Die Belastung von Trinkwasser mit PFAS, auch bekannt als per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen oder „Forever Chemicals“, gewinnt immer mehr Aufmerksamkeit in der Umwelt- und Gesundheitsforschung. Diese synthetischen Stoffe, die in zahlreichen Konsumgütern wie Möbeln, Lebensmittelverpackungen und wasserabweisenden Materialien verbreitet eingesetzt werden, sind bekannt für ihre Beständigkeit in Umwelt und Körper. Eine bahnbrechende Studie der Keck School of Medicine der University of Southern California offenbart nun einen besorgniserregenden Zusammenhang zwischen PFAS-Verunreinigungen im Trinkwasser und einer Vielzahl seltener Krebsarten. Damit rückt das Thema PFAS endgültig in den Fokus von Gesundheitsbehörden, Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit. Die Forschung stellt erstmals im US-weiten Maßstab dar, wie PFAS in Trinkwasserquellen vorkommen und wie sich dies konkret auf Krebsfälle auswirkt.
Die Ergebnisse weisen auf bis zu 33 Prozent höhere Krebsraten in betroffenen Gegenden hin und heben besonders seltene Krebsformen hervor, die bisher kaum im Zusammenhang mit Umweltgiften standen. PFAS: Umweltgifte mit Langzeitwirkung Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen zeichnen sich durch ihre extrem langlebige chemische Struktur aus. Sie zersetzen sich kaum in der Umwelt und lagern sich über Jahre hinweg im menschlichen Körper ab. Diese Eigenschaften führten dazu, dass PFAS inzwischen in etwa 45 Prozent der öffentlichen Trinkwassersysteme der USA nachgewiesen wurden. Die chemische Stabilität und die damit verbundene Anreicherung steigern die Gefahr für die öffentliche Gesundheit kontinuierlich.
Zahlreiche Studien in den letzten Jahrzehnten haben bereits gesundheitliche Zusammenhänge mit PFAS festgestellt. Dazu gehören Beeinträchtigungen des Immunsystems, Hormonstörungen und eine höhere Neigung zu bestimmten Krebsarten wie Nieren-, Brust- und Hodenkrebs. Allerdings waren bisher nur wenige Forschungsergebnisse systematisch auf lokale Wasserquellen und ihre direkte, epidemiologische Wirkung auf Krebsraten bezogen. Umfangreiche Datenauswertung enthüllt neue Erkenntnisse Zur Ermittlung des Zusammenhangs zwischen PFAS-Konzentrationen im Trinkwasser und Krebserkrankungen sammelte das Forscherteam Daten aus zwei großen nationalen Quellen. Einerseits verwendeten die Wissenschaftler Krebsinzidenzdaten aus dem Surveillance, Epidemiology and End Results Programm des National Cancer Institute, das alle gemeldeten Krebsfälle von 2016 bis 2021 abdeckt.
Andererseits analysierten sie Informationen zu PFAS-Vorkommen aus dem Unregulated Contaminant Monitoring Rule Programm der U.S. Environmental Protection Agency (EPA), das Trinkwasserproben landesweit von 2013 bis 2024 auswertet. Durch den Vergleich dieser detaillierten Datensätze auf Kreisebene konnten Wissenschaftler des Keck School zahlreiche Muster und Zusammenhänge erkennen, die vorher nicht sichtbar waren. Dabei wurden wichtige Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, sozioökonomische Unterschiede, Raucherquoten, Übergewicht und Verstädterung berücksichtigt.
Selbst andere Umweltverschmutzungen wurden kontrolliert, damit die Resultate speziell auf die Wirkung der PFAS zugeschnitten waren. Erhöhte Krebsraten bei unterschiedlichsten Krebsarten Die Analyse ergab, dass Kreise mit PFAS-Wertüberschreitungen im Trinkwasser eine signifikant höhere Krebsinzidenz aufwiesen. Besonders deutlich zeigte sich dies bei seltenen Krebsformen, die bisher kaum im Fokus standen. Konkret konnte ein Anstieg der Erkrankungen um bis zu 33 Prozent festgestellt werden, etwa bei Mund- und Rachenkrebs in Verbindung mit dem PFAS-Typ perfluorobutansulfonat (PFBS). Weitere entsprechende Erhöhungen wurden bei Krebsarten des Verdauungstraktes, des endokrinen Systems sowie der Atemwege dokumentiert.
Dabei unterschieden sich die betroffenen Krebsarten teilweise zwischen den Geschlechtern. Männer wiesen häufiger Leukämie sowie Tumore der Harnorgane, des Gehirns und des Weichteilgewebes auf, welche mit PFAS-Kontamination assoziiert waren. Frauen zeigten hingegen vermehrt Krebs im Bereich der Schilddrüse, des Mund- und Rachenraums sowie ebenfalls Weichteile. Insgesamt schätzen die Forscher, dass jährlich etwa 6.864 Krebsfälle allein auf die Belastung durch PFAS im Trinkwasser zurückzuführen sind.
Bedeutung der Ergebnisse für den Gesundheitsschutz Diese Resultate haben weitreichende Bedeutung für die öffentliche Gesundheit und Umweltpolitik. Erstmalig wird die Größenordnung der PFAS-bedingten Krebsfälle in den USA beziffert, was die Dringlichkeit unterstreicht, angemessene Schutzmaßnahmen und Regulierungen zu verstärken. Die geplanten Vorgaben der EPA, die ab 2029 für sechs PFAS-Typen Grenzwerte im Trinkwasser festlegen sollen, könnten sich als unzureichend erweisen. Die Studie fordert daher eine Ausweitung der Überwachungsprogramme und eine striktere Begrenzung auch bisher wenig untersuchter PFAS-Varianten. Zudem eröffnet die Forschung neue Perspektiven für zukünftige Untersuchungen: Um kausale Zusammenhänge mit individuellen Risiken herzustellen und biologische Wirkmechanismen zu verstehen, sind weitere detaillierte Studien erforderlich.
Ausblick auf die Forschung und Prävention Die Studie dient nicht nur als Weckruf, sondern auch als wertvolle Grundlage für künftige Forschungsansätze. Durch die Kombination groß angelegter Datensätze konnte erstmals ein landesweiter Überblick geschaffen werden, der regionale Unterschiede und geschlechtsspezifische Risiken sichtbar macht. Künftige Studien auf individueller Ebene sind notwendig, um direkte Ursachen der Krebserkrankungen zu klären und mögliche Interaktionen mit anderen Umweltfaktoren zu erforschen. Gleichzeitig sollten politische Akteure und Wasserbehörden die vorliegenden Erkenntnisse ernst nehmen und Maßnahmen umsetzen, die die Belastung der Bevölkerung mit PFAS nachhaltig reduzieren. Dazu gehören Investitionen in moderne Wasseraufbereitungstechnologien sowie rechtliche Regelungen, die strenge Grenzwerte und regelmäßige Überprüfungen sicherstellen.
Die potenziellen gesundheitlichen Folgen von PFAS belasten nicht nur Betroffene und ihre Familien, sondern ziehen auch erhebliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Kosten nach sich. Die Behandlung von Krebs erfordert umfangreiche medizinische Ressourcen, und vermeidbare Erkrankungen mindern die Lebensqualität zahlreicher Menschen. Daher sind Prävention und Aufklärung essenziell, um Umweltrisiken zu minimieren und den Schutz der Bevölkerung bestmöglich zu gewährleisten. Zusammenfassung Die jüngste Studie der Keck School of Medicine der USC stellt erstmals einen umfassenden Zusammenhang zwischen PFAS-Verunreinigung im Trinkwasser und einer erhöhten Rate seltener Krebsarten in den Vereinigten Staaten dar. Durch Auswertung nationaler Datenbanken konnte ein Anstieg der Krebsfälle um bis zu 33 Prozent in belasteten Gebieten belegt werden.