Mit dem Start von Amazon.ie auf dem irischen Markt im April 2025 ist eine neue Ära des Online-Handels in Irland angebrochen. Der Online-Riese eröffnet Türen zu globalen Märkten, doch wirkt er sich auch auf heimische Unternehmen und Konsumenten aus? Die Diskussion darüber, ob Amazon.ie gut für Irland ist, ist vielschichtig und hängt von verschiedenen Faktoren ab, die wir im Folgenden beleuchten möchten. Die Präsenz von Amazon in Irland ist nicht neu.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten investiert der Konzern in den irischen Markt und beschäftigt mittlerweile rund 6.500 Menschen im Land. Mit der neuen, speziell auf Irland ausgerichteten Plattform erweitert Amazon sein Engagement noch weiter. Für Kunden bedeutet dies schnellere Lieferungen, größere Produktauswahl und oftmals günstigere Preise. Doch was bedeutet das für die heimischen Unternehmer? Viele kleine und mittelständische irische Händler befinden sich in einer schwierigen Position.
Einerseits sehen sie die Chancen, die Amazon bietet – etwa den Zugang zu internationalen Märkten und den Vorteil, von der Logistik des Konzerns zu profitieren. Andererseits besteht die Sorge, dass der Markteintritt von Amazon den Wettbewerb verschärft und insbesondere kleine Händler zunehmend unter Druck setzt. James Byrne, Mitgründer des ökologischen Online-Shops Faerly, beschreibt diese Ambivalenz treffend: Er anerkennt die Herausforderung, sieht jedoch auch Möglichkeiten, besser zu werden und sich als nachhaltige und lokal verwurzelte Alternative zu positionieren. Für viele Unternehmen wie Faerly ist der Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit die Differenzierung. Das Angebot ökologisch nachhaltiger Produkte, der Einsatz umweltfreundlicher Verpackungen und persönlicher Kundenservice sind Aspekte, die der Gigant Amazon nicht im gleichen Maße bieten kann.
Zudem investiert Faerly in Kundenbindung, indem handschriftliche Notizen und kleine Aufmerksamkeiten mit jeder Bestellung versendet werden. Doch nicht alle irischen Firmen stehen Amazon abwehrend gegenüber. Einige sehen in der Plattform eine Chance, ihr Wachstum zu beschleunigen. Das Dublin ansässige Unternehmen EarthChamp ist ein Beispiel dafür. Mit pflanzenbasiertem Proteinpulver erzielt EarthChamp nicht nur in Irland, sondern auch auf den Märkten in Großbritannien und Deutschland große Erfolge.
Durch die Nutzung von Amazons Logistik und Vertriebskanälen konnte EarthChamp Herausforderungen wie die Kundengewinnung und den Versand effizient lösen. Der Zugang zu Amazon erlaubt es Herstellern, selbst bei limitierten Ressourcen und geringem Export-Know-how, auf internationale Märkte vorzudringen. Dies ist für viele irische Unternehmen essenziell, denn der heimische Markt ist vergleichsweise klein. Amazon dient hier als Sprungbrett, das irischen Marken ermöglicht, global sichtbarer zu werden und zu wachsen. Die Plattform Amazon.
ie integriert auch eine spezielle Seite namens „Brands of Ireland“, auf der ausschließlich Produkte von irischen Unternehmen präsentiert werden. Hier finden Kunden bekannte Marken wie Barry's Tea, Bewley’s oder Ella & Jo. Laut Alison Dunn, der Irland-Verantwortlichen bei Amazon, soll die Zahl der gelisteten irischen Unternehmen stetig wachsen. Amazon arbeitet zudem eng mit Institutionen wie Enterprise Ireland und Bord Bia zusammen, um lokale Unternehmen beim Einstieg und Ausbau ihres Onlinegeschäfts zu unterstützen. Die Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen zeigt, dass Amazon versucht, sich als Partner irischer Unternehmen zu positionieren und nicht nur als Konkurrent.
Unternehmer wie Alison Dunn betonen, dass Amazon besonders kleinen und mittleren Unternehmen durch Infrastruktur, Logistikunterstützung und Marktzugang hilft, zu wachsen und ihre Produkte international zu vermarkten. Nichtsdestotrotz gibt es auch kritische Stimmen, die vor einer einseitigen Begeisterung warnen. Jean McCabe, Geschäftsführerin von Retail Excellence Ireland, weist darauf hin, dass Amazon keineswegs für jedes Unternehmen die perfekte Lösung ist. Die Komplexität der Gebührenstrukturen, der hohe Wettbewerbsdruck und die Gefahr sinkender Gewinnmargen sollten gut abgewogen werden. Die Entscheidung, Amazon als Vertriebskanal zu nutzen, muss strategisch getroffen werden, um nicht in eine Falle geringer Profitabilität zu geraten.
Trotz dieses Wettbewerbsdrucks verfügen irische Einzelhändler über besondere Vorteile, die ihnen Amazon nicht bieten kann – etwa tiefgreifende lokale Marktkenntnisse, persönliche Kundenbeziehungen und einzigartige Einkaufserlebnisse vor Ort in Ladengeschäften. Gerade diese Faktoren können helfen, sich von großen Online-Plattformen abzuheben und eine loyale Kundschaft zu gewinnen. Die Veränderungen im Konsumentenverhalten spielen ebenfalls eine große Rolle. Seit der Corona-Pandemie hat sich die Bedeutung des Online-Handels grundlegend verändert. Online-Einkäufe sind schneller zur Normalität geworden und bieten spürbare Vorteile durch Bequemlichkeit und Auswahl.
Neue Gewohnheiten haben sich etabliert, die auch langfristig das Einkaufen verändern werden. Dabei zeigen Studien, dass mehr als 70 Prozent des Online-Shoppings in Irland von ausländischen Anbietern stammen. Das bedeutet, dass irische Konsumenten zwar ein Interesse an heimischen Produkten bekunden, zugleich aber oft im Ausland einkaufen, wo Preise häufig günstiger sind oder eine größere Produktauswahl besteht. Hier liegt die große Herausforderung für lokale Unternehmen – und eine Chance für Amazon, als Brücke zu dienen, die lokale Unternehmer mit internationalen Kunden verbindet. Ein weiteres Thema, das die Debatte bestimmt, sind die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, Regionalentwicklung und Nachhaltigkeit.
Amazon hat durch seine Investitionen zum Beispiel große Logistikzentren in Irland errichtet, die viele Jobs schaffen. Dennoch wird immer wieder über die Arbeitsbedingungen und die Umweltbelastung durch schnellen Versand, Verpackungsmüll und Transporte diskutiert. James Byrne plädiert im Kontext der Nachhaltigkeit für ein bewussteres Einkaufsverhalten. Er hinterfragt den Trend zu immer schnelleren Lieferzeiten und den Konsum von kurzlebigen oder impulsgesteuerten Produkten über Plattformen wie Amazon oder TikTok-Shops. Für ihn lohnt es sich, auf Qualität und Langlebigkeit zu setzen statt auf Quantität und Geschwindigkeit.
Bei politischen Entscheidungsträgern liegt eine große Verantwortung, die Rahmenbedingungen für kleine und mittelständische Unternehmen zu verbessern. Entlastungen bei Bürokratie, gezielte Förderprogramme und faire Wettbewerbsregeln könnten dazu beitragen, die Chancen, die Amazon bietet, besser nutzen zu können und zugleich die Nachteile für den heimischen Handel abzumildern. Für Konsumenten ist es wichtig, ein Gleichgewicht zu finden zwischen günstigen Angeboten, Bequemlichkeit und der Unterstützung lokaler Händler. Bewussteres Einkaufen und das Fördern nachhaltiger Geschäftspraktiken können dazu beitragen, die Vielfalt des Handels in Irland langfristig zu sichern. Abschließend lässt sich festhalten, dass Amazon.