen und Risiken nicht zu verstehen. Die Terra-Krise von 2022 dient ihm als mahnendes Beispiel dafür, welche Folgen unregulierte oder falsch regulierte Stablecoins haben können. Die Debatte zeigt sich damit nicht nur als technokratischer Disput, sondern als ideologische Auseinandersetzung über Zukunftsmodelle für die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs in Südkorea. Innerhalb der Demokratischen Partei stehen einige Verbündete von Lee Jae-myung hinter seinem Plan und argumentieren, dass konservative Kritiker den globalen Kontext und die innere Dynamik der Finanzregulierung falsch interpretierten.
Sie verweisen darauf, dass ein ausgeklügeltes regulatorisches System geschaffen werden müsse, das Innovationen fördere und gleichzeitig Risiken beherrschbar halte. Eine Gesetzesvorlage, der sogenannte Digital Asset Basic Act, wurde von DP-Abgeordneten eingebracht und sieht vor, dass nicht die Zentralbank, sondern die Finanzaufsicht die ausschließliche Genehmigungsbefugnis für Stablecoins erhalten soll. Dies könnte zu einer direkten Konfrontation mit der BOK führen, sollte Lee bei der Wahl siegen. Die wirtschaftspolitische Bedeutung dieser Debatte lässt sich kaum überschätzen. Stablecoins können theoretisch eine erhöhte Effizienz und Flexibilität im Zahlungsverkehr ermöglichen und die Finanzintegration fördern.
Zugleich bergen sie die Gefahr, die Kontrolle über Geldmengen zu erschweren oder die Autorität der Zentralbanken zu untergraben, was wiederum destabilisieren kann. Im Fall von Südkorea trifft diese Problematik besonders ins Gewicht, weil das Land einer der technologisch fortschrittlichsten digitalen Finanzmärkte der Welt ist, gleichzeitig aber sehr stark auf monetäre Stabilität und internationale Finanzbeziehungen angewiesen. Die BOK verfolgt daher eine klare Linie, die auch von internationalen Zentralbanken in ähnlicher Weise vertreten wird. Vor der Zulassung von Stablecoins, insbesondere mit nationaler Währungsbindung, müsse eine umfassende Risikoanalyse und ein stabilitätsorientierter Rahmen stehen. Die sich entwickelnde Situation in Südkorea kann als Beispiel für die Herausforderungen und Chancen gesehen werden, die die Digitalisierung der Finanzwelt mit sich bringt, und für den Balanceakt zwischen Innovation und Regulierung.
In der Bevölkerung ist das Thema zudem sehr präsent, da Kryptowährungen und digitale Assets in Südkorea eine große Anhängerschaft und Nutzerbasis besitzen. Die politische Debatte erscheint daher auch als Versuch, mit innovativen Versprechen Wählerstimmen zu mobilisieren. Dennoch zeigen die Warnungen der Zentralbank, dass technologische Machbarkeit und wirtschaftliche Politik sorgfältig aufeinander abgestimmt werden müssen, um potenzielle Risiken zu minimieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Streit um den KRW-gebundenen Stablecoin in Südkorea weit über eine bloße Währungsinnovation hinausgeht. Er umfasst Fragen der politischen Legitimität, der Regulierungszuständigkeiten und der strategischen Wirtschaftspolitik.
Ob die Zentralbank ihre regulatorische Rolle durchsetzen kann, oder ob der politische Druck zu einem anderen Ergebnis führt, bleibt abzuwarten – klar ist aber, dass die Entwicklung in Südkorea mit hoher Aufmerksamkeit verfolgt wird, nicht nur auf dem asiatischen Kontinent, sondern weltweit. Die Ausgestaltung der Regulierung wird möglicherweise weitreichende Auswirkungen auf zukünftige digitale Finanzsysteme haben und als Modell für andere Staaten dienen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.