Südkorea steht an vorderster Front einer technologischen Revolution, die die Gastronomiebranche tiefgreifend verändert. An Autobahn-Raststätten, einst lebendige Orte mit traditionellen, handgemachten Gerichten, übernehmen nun Roboterköche die Küchen. Diese Entwicklung wird von der südkoreanischen Regierung und Technologiefirmen als Lösung für den gravierenden Arbeitskräftemangel im Land präsentiert. Doch gleichzeitig löst der Einsatz der flinken, unermüdlichen Roboter bei Beschäftigten und Stammgästen zum Teil Enttäuschung und Skepsis aus. Die Autobahn-Raststätte Munmak, gelegen im bergigen Gangwon-do, ist ein Paradebeispiel für diese Transformation.
Lange bekannt für Spezialitäten wie makguksu, ein traditionelles Gericht mit Buchweizennudeln in erfrischender Brühe, wird die Küche seit Februar 2024 von gleich drei Roboterköchen betrieben. Das Menü wurde dabei stark verändert – von aufwendigen Lokalgerichten hin zu simpleren, besser automatisierbaren Speisen wie Ramen, Udon und verschiedenen koreanischen Eintöpfen. Die Roboter schaffen bis zu 150 Portionen pro Stunde, fast doppelt so viele wie zuvor von menschlichen Köchen zubereitet. Die Effizienzsteigerung ist unbestreitbar. Die Maschinen sind in der Lage, kontinuierlich und mit konstanter Qualität zu produzieren, was besonders an stark frequentierten Tagen zu einer deutlichen Entlastung führt.
Stammgäste aber zeigen sich enttäuscht, da die von Robotern zubereiteten Speisen oft geschmacklich nicht mit den klassischen Gerichten mithalten können. So berichten einige Kunden davon, ihre Schalen mit unberührtem Essen zurückzugeben, was die emotionale Bindung an die menschliche Zubereitung unterstreicht. Für die langjährigen Köchinnen und Köche wie Park Jeong-eun geht nicht nur die Freude am Handwerk verloren, sondern auch ein wichtiger Teil ihres beruflichen Selbstwertgefühls. Park, einst die Meistern ihrer Küche, sieht sich heute eher als Reinigungskraft im Hintergrund, die Maschinen überwacht und die Zutaten nachfüllt. Der Arbeitskräftemangel stellt die Gastronomie in Südkorea vor eine immense Herausforderung.
Die Bevölkerung altert rapide, und vor allem einfache, körperlich anstrengende Tätigkeiten in der Gastronomie sind nicht mehr attraktiv für jüngere Generationen. Die Regierung treibt daher aktiv die Automatisierung voran und strebt an, bis 2030 eine Million Roboterarbeiter einzusetzen. Dabei sollen sogenannte Co-Bots – kollaborative Roboter, die mit Menschen zusammenarbeiten – in Hotels, Restaurants, Pflegeeinrichtungen und Bildungseinrichtungen für Entlastung sorgen. Die Autobahn-Raststätten sind Teil dieses Trends, den der Präsident der Korea Expressway Corporation, Ham Jin-kyu, mit Nachdruck unterstützt. Die Roboter sollen nun in 200 Raststätten landesweit implementiert werden.
Die Technologie hinter den Robotern basiert auf dem RB5 Co-Bot, der ursprünglich von einem Samsung-Tochterunternehmen entwickelt wurde. Derzeit werden die Roboter durch eine Technologie-Schmiede namens Chef Robot Tech so programmiert, dass sie die Bewegungen menschlicher Köche imitieren können. Ein Hauptnutzen liegt in der Geschwindigkeit und der konstanten Qualität der Gerichte, was in Stoßzeiten besonders wichtig ist. Allerdings bedarf es weiterhin menschlicher Unterstützung, sei es beim Beheben von technischen Problemen, Koordination der Abläufe oder dem Handling von empfindlichen Zutaten und der Begrüßung der Kunden. Dieses Nebeneinander von Mensch und Maschine führt zu neuen Arbeitsrollen.
Mitarbeiter berichten, dass ihre Tätigkeiten sich auf Überwachung, Nachfüllen von Zutaten und die Kundeninteraktion verlagert haben. Während manche eine Entlastung spüren und sich über weniger körperliche Belastung freuen, beklagen sich andere über den Verlust ihrer kulinarischen Rolle und den Rückzug auf weniger verantwortungsvolle, monotone Aufgaben. Einige Beschäftigte haben das Unternehmen bereits verlassen, weil sie mit der veränderten Arbeitsweise nicht zurechtkommen. Aus Sicht der Angestellten ist die finanzielle Sicherheit trotz der Veränderungen wichtig, denn die Jobs an Autobahnraststätten gehören zu den wenigen, die durch große Unternehmen abgesichert sind. Hier arbeiten überwiegend ältere Frauen, die zuvor schmerzhaften und anstrengenden Tätigkeiten wie schweres Heben oder stundenlanges Rühren nachgingen.
Durch die Automatisierung werden sie vor körperlichen Schäden geschützt und können in einem sichereren Arbeitsumfeld tätig sein. Dennoch ist das Gefühl, durch die Technologie ersetzt zu werden, für viele ein schwerer Schlag. Die Kundenperspektive zeigt ebenfalls eine Kluft zwischen praktischen Vorteilen und emotionaler Ablehnung. Für Berufskraftfahrer, Pendler und Touristen bieten die automatisierten Restaurants den Vorteil von schneller Bedienung, langer Öffnungszeit und preiswerten Mahlzeiten. Einige technikaffine Gäste begrüßen den innovativen Service, der sich mit automatisierten Kaffeemaschinen, Selbstbedienungskiosken und anderen smarten Angeboten ergänzt.
Andererseits fehlt vielen der individuelle Geschmack und die liebevolle Note, die menschliche Köche einem Gericht verleihen können. Gerade traditionelle Gerichte haben kulturelle Bedeutung, die in maschinell zubereiteten Produkten oft verloren geht. Experten warnen davor, dass die Automatisierung zahlreiche Beschäftigte im Gastrobereich bedrohen könnte, da ihre Arbeit oft repetitive und standardisierte Abläufe umfasst, die eher von Maschinen übernommen werden können. Einige Studien prognostizieren erhebliche Arbeitsplatzverluste, sollten nicht parallele Qualifikations- und Umschulungsprogramme für betroffene Mitarbeiter entwickelt werden. Bildungsexperten und Arbeitsmarktforscher empfehlen der Regierung stärkere Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen, damit die Arbeiter ihre Kompetenzen ausbauen und neue Berufsfelder erschließen können.
Gleichzeitig besteht das Potenzial, durch neue Technologielösungen ganz andere Formen der Beschäftigung zu schaffen. Die Rolle des menschlichen Personals könnte stärker auf Kundenservice, Qualitätsmanagement und Koordination verlagert werden. Die Erfahrung zeigt aber, dass diese Umstellungen eine längere Phase der Anpassung mit sich bringen, in der sich Beschäftigte oft unsicher fühlen und ihre berufliche Identität infrage stellen. Die Entwicklung steht auch im Kontext der vierten industriellen Revolution, die eine umfassende Veränderung der Arbeitswelt durch Digitalisierung, Robotik und Künstliche Intelligenz beschreibt. Südkorea möchte dabei eine Vorreiterrolle einnehmen und wandelt seine Wirtschaft durch den Einsatz moderner Technologien – nicht nur in der Industrie, sondern zunehmend auch im Dienstleistungssektor.
Für die Gastronomie an Autobahnraststätten bedeutet dies einen Paradigmenwechsel. Die Zukunft wird zeigen, wie sich die Balance zwischen technologischem Fortschritt und menschlicher Arbeitskraft gestaltet. Die bisherigen Erfahrungen am Munmak-Rastplatz verdeutlichen, dass Roboter im gastrointestinalen Bereich viele Vorteile bieten, aber auch die soziale Komponente der Esskultur nicht vollständig ersetzen können. Ein harmonisches Miteinander von Robotern und Menschen, das auf gegenseitiger Unterstützung und Kompetenzentwicklung beruht, scheint der vielversprechendste Weg zu sein. Insgesamt ist der Einsatz von Robotern an Südkoreas Autobahnraststätten ein Spiegelbild größerer gesellschaftlicher Herausforderungen: wie eine alternde Gesellschaft, Arbeitskräftemangel und technologischer Wandel gemeinsam bewältigt werden können.
Dabei geht es nicht nur um das Kochen von Speisen, sondern auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen, kultureller Identität und sozialer Teilhabe in einer sich schnell verändernden Welt.