Die Kryptowährungsbranche hat in den letzten Jahren enorme Höhen und Tiefen erlebt. Ein besonders einschneidendes Ereignis war der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX, die einst als einer der größten Akteure im digitalen Vermögenswertemarkt galt. Mit einer Insolvenz im November 2022 stellte sich heraus, dass viele Kundengelder eingefroren waren und zahlreiche Forderungen offen blieben. Nun, im April 2025, hat die abwickelnde Organisation FTX Handel mit der Entfernung fast 400.000 ungeprüfter Kundenansprüche begonnen.
Dieser Schritt hat weitreichende Konsequenzen, sowohl für die betroffenen Kunden als auch für den verbleibenden Wert der Insolvenzmasse und die Zukunft ähnlicher Verfahren in der Branche. Die Entfernung dieser Ansprüche erfolgt aufgrund eines entscheidenden Kriteriums: Viele Kunden haben es versäumt, ihre Identität rechtzeitig zu verifizieren, ein Prozess, der unter dem Begriff „Know Your Customer“ (KYC) bekannt ist. FTX hatte bis zum 3. März 2025 eine Frist gesetzt, bis zu der die Kontoinhaber zumindest mit dem Verifizierungsprozess beginnen mussten, um ihre Forderungen offiziell geltend machen zu können. Infolge dessen wurden knapp 392.
000 Kunden als nicht konform eingestuft, da sie diesen Prozess nicht begannen. Die Folgen dieser Nicht-Einhaltung sind gravierend: Ihre Ansprüche wurden im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vollständig gelöscht und disqualifiziert, was bedeutet, dass die betroffenen Nutzer voraussichtlich keinerlei Entschädigung aus der Insolvenzmasse erhalten werden. Die Entscheidung zur Löschung der unvollständigen Forderungen wurde vom US-Bankgericht für den District of Delaware bestätigt, welches für die Abwicklung des FTX-Bankrotts zuständig ist. Die Unterlagen, welche diese Entscheidung dokumentieren, umfassen 2.377 Seiten, die eine umfangreiche Liste der betroffenen Ansprüche beinhalten.
Obgleich FTX keine genaue Bewertung des Gesamtwerts der entfernten Forderungen veröffentlicht hat, schätzte eine auf den Handel mit Forderungen spezialisierte Webseite mit Stand Januar 2025 ein gemeinsames Volumen von circa 1 Milliarde US-Dollar für diese ungeprüften Ansprüche. Dies verdeutlicht das immense finanzielle Gewicht, das diese Löschung für die betroffenen Nutzer und den Insolvenzprozess insgesamt hat. Die Entfernung dieser Forderungen wirft zugleich ein Schlaglicht auf anfängliche Versäumnisse der FTX-Führung, insbesondere in Bezug auf die Identitätsprüfung der Kunden. Unter der Führung von Sam Bankman-Fried gab es offenbar gravierende Defizite bei der Einhaltung grundlegender Sorgfaltspflichten, wie etwa mangelnde Due Diligence und fehlende Informationen zum Ursprung der eingezahlten Gelder. Dies trug maßgeblich zur Unsicherheit bei der Abwicklung der Insolvenz und der Bewertung von Forderungen bei.
Seit der Übernahme des Restrukturierungsprozesses durch den erfahrenen Insolvenzverwalter John J. Ray III hat sich der Fokus vermehrt auf die Etablierung transparenter und überprüfbarer Prozesse gesetzt. Der KYC-Prozess stellt nunmehr eine zentrale Voraussetzung für die Bearbeitung und Auszahlung von Kundenansprüchen dar. Wer diesen Prozess nicht erfolgreich durchläuft, verliert automatisch jegliche Ansprüche im Insolvenzverfahren. FTX plant zudem eine weitere Frist bis zum 1.
Juni 2025, bis zu der Kunden, die den KYC-Verifizierungsprozess bereits begonnen haben, diesen vollständig abschließen müssen. Sollten sie diese weiteren Anforderungen erneut nicht erfüllen, droht auch ihnen die Löschung ihrer Forderungen. In der Insolvenzmasse stehen beträchtliche Mittel zur Verfügung, die zwischen 12,6 und 16,5 Milliarden US-Dollar liegen, wodurch potenziell viele berechtigte Kunden ihre Einlagen in einem gewissen Umfang zurückerhalten können. Die klare Strukturierung des KYC-Prozesses und die konsequente Anwendung der Löschregeln sind somit maßgeblich dafür, dass es bei der Verteilung dieser Mittel zu einer fairen und geordneten Abwicklung kommt. Die Entfernung der 400.
000 Ansprüche unterstreicht dabei auch die Komplexität und die Herausforderungen, die mit der Abwicklung von Krypto-Börseninsolvenzen verbunden sind. Ursprünglich galten Krypto-Konten oft als anonym oder zumindest als wenig reguliert, was Sicherheitslücken und Compliance-Probleme begünstigte. Das FTX-Debakel zeigt nun eindrücklich die Notwendigkeit strenger Auflagen bezüglich Kundendaten und Identitätsnachweisen, auch um Missbrauch und Betrug vorzubeugen. Für die Krypto-Community bedeutet diese Entwicklung eine wichtige Lehre. Auf der einen Seite steht anhand des Insolvenzfalls FTX die Erinnerung an die Risiken und Unsicherheiten, die der Handel auf unregulierten oder unterregulierten Plattformen birgt.
Andererseits sendet die Insolvenzverwaltung mit der Einführung klarer Kriterien und der rigorosen Umsetzung von KYC-Prozessen auch ein Signal in Richtung Zukunft. Regulierung und Compliance werden in Zukunft unzweifelhaft eine stärkere Rolle spielen, wenn es um den Schutz von Investoren und die Stabilität der Branche geht. Die juristischen Ermittlungen und die Verfahren rund um die FTX-Insolvenz werden oft mit Schlagwörtern wie Betrug und Insolvenz in Verbindung gebracht. Die Tatsache, dass Sam Bankman-Fried mittlerweile als verurteilter Betrüger gilt, verstärkt den Ruf nach mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in der gesamten Branche. Gleichermaßen stellt die Rolle der verantwortlichen Anwälte und Restrukturierungsexperten, wie Sullivan & Cromwell LLP und Landis Rath & Cobb LLP, die für FTX tätig sind, einen wichtigen Teil des Prozesses dar.
Sie sorgen für eine ordnungsgemäße rechtliche Abwicklung und helfen, die Interessen der legitimen Gläubiger bestmöglich zu vertreten. Für Kunden, die in den kommenden Wochen und Monaten ihre Ansprüche verifizieren, bleibt die Hoffnung, dass sie trotz der Widrigkeiten entschädigt werden können. Die Herausforderung für die betroffenen Nutzer liegt darin, den KYC-Prozess erfolgreich und fristgerecht abzuschließen, um ihre Forderungen im Insolvenzverfahren geltend machen zu können. Für die Zusammenarbeit mit der Insolvenzverwaltung bedeutet dies einen großen organisatorischen Aufwand, der aber entscheidend ist, um ein endgültiges Ergebnis auf einen Nenner zu bringen. Die weitreichenden Folgen der FTX-Entscheidung wirken sich auch auf den Markt für den Handel mit Insolvenzforderungen aus.
Unternehmen wie claims-market.com versuchen, den Wert nicht verifizierter Ansprüche zu ermitteln und bieten somit einen Markt für den Handel mit Forderungen an. Die Auslöschung von Forderungen bedeutet hier einen Wertverlust und zeigt, wie wichtig die Compliance-Anforderungen für die Werthaltigkeit von Insolvenzforderungen sind. Langfristig könnten sich aus der FTX-Insolvenz neue Standards ergeben, die andere Krypto-Plattformen zu einem besseren Umgang mit Kundenansprüchen und regulatorischen Vorgaben bewegen. Die Ereignisse bei FTX sind ein Präzedenzfall für die gesamte Branche, der zeigt, wie die Kombination von technologischem Fortschritt, regulatorischem Umfeld und Compliance von fundamentaler Bedeutung für die Stabilität und das Vertrauen in Kryptowährungen ist.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass das Löschen von fast 400.000 ungeprüften Ansprüchen bei FTX ein eindeutiger Hinweis darauf ist, wie wichtig die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Transparenzprozesse in der Kryptowelt geworden sind. Für betroffene Kunden unterstreicht es die Bedeutung, ihre Ansprüche zeitnah und korrekt zu verifizieren. Für den Kryptomarkt insgesamt ist es ein Schritt in Richtung professionellerer und vertrauenswürdigerer Strukturen, der möglicherweise eine nachhaltige und stabile Entwicklung der Branche fördern kann.