Der April 2025 war ein ungewöhnlich herausfordernder Monat für den Markt der Exchange Traded Funds (ETFs). Laut dem jüngsten US-Listed ETF Flash Flows Report von State Street Global Advisors verzeichneten ETFs in diesem Zeitraum lediglich 62 Milliarden US-Dollar an Zuflüssen – ein Tiefststand, der seit einem Jahr nicht mehr beobachtet wurde. Diese Entwicklung sollte nicht isoliert betrachtet werden, denn sie reflektiert eine tiefgreifende Verschiebung im Anlegerverhalten, die eng mit der sich verschärfenden Handels- und Wirtschaftslage verknüpft ist. Die Kernursache für den Rückgang in ETF-Zuflüssen liegt in der stark gestiegenen Volatilität an den Märkten, die maßgeblich durch den eskalierenden Handelskonflikt zwischen globalen Wirtschaftsmächten hervorgerufen wurde. Während die globalen Aktienmärkte insgesamt Gewinne verzeichneten, blieb der US-Aktienmarkt unter Druck und erlitt Verluste.
Diese Divergenz deutet auf einen spezifisch inländischen Effekt hin, der Anleger erheblich verunsichert und zu einer defensiveren Ausrichtung bei der Kapitalanlage geführt hat. Besonders auffällig war der Einbruch bei den Sektor-ETFs, die mit Ausflüssen in der Höhe von 11 Milliarden US-Dollar das schlechteste Monatsergebnis aller Zeiten hinnehmen mussten. Fast alle sektoralen Anlageklassen wurden verkauft, mit Ausnahme der defensiven Versorgungssektoren, die sogar kleine Zuflüsse von 171 Millionen US-Dollar verbuchen konnten. Dieser Trend zeigt, dass Anleger zwar Risikobereitschaft aufgegeben haben, aber gleichzeitig nach Sicherheit und Stabilität streben. Kredit-ETFs stehen ebenfalls unter erheblichem Druck.
Mit 15 Milliarden US-Dollar Gesamtabfluss in Investment-Grade-Unternehmensanleihen, Hochzinsanleihen und Bankkrediten markierten sie Rekordabflüsse. Insbesondere die Kategorie der Bankkredite und kollateralisierten Darlehen musste den größten jemals erlebten Abfluss von 5 Milliarden US-Dollar hinnehmen, begleitet von einem Verlust von 4,6 Milliarden US-Dollar bei Investment-Grade-Anleihen. Diese Umkehr spiegelt laut dem Leiter des Researchs bei State Street, Matthew Bartolini, die veränderten Erwartungen hinsichtlich einer robusten konjunkturellen Expansion wider. Die durch die Handelsbarrieren ausgelösten Unsicherheiten lassen die Wahrscheinlichkeit eines anhaltenden Wachstums eher sinken und veranlassen Investoren zur Vorsicht. Im Gegensatz zur Zurückhaltung bei riskanteren Anlageklassen verzeichneten ultra-kurzfristige und kurzfristige Staatsanleihen-ETFs erhebliche Zuflüsse – innerhalb eines Monats flossen hier 19 Milliarden US-Dollar zu.
Dies stellt die zweithöchste monatliche Summe in diesem Segment seit Beginn der Pandemie im März 2020 dar. Die starke Nachfrage nach sicheren Staatsanleihen zeigt, dass die Anleger zunehmend in defensive Positionen wechseln, um ihr Kapital gegen erhöhte Unsicherheiten zu schützen. Der Dreimonatsdurchschnitt der Zuflüsse in diesen sicherheitsorientierten ETFs erreichte sogar eine Rekordhöhe von 34 Milliarden US-Dollar, was die signifikante Verschiebung im Anlegerverhalten unterstreicht. Gold-ETFs konnten ebenfalls mit 3,8 Milliarden US-Dollar an Zuflüssen punkten, ein Wert, der zu den zehn höchsten Monatszuflüssen in der Geschichte dieses Rohstoffsegments zählt. Gold gewinnt traditionell in unsicheren Marktphasen an Attraktivität als sicherer Hafen, was durch die unruhige Handelssituation zusätzlich begünstigt wurde.
Die allgemeinen Aktien-ETFs kamen hingegen nur auf 32 Milliarden US-Dollar, was im historischen Vergleich als moderat einzustufen ist. Der Einfluss der Handelszölle auf die Märkte wird von Bartolini mit einer interessanten Metapher beschrieben: Er vergleicht die plötzliche Einführung von Zöllen mit der Einbringung von Kohlendioxid in Sprudelwasser, die das Wasser in kohlensäurehaltige Säure verwandelt und damit seine ursprünglichen Eigenschaften verändert. Diese bildhafte Darstellung verdeutlicht, wie stark exogene politische Ereignisse die Grundstrukturen der Finanzmärkte beeinflussen und damit zu einer Neuausrichtung der Investitionsentscheidungen führen. Die Marktdynamik im April setzt einen klaren Fokus auf die zunehmende Risikoaversion bei Anlegern, die sich in den Bewegungen der ETF-Zuflüsse widerspiegelt. Angesichts einer volatilen geopolitischen Lage und unsicherer makroökonomischer Rahmenbedingungen suchen Anleger lieber nach Bewahrungsstrategien als nach Chancenorientierung.
Diese Entwicklung beeinflusst nicht nur die Performance der ETFs selbst, sondern auch das Vertrauen institutioneller und privater Investoren in komplexere und risikoreichere Produkte. Was bedeutet dies für den weiteren Verlauf des Jahres? State Street Global Advisors hatte zu Jahresbeginn einen Zufluss von 1,3 Billionen US-Dollar für das Gesamtjahr prognostiziert. Der deutliche Einbruch im April wirft jedoch Zweifel an der Erreichbarkeit dieses Ziels auf und könnte zu einer Anpassung der Jahresprognose führen. Die erhöhte Volatilität, kombiniert mit unklaren wirtschaftlichen Aussichten und politischen Turbulenzen, lässt eine Fortsetzung des defensiven Anlegerverhaltens erwarten. Langfristig bestehen jedoch weiterhin Chancen für ETFs, da sie als liquide und kosteneffiziente Anlageinstrumente gelten.
Die breite Diversifikation und die Möglichkeit, gezielt in verschiedene Anlageklassen und Regionen zu investieren, sprechen für eine anhaltende Beliebtheit. Dennoch müssen ETF-Anbieter ihre Produktstrategien flexibel an veränderte Marktbedingungen anpassen, um den Bedürfnissen der Investoren gerecht zu werden und Zuflüsse stabil zu halten. Abschließend lässt sich sagen, dass der Bericht von State Street ein deutliches Signal aus dem Markt vermittelt: Die Kombination aus Handelsstreitigkeiten und daraus resultierender Volatilität hat im April die Zuflüsse in ETFs spürbar gedämpft. Anleger zeigen sich vorsichtiger und orientieren sich verstärkt an sicheren Anlagen. Diese Entwicklung prägt nicht nur den ETF-Markt kurzfristig, sondern wird auch die strategische Ausrichtung und Innovationskraft der Anbieter in den kommenden Monaten herausfordern.
Wer den Markt genau beobachtet und flexibel agiert, kann in diesem Umfeld trotzdem Potenziale entdecken und nutzen.