Die Handelspolitik der Vereinigten Staaten steht weltweit im Fokus, besonders wenn es um die Einführung von Zöllen auf Importe aus Handelspartnerländern geht. Jane Fraser, CEO von Citigroup, gab auf der Milken Institute Global Conference in Los Angeles eine aufschlussreiche Einschätzung zur Verträglichkeit der derzeitigen Zollhöhe von 10 Prozent für die meisten Unternehmen. Ihre Analyse bietet nicht nur Einblick in die wirtschaftlichen Dynamiken, sondern unterstreicht auch die Unsicherheiten und Vorbereitungen, die Unternehmen angesichts der aktuellen und potenziell steigenden Zollsätze treffen. Die Einführung von Zöllen hat in der Vergangenheit unterschiedliche Auswirkungen auf Unternehmen gezeigt. Laut Fraser sind die meisten Geschäftskunden von Citigroup in der Lage, 10-prozentige Zölle zu verkraften, ohne dass dies zu gravierenden Einschnitten bei Produktion oder Beschäftigung führt.
Diese Belastung wird demnach oftmals durch eigene Kostenanpassungen, Preiserhöhungen oder Margenreduzierungen absorbiert. Dennoch warnte Fraser eindringlich, dass eine Steigerung auf 25 Prozent das Bild drastisch verändern würde. In einem solchen Szenario würden viele Unternehmen ihre Belastungsgrenze überschreiten und müssten ihre Geschäftsstrategien und Investitionspläne maßgeblich überdenken. Diese Einschätzung ist besonders relevant vor dem Hintergrund, dass viele Unternehmen derzeit in einer Art Warteschleife verharren. Dieser Zustand der „limbo land“, wie Fraser es ausdrückt, prägt das Verhalten in Bezug auf Investitionen, Kapitaleinsätze und Personalaufbau.
Viele Firmen frieren ihre Ausgaben ein oder verschieben geplante Investitionen, bis mehr Klarheit über die zukünftige Handelspolitik und wirtschaftliche Rahmenbedingungen herrscht. Diese Zurückhaltung kann sich sehr wohl negativ auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage auswirken und somit das Wachstumspotenzial in den USA und darüber hinaus dämpfen. Tarife beeinflussen nicht nur die kurzfristigen Kostenstrukturen von Unternehmen, sondern verändern auch die Lieferketten und die Preisgestaltung. Die Preiserhöhungen können auf Konsumenten weitergegeben werden, was die Inflation anheizen könnte. Dies birgt wiederum Risiken für die Geldpolitik, da eine anhaltend hohe Inflation die Zentralbanken dazu zwingen könnte, restriktivere Maßnahmen zu ergreifen, was das Wirtschaftswachstum zusätzlich bremsen würde.
Fraser erwähnte, dass viele Unternehmen sich bereits auf mögliche wirtschaftliche Gegenwinde vorbereiten. Diese Vorsichtsmaßnahmen reichen von der Stärkung der Bilanz über eine effizientere Kapitalnutzung bis hin zur Anpassung der globalen Lieferketten, um Risiken zu minimieren. Solche strategischen Anpassungen sind entscheidend, um in einem volatilem Umfeld flexibel und widerstandsfähig zu bleiben. Die derzeitige wirtschaftliche Lage und die Politik der US-Regierung unter Präsident Donald Trump hatten im vergangenen Quartal zu einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geführt – die erste Kontraktion seit drei Jahren. Ursache war unter anderem eine hohe Importnachfrage, die Unternehmen vorgezogen haben, um den angekündigten Zollmaßnahmen zuvorzukommen.
Die Internationale Währungsfonds (IWF) prognostizierte daraufhin ein moderates Wirtschaftswachstum von lediglich 1,8 Prozent im Jahr 2025. Neben den Zöllen spricht Fraser auch über Entwicklungen im Bereich des Privatkredits. Ein Highlight ist die Zusammenarbeit von Citigroup mit Investoren wie Apollo Global und der Beteiligung am Finanzierungsvehikel zur Unterstützung bedeutender Unternehmensakquisitionen, wie beispielsweise der Übernahme der Jeppesen-Navigationseinheit von Boeing durch Thomas Bravo. Diese Partnerschaften zeigen, wie Banken und außerbankliche Finanzinstitutionen zusammenarbeiten, um Zugang zu einem wachsenden Markt für Private Credit und Direct Lending zu erhalten, der derzeit ein Volumen von etwa zwei Billionen Dollar erreicht. Die dynamischen Entwicklungen im Finanzsektor, gekoppelt mit den Unsicherheiten in der Handelspolitik, machen es für Unternehmen umso wichtiger, flexibel und finanziell robust aufgestellt zu sein.
Unternehmen, die frühzeitig auf die Herausforderungen reagieren und ihre Strategien auf neue Risikoprofile anpassen, haben bessere Chancen, gestärkt aus schwierigen Phasen hervorzugehen. Eine wichtige Erkenntnis aus den Äußerungen von Jane Fraser ist, dass die Handhabung von handelspolitischen Spannungen keine einfache Frage des „Mehr oder Weniger“ an Zöllen ist. Vielmehr zeigt sich, dass die wirtschaftlichen Folgen von der Höhe der Zölle, dem zeitlichen Verlauf ihrer Einführung, aber auch von den internationalen Reaktionen und Gegenmaßnahmen abhängen. Unternehmen müssen deshalb Szenarien durchspielen und gegebenenfalls ihre Lieferketten neu justieren, um eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass die aktuelle Zollhöhe von 10 Prozent für die meisten Unternehmen verkraftbar ist, aber das wirtschaftliche Klima geprägt von einer gewissen Unsicherheit und Vorsicht bleibt.
Die Bereitschaft zur Investition und Einstellung von Mitarbeitern hängt stark davon ab, wie sich die Lage rund um Handelspolitik und allgemeine wirtschaftliche Stabilität entwickelt. Unternehmen sind sich der Risiken bewusst und handeln proaktiv, wobei die Balance zwischen Risikoabsicherung und Wachstumsorientierung der Schlüssel für zukünftigen Erfolg darstellt. Die nächsten Monate werden daher zeigen, wie sich Handelspolitik, Wirtschaftswachstum und Finanzstrategien synchronisieren und welche Impulse für den globalen Markt und die US-Wirtschaft daraus entstehen.