Die Europäische Union steht vor einem entscheidenden Schritt in der Regulierung und Überwachung von Kryptowährungstransaktionen. Eurogruppen-Präsident und irischer Finanzminister Paschal Donohoe hat auf dem European Anti-Financial Crime Summit 2025 in Dublin die Pläne der EU erläutert, mit denen Finanztransaktionen im Krypto-Bereich transparenter und besser nachvollziehbar gemacht werden sollen. Damit untermauert die EU ihren Anspruch, Finanzkriminalität zu bekämpfen und die Finanzmärkte für illegale Aktivitäten weniger anfällig zu machen. Im Mittelpunkt des diskussionswürdigen Vorhabens steht eine „Neuklassifizierung von Performance-Transfer-Mechanismen“, die explizit auch Krypto-Asset-Dienstleister (CASPs) miteinbezieht. Dies bedeutet, dass künftig bei Krypto-Transaktionen sowohl die Sender- als auch die Empfängerdaten erfasst und gespeichert werden müssen.
Das Ziel ist es, eine umfassende Nachverfolgbarkeit von Geldflüssen zu gewährleisten, die es Ermittlungsbehörden erleichtert, illegale Aktivitäten wie Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung aufzudecken. Die Initiative ist Teil eines übergeordneten Pakets von Anti-Geldwäsche-Regelungen (AML, Anti-Money Laundering), das die EU-Kommission für die Zukunft des Kryptosektors entwickelt hat. Bereits im Mai 2023 wurde eine Verordnung zu Transfers von Krypto-Assets verabschiedet, die nun Schritt für Schritt in nationales Recht umgesetzt wird. Die neue Regelung hebt die Anforderungen für Krypto-Unternehmen deutlich an und sorgt für eine Harmonisierung der Kontrollpraxis innerhalb des europäischen Binnenmarktes. Einer der wichtigsten Punkte des Vorhabens ist das Verbot für Krypto-Dienstleister, mit anonymen Wallets sowie sogenannten Privatsphärenmünzen (Privacy Coins) zu interagieren.
Diese Maßnahme soll verhindern, dass Gelder durch Krypto-Transaktionen verschleiert werden können. Krypto-Firmen, die sich nicht an die Vorgaben halten, müssen mit harten Sanktionen rechnen, zum Beispiel durch die Sperrung ihrer Internetprotokoll-Adressen (IP-Adressen). Dies gilt auch für dezentralisierte Börsen (DEXs), die bisher oft als Grauzone galten. Die Reaktionen aus der Kryptoindustrie auf die geplanten Maßnahmen spiegeln die Vielfalt der Ansichten wider. Während Vertreter wie Patrick Hansen von Circle betonen, dass die neuen Regeln keine reine Kryptowährungsregulierung darstellen, sondern ein breit angelegtes Finanzkontrollinstrument sind, warnen andere Experten vor den Folgen für dezentrale Finanzsysteme (DeFi).
So kritisierte James Toledano, COO von Unity Wallet, dass der strikte Rahmen des EU-AML-Systems nicht mit dem dezentralen Wesen vieler Krypto-Services harmoniert und daher Umgehungen durch Nutzer wahrscheinlich seien. Diese Kritik unterstreicht einen zentralen Konflikt: Die EU strebt eine engmaschige Kontrolle an, um Schwachstellen im Finanzsystem zu schließen, läuft aber gleichzeitig Gefahr, die Innovationskraft der Blockchain-Technologie und die Privatsphäre der Nutzer einzuschränken. Der Spagat zwischen Sicherheit und Freiheit ist damit auch im Kryptobereich ein beherrschendes Thema. Eurogruppen-Präsident Donohoe betonte in seiner Rede jedoch, dass eine stärkere Zusammenarbeit auf europäischer Ebene für die Effektivität der Maßnahmen entscheidend sei. Die neue EU-Anti-Geldwäsche-Behörde (AMLA) soll mit einem starken Instrumentarium ausgestattet werden, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung künftig schneller und gezielter zu bekämpfen.
Neben der Nachverfolgung von Transaktionen wird auch der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten intensiviert und zentralisiert. Die Restriktionen für anonyme Wallets und Privacy Coins werden ab dem 1. Juli 2027 wirksam. Bis dahin haben Krypto-Unternehmen Zeit, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen und ihre Compliance-Prozesse anzupassen. Auch wenn die Maßnahmen zunächst als streng empfunden werden, dürften sie insgesamt zu einer stärkeren Professionalisierung und Akzeptanz der Branche führen.
Für Investoren und Nutzer bedeutet die erweiterte Transparenz eine höhere Sicherheit und Verbraucherschutz. Die EU sieht die Regulierung von Krypto-Assets als integralen Bestandteil des Finanzsektors und ist der Ansicht, dass digitale Vermögenswerte nicht außerhalb der bestehenden Regeln agieren dürfen. Dies wird am Beispiel der geplanten AML-Regeln deutlich, die für alle Finanzinstitute gleichermaßen gelten – unabhängig davon, ob es sich um klassische Banken oder innovative Krypto-Dienstleister handelt. In diesem Kontext gewinnt auch die Debatte um die internationale Zusammenarbeit an Bedeutung. Über die Grenzen Europas hinaus fordern Experten eine globale Herangehensweise, um regulatorische Schlupflöcher zu schließen.
Denn die globale, grenzüberschreitende Natur von Kryptowährungen stellt besondere Herausforderungen an Staaten und Regulatoren dar. Trotz aller Herausforderungen ist der Schritt der EU ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem geregelten und sicheren Kryptomarkt. Die geplante Nachverfolgung von Sender- und Empfängerdaten bei Krypto-Transfers könnte dabei helfen, illegale Finanzströme transparenter zu machen und die Kriminalitätsbekämpfung wesentlich effektiver zu gestalten. Interessant bleibt, wie die technische Umsetzung erfolgen wird. Die Erfassung von Daten bei Blockchain-Transaktionen erfordert neben rechtlichen Rahmenbedingungen auch technologische Lösungen, die die Privatsphäre der Nutzer schützen und gleichzeitig die Nachvollziehbarkeit gewährleisten.