In den 1980er und 1990er Jahren prägten Bulletin-Board-Systeme (BBS) die digitale Kommunikation, lange bevor das Internet zum Massenphänomen wurde. Diese kleinen, oft privat betriebenen Kommunikationszentren ermöglichten es Nutzern, Nachrichten auszutauschen, Dateien zu teilen oder einfache Spiele zu spielen. Zugang erfolgte damals meist über das analoge Telefonnetz mittels eines Modems – technisch simpel, aber revolutionär für die damalige Zeit. In den letzten Jahren erlebt das Konzept des BBS ein Revival, allerdings mit modernen Technologien und neuen Einsatzmöglichkeiten. Ein spannender Ansatz dabei ist der Einsatz von Meshtastic-Radios, die auf der Low-Power- und Long-Range-Funktechnologie LoRa basieren.
Damit lässt sich ein eigenes, unabhängiges und dezentrales BBS aufbauen, das keinen Internetzugang benötigt und sich perfekt für Mikro-Communitys eignet. Meshtastic basiert auf LoRa, einem sogenannten Low-Power Wide-Area Network (LPWAN), das Kommunikation über große Distanzen mit minimalem Stromverbrauch möglich macht. Dies eröffnet neue Perspektiven für Anwendungen, bei denen herkömmliche Funktechniken oder das Internet nicht zur Verfügung stehen. Das Besondere an Meshtastic ist die Mesh-Netzwerkfähigkeit: Mehrere Geräte verbinden sich automatisch zu einem Netzwerk, in dem Nachrichten zwischen den Knoten weitergeleitet werden. Dadurch kann die Reichweite flexibel und ohne zentrale Infrastruktur vergrößert werden.
Das Projekt TC2-BBS nutzt diese moderne LoRa-Mesh-Technologie, um die einzigartigen Eigenschaften vergangener BBS in die Gegenwart zu übertragen. Entwickelt vom Comms Channel, handelt es sich bei TC2-BBS um eine Kombination von Python-Skripten, die auf einem einfachen Rechner – beispielsweise einem Raspberry Pi Zero oder Raspberry Pi 3 – ausgeführt werden können. Dabei werden kleine Meshtastic-Radios über USB angeschlossen und übernehmen die drahtlose Kommunikation. Aufgrund der begrenzten Bandbreite von LoRa bleibt das Datenvolumen überschaubar, was eine ressourcenschonende Umsetzung ermöglicht. Der Charme eines Vintage-BBS mit Meshtastic besteht vor allem in seiner Dezentralisierung und Unabhängigkeit von Internetanbietern oder Social-Media-Plattformen.
Nutzer innerhalb des Funkbereichs können sich so direkt verbinden, Nachrichten austauschen oder spezielle Funktionen des Systems nutzen. Der Zugriff ist jederzeit möglich, ohne die Beschränkungen durch Leitungen oder zentrale Server. Dadurch entsteht nicht nur eine moderne Interpretation eines Retro-Systems, sondern auch ein robustes Kommunikationsnetz, das vor allem in urbanen Gebieten oder bei Veranstaltungen hilfreich sein kann. Die Grundfunktionen von TC2-BBS sind bewusst einfach gehalten. Die Benutzeroberfläche ist textbasiert und erinnert an klassische BBS-Interfaces mit übersichtlichen Menüs.
Aktuell unterstützen die Scripts das Schreiben und Empfangen von Nachrichten sowie eine art store-and-forward-Funktion, die es erlaubt, Nachrichten auch über mehrere BBS-Systeme hinweg weiterzugeben, ähnlich dem früheren FidoNet. Ein kleines, spielerisches Feature ist eine automatische Erzeugung von Weisheiten im Stil von Unix-Fortune. Allerdings sind Funktionen wie Dateitransfer oder klassische Door-Games – oft bei historischen BBS beliebt – noch nicht enthalten, befinden sich aber in aktivem Entwicklungsstatus. Die Hardware für den Aufbau eines eigenen Meshtastic-BBS ist überschaubar und mit etwas Bastelkenntnis gut zu realisieren. Ein Raspberry Pi bildet dabei das Herzstück, auf dem die BBS-Software läuft.
Als Funkgerät eignet sich der RAKwireless WisBlock Meshtastic, der von Haus aus Meshtastic mit LoRa und Bluetooth integriert hat. Manche Meshtastic-Geräte verfügen über einen kleinen Statusbildschirm, der den Systemzustand oder eingehende Nachrichten anzeigt, sodass der BBS-Server bei Bedarf überwacht werden kann. Die Konfiguration der Radios erfolgt komfortabel via Bluetooth mit einer Smartphone-App, was die Einrichtung deutlich erleichtert. Ein besonders kreatives Element an der Umsetzung von Stephen Cass bei IEEE Spectrum ist die Verwendung eines Arduino Nano als physische Benachrichtigungsmechanik. Über die GPIO-Schnittstelle des Raspberry Pi wird ein Signal an den Arduino gesendet, falls eine neue Nachricht im BBS eintrifft.
Der Arduino bewegt dann mithilfe eines Servos eine kleine rote Flagge, die das Eintreffen neuer Nachrichten anzeigt. Dies ist eine charmante Verbindung aus moderner Funktechnik und klassischer Hardware-Haptik, die dem Nostalgie-Appeal zusätzlich dient. Die Stromversorgung kann in manchen Fällen eine Herausforderung darstellen, da die Meshtastic-Hardware gelegentlich mehr Strom benötigt, als ein Raspberry Pi direkt liefern kann. Hier empfiehlt es sich, die Funkmodule über einen separaten, stabilen Stromanschluss zu betreiben, beispielsweise in Kombination mit kleinen Solarpanels oder Powermodulen. Solche Lösungen machen das BBS auch für den mobilen oder Outdoor-Einsatz interessant.
Wer Interesse hat, ein eigenes Vintage-BBS mit Meshtastic aufzubauen, profitiert von der aktiven Open-Source-Community rund um Meshtastic und TC2-BBS. Auf GitHub finden sich detaillierte Anleitungen zur Installation, Konfiguration und Erweiterung des Systems. Das Projekt ist für Bastler und Technikbegeisterte ideal, weil es sowohl klassische Konzepte neu aufleben lässt als auch zum experimentellen Weiterentwickeln anregt. Die Idee, wieder dezentrale digitale Treffpunkte zu schaffen, hat in einer Zeit von zentralisierten, datenhungrigen Social-Media-Plattformen eine neue Relevanz. Persönliche Kommunikation zurückzugewinnen, eigene digitale Räume zu schaffen und Netzwerke ohne Router und Internetanbieter zu betreiben, ist für viele ein spannendes Projekt mit gesellschaftlicher Bedeutung.