Der Toronto Stock Exchange (TSX), der wichtigste Aktienindex Kanadas, hat in den vergangenen Monaten deutliche Wertsteigerungen verzeichnet und sich damit gegen die Entwicklung vieler anderer globaler Börsen behauptet. Trotz des jüngsten Höchststands ist jedoch abzusehen, dass die Wachstumsdynamik des Index durch externe Faktoren gedämpft wird. Besonders der anhaltende Handelsstreit zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten spielt eine maßgebliche Rolle in der Neubewertung des Marktpotenzials für den Rest des Jahres 2025. Die zwischen beiden Ländern bestehenden Handelsbeziehungen sind von enormer Bedeutung, da rund 75 % der kanadischen Exporte in die USA fließen. Stahl, Aluminium und Fahrzeuge gehören zu den Hauptgüter, die von den amerikanischen Zöllen betroffen sind.
Diese Herausforderunge wirken sich nicht nur auf die direkte Handelsbilanz aus, sondern senden auch Wellen in die Binnenwirtschaft und Marktstimmung. Die jüngsten Zahlen belegen eine leichte Abkühlung des kanadischen Arbeitsmarktes. Im April stieg die Arbeitslosenquote auf 6,9 %, was den höchsten Stand seit November letzten Jahres darstellt. Die Notenbank Kanadas reagierte in der Folge auf die wirtschaftliche Unsicherheit mit einer Senkung des Leitzinses um 2,25 Prozentpunkte auf 2,75 %. Diese Maßnahme soll die Kreditvergabe erleichtern, Investitionen anregen und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stärken.
Der TSX-Index konnte sich seit April von seinem Tiefststand aus um fast 16 % erholen und erreichte einen historischen Schlussstand bei 26.073 Punkten. Damit übertrifft die kanadische Börse bisher die großen amerikanischen Indizes wie den S&P 500, der sich seit Jahresbeginn vergleichsweise zurückhaltender gezeigt hat. Ein entscheidender Faktor für diese Outperformance ist die starke Gewichtung von Metall- und Mining-Aktien, die von der Nachfrage nach Gold als sicherem Hafen profitierten. Das Edelmetall erreichte rekordhohe Preise, was die Bewertungen der entsprechenden Bergbauunternehmen stützte.
Trotz dieser positiven Faktoren warnen Experten vor einer möglichen Korrektur am Markt. Laut einer Reuters-Umfrage sehen viele Analysten eine zumindest teilweise Konsolidierung der Gewinne für 2025 kommen. Die Erwartungen für ein Anstiegspotenzial des S&P/TSX Composite Index bis Jahresende wurden nach unten korrigiert – von 26.500 Punkten im Februar auf aktuell 26.250 Punkte.
Dies spiegelt eine vorsichtigere Haltung wider, da Unternehmen zunehmend mit den Folgen der Zölle und der dadurch eingeschränkten Lieferketten umgehen müssen. Die Notwendigkeit, Lagerbestände neu zu organisieren, beeinflusst Investitionsentscheidungen und verschärft den Druck auf die Gewinnmargen. Viele Firmen sind zögerlich, Kapitalaufwendungen vorzunehmen, was das Wachstum weiter bremsen könnte. Ein wichtiger Aspekt in der aktuellen Bewertung ist die Erwartung der Unternehmensgewinne. Von den befragten Analysten gehen sieben von 13 davon aus, dass die Gewinne für 2025 niedriger ausfallen werden als im Jahr 2024.
Diese Prognose ist ein klares Indiz dafür, dass die wirtschaftlichen Zwänge und der Handelskonflikt stärker durchschlagen als zunächst angenommen. Gleichzeitig gaben acht von 13 Marktexperten an, dass eine Korrektur mit einem Rückgang von mindestens 10 % gegenüber den Höchstständen in den nächsten drei Monaten wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich ist. Eine Korrektur war bereits im April erkennbar, gefolgt von einer Erholung. Eine Strategie, die sich in diesem Umfeld als robust erweist, ist die Fokussierung auf Dividendenaktien. Diese bieten ein Maß an Stabilität und regelmäßigen Erträgen, das in Zeiten von Marktturbulenzen Schutz bieten kann.
Sinkende Zinssätze könnten zudem Kapitalflüsse aus Geldmarktinstrumenten in höher verzinste Dividendenwerte lenken. Trotz der aktuellen Herausforderungen gibt es auch optimistische Stimmen, die auf potenzielle Chancen für den TSX in der Zukunft hinweisen. Sollte es zu neuen Handelsabkommen kommen oder die Zölle zumindest reduziert werden, könnte dies die wirtschaftliche Unsicherheit verringern und wieder mehr Investitionen freisetzen. Die Bank of Canada hält den Leitzins weiterhin auf einem niedrigen Niveau, um die Konjunktur zu stützen, was langfristig auch die Aktienmärkte beflügeln kann. Für Investoren bedeutet die derzeitige Lage, dass Vorsicht und eine detaillierte Analyse wichtig sind.
Während die kurzfristigen Aussichten von Unsicherheiten geprägt sind, besteht mittelfristig durchaus Potenzial für eine erneute Aufwärtsbewegung. Die Prognose sieht für Ende 2026 einen Anstieg des S&P/TSX Composite Index auf rund 27.750 Punkte, was einem Zuwachs von etwa 6,4 % gegenüber dem aktuellen Niveau entspricht. Insgesamt zeichnet sich beim TSX ein Bild ab, das von einer Mischung aus robusten Fundamentaldaten und externen Belastungen geprägt ist. Der Handelsstreit mit den USA wirkt wie ein deutlicher Gegenwind, der die bisherige Dynamik abbremst.