Die Popkultur hat schon immer Geschichten von Seuchen, Apokalypsen und übernatürlichen Gefahren erzählt. Doch selten zuvor hat ein reales Ereignis wie die COVID-19-Pandemie unser Verhältnis zu solchen fiktionalen Bedrohungen derart beeinflusst. 'The Last of Us', ein Videospiel, das sich zu einer erfolgreichen Fernsehserie entwickelt hat, zeichnet ein düsteres Bild einer von Pilzinfektionen heimgesuchten Welt, in der Menschen zerstörerisch entstellt und kontrolliert werden. Die Rolle des wissenschaftlichen Beraters, des Verhaltensökologen David Hughes, der für das Spiel und die Serie beratend tätig war, ist dabei von zentraler Bedeutung. In Gesprächen zeigte sich, wie die globale Pandemie unser Verständnis für Infektionskrankheiten und die damit verbundenen Ängste neu geprägt hat und damit auch die Art und Weise, wie Zombies in der modernen Medienlandschaft wahrgenommen werden.
Vor der COVID-19-Pandemie hatte das Zombie-Genre eine Art von Popkultur-Monopolisation erfahren, bei der Zombies meist als blutrünstige, unaufhaltsame Monster dargestellt wurden, die eher als Mittel zur Unterhaltung dienten. Es ging um actiongeladene Fluchtsequenzen, blutige Kämpfe und eine oft übersimplifizierte Darstellung von Infektionen. Doch David Hughes und andere Experten erkannten, dass die Pandemie, mit all ihren realen Einschränkungen, Ängsten und wissenschaftlichen Diskussionen, ein neues Licht auf diese Themen geworfen hat. Die Menschen begannen sich differenzierter mit Fragen der Ansteckung, Quarantäne, gesellschaftlichem Zusammenhalt und der psychologischen Belastung auseinanderzusetzen. „COVID hat unseren Appetit auf Zombies verändert“, erklärt Hughes.
Viele Zuschauer und Spieler wurden durch die Pandemie sensibilisiert für die wissenschaftlichen und sozialen Dimensionen von Seuchen. Dabei wurden die Geschichten, die früher als rein unterhaltende Horrorspektakel galten, für eine breite Öffentlichkeit plötzlich relevanter. Themen wie genetische Mutation, Pathogen-Übertragung, Immunreaktionen und gesellschaftliche Reaktionen auf Krisen rückten in den Fokus und veranlassten die Kreativen hinter 'The Last of Us', stärker auf realistische und wissenschaftlich fundierte Darstellungen zu setzen. Das Konzept von 'The Last of Us' basiert auf der Infektion durch einen parasitären Pilz namens Cordyceps, der im echten Leben bereits in der Natur vorkommt, indem er Insekten befällt und kontrolliert. Dieses wissenschaftliche Fundament hebt die Serie hervor, weil es die Horrorvorstellung von Zombies auf eine plausible biologisch-ökologische Basis stellt.
Die Art und Weise, wie Cordyceps die Steuerung über das Gehirn übernimmt, spiegelt reale Prozesse wider, was das Gefühl von Bedrohung verstärkt und gleichzeitig durch Detailtreue und wissenschaftliche Genauigkeit glänzt. Während der Pandemie begannen viele Menschen, die Rolle von Experten, Wissenschaft und internationalen Organisationen stärker wahrzunehmen. Auch wuchs das Interesse an der Funktionsweise von Viren, dem Entstehen von Mutationen und den Auswirkungen auf Gesellschaft und Gesundheitssysteme. All diese Aspekte wirken sich auf die Akzeptanz und Wahrnehmung von Horrorstoffen aus, die sich mit Infektionskrankheiten befassen. 'The Last of Us' nutzt diese veränderte Haltung, um tiefergehende Gesellschaftskritik einzubetten und die emotionale Intensität der Geschichte zu steigern.
Ein wichtiges Element, das Hughes hervorhebt, ist die Veränderung in der emotionalen Resonanz des Publikums. Vor der Pandemie waren Zombiegeschichten oft von einer gewissen Distanz geprägt – reine Unterhaltung auf Basis von Fantasie und Grusel. Nach COVID-19 sah sich das Publikum echter Furcht gegenüber, was bei der Rezeption von fiktionalen Szenarien eine größere Ernsthaftigkeit mit sich bringt. Themen wie Verlust, Isolation und Überlebenskampf haben durch reale Erfahrungswerte an Kraft gewonnen. Dies führt dazu, dass die Erzählungen nicht nur spannend sind, sondern auch eine tiefere Reflexion über unsere Verwundbarkeit und unsere Menschlichkeit anregen.
Darüber hinaus hat die Pandemie der Gesellschaft gezeigt, wie wichtig soziale Strukturen, Kooperation und gegenseitige Fürsorge in Krisenzeiten sind. 'The Last of Us' nutzt diese Erkenntnis, indem es die Beziehung zwischen den Hauptfiguren zum zentralen emotionalen Element macht. Die Figurenentwicklung wird so gestaltet, dass sie universelle Themen von Vertrauen, Verantwortung und Hoffnung veranschaulicht. Das zieht nicht nur neue Zuschauer an, sondern spricht auch jene an, die sich während der Pandemie nach authentischen und nachvollziehbaren Geschichten sehnten. Auch die wissenschaftliche Beratung durch David Hughes trägt dazu bei, dass 'The Last of Us' sich von klassischen Zombie-Motiven abhebt.
Durch das Einbeziehen aktueller biologischer und ökologischer Kenntnisse wird eine neue Glaubwürdigkeit erzeugt. Dies ist ein wichtiger Schritt, da das Publikum heutzutage anspruchsvoller ist und besonders bei Themen wie Seuchen und Infektionen eine gewisse Realitätsnähe erwartet. Die sorgfältige Ausarbeitung von Infektionsmechanismen, Krankheitsverläufen und Umgebungsfolgen erhöht den Immersionsfaktor und fördert ein Mitgefühl für die betroffenen Figuren. Das Zusammenwirken von Wissenschaft, Erzählkunst und einem veränderten gesellschaftlichen Bewusstsein ermöglicht es 'The Last of Us', Zombie-Geschichten in einer neuen Qualität zu präsentieren. Es geht nicht mehr nur um den Horror vor dem Unbekannten, sondern um das Verständnis komplexer Zusammenhänge, die unsere Welt tatsächlich prägen.
Die Folgen reichen dabei weit über die Popkultur hinaus und zeigen, wie fiktionale Medien die Verarbeitung kollektiver Erfahrungen fördern können. In einer Zeit, in der Zukunftsängste, Umweltkrisen und gesundheitliche Bedrohungen alltäglicher geworden sind, bietet 'The Last of Us' eine spannende Möglichkeit, diese Befürchtungen narrativ zu erkunden und damit produktiv zu reflektieren. Zombies werden hier zum Symbol für den Verlust von Kontrolle, für die Verletzlichkeit der menschlichen Existenz und für die Herausforderungen, die das Zusammenleben in einer globalen Gemeinschaft mit sich bringt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass COVID-19 nicht nur unser Leben im realen Alltag verändert hat, sondern auch unsere kulturelle Landschaft nachhaltig prägt. Die Serie 'The Last of Us' und die zugrundeliegenden Videospiele profitieren von diesem Wandel, indem sie tiefgründiger, realistischer und emotional resonanter werden.