Stablecoins galten einst als die Brücke zwischen der volatilen Welt der Kryptowährungen und der Stabilität traditioneller Währungen. Ihr Ziel ist es, eine digitale Währung bereitzustellen, die an einen stabilen Vermögenswert gebunden ist – meist den US-Dollar – und somit Preisschwankungen minimiert. In jüngster Zeit haben Stablecoins jedoch verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit erlangt, nicht nur aufgrund ihres Wachstums, sondern auch wegen Herausforderungen wie Depegging, betrügerischen Machenschaften und der zentralisierten Kontrolle vieler Anbieter. Die Renaissance der Stablecoins wird maßgeblich durch traditionelle Finanzinstitutionen vorangetrieben. Großbanken wie Bank of America und Standard Chartered erwägen eigene Stablecoin-Projekte, während JPMorgan mit Kinexys Digital Payments bereits einen ersten Schritt unternommen hat, um institutionelle Transaktionen auf blockchainbasierten Plattformen zu erleichtern.
Auch Mastercard und Visa möchten Stablecoins in ihre Zahlungsnetze integrieren, um Transaktionen direkt on-chain und ohne Zwischenschritte durchzuführen. Diese Integration könnte stabile Kryptowährungen als Zahlungsmittel im Mainstream verankern und den Brückenschlag von Blockchain-Technologien in den Alltag beschleunigen. Regulatorische Klarheit ist für viele dieser Entwicklungen entscheidend. In den USA werden Gesetze diskutiert, die klare Standards für Stablecoins setzen sollen. Die EU verfolgt mit der Markets in Crypto-Assets-Verordnung (MiCA) ebenfalls das Ziel, stabile digitale Währungen regulierungsrechtlich zu erhellen, insbesondere im Hinblick auf Reserven und Risikomanagement.
Im Vereinigten Königreich sind Konsultationen geplant, um künftig nationale Richtlinien für Stablecoins zu entwerfen. Diese regulatorischen Rahmenbedingungen stärken das Vertrauen sowohl der Finanzindustrie als auch der Nutzer und könnten eine breitere Akzeptanz fördern. Trotz der wachsenden Bedeutung von Stablecoins wirft die aktuelle Landschaft Fragen auf. Über 200 verschiedene Stablecoins sind derzeit am Markt, wobei sich das Gros auf USD-gebundene Token fokussiert. Tether (USDT) und USD Coin (USDC) dominieren mit gemeinsam über 90 Prozent des Marktkapitals.
Beide sind zentralisierte, fiatbesicherte Stablecoins, deren Reserven von Firmen kontrolliert werden. Ein kleinerer Akteur ist USDe, der mit einem unkonventionellen Derivate-basierten Mechanismus eine Rendite von bis zu 27 Prozent jährlicher Verzinsung erzielt, was einem enormen Risiko im Vergleich zu anderen Stablecoins entspricht. Die drei Haupttypen von Stablecoins – zentralisierte fiatbesicherte, dezentralisierte kryptobesicherte und algorithmische Stablecoins – unterscheiden sich erheblich in ihrer Funktionsweise und ihrem Risiko. Fiatbesicherte Stablecoins haben den Vorteil einer direkten Deckung durch reale Währungen, leiden aber unter der potenziellen Gefahr von Fehlverhalten durch die kontrollierende Institution oder mangelnder Transparenz bei den Reserven. Krypto-kollateraliserte Stablecoins, wie Dai von MakerDAO, versuchen diese Gefahr durch einen dezentralen, taktischen Mechanismus und offenen Smart Contracts zu minimieren, sind jedoch wiederum oft durch die Volatilität der zugrundeliegenden Krypto-Assets gefährdet.
Algorithmische Stablecoins hingegen stützen sich vollständig auf mathematische Regeln und programmierte Geldmengensteuerungen, sind aber ähnlich wie Zentralbanken auf Glaubwürdigkeit und Markterwartungen angewiesen. Das Versprechen der Stabilität wird jedoch immer wieder infrage gestellt durch das „Depegging“, das Auseinanderbrechen der ursprünglichen Preisbindung. Ein bekanntes und dramatisches Beispiel ist der Zusammenbruch von TerraUSD (UST), der die Branche erschütterte. UST basierte auf einem Arbitragemodell zwischen UST und der LUNA-Blockchain gilt. Um UST zu erschaffen, musste LUNA verbrannt werden.
Das System bot Anlegern verführerische 19,5 Prozent Zinsen auf gestakete UST, ein Versprechen, das letztlich nicht nachhaltige Renditen suggerierte. Letztlich entstand ein Schneeballsystem-ähnliches Szenario („Ponzi-Schema“) mit fatalen Folgen, dessen Einbruch zu massiven Verlusten führte. Gründer Do Kwon steht vor verschiedenen Betrugsvorwürfen in den USA, und große Investoren wie Galaxy Digital mussten sich mit Strafzahlungen auseinandersetzen. Das Terra-Fiasko zeigt deutlich, wie Manipulation, unwirtschaftliche Geschäftsmodelle und fehlende Transparenz die Stabilität von Stablecoins gefährden können. Statt echte Stabilität zu liefern, können solche Konstruktionen Anleger ruinieren und das Vertrauen in das gesamte Ökosystem beschädigen.
Regulierungsbehörden weltweit richten daher ihr Augenmerk verstärkt auf Betrugsprävention, Schadensbegrenzung und die Etablierung von Kontrollmechanismen, um manipulative Akteure zu identifizieren und zu bestrafen. Ein zentraler Kritikpunkt an den meisten heute existierenden Stablecoins ist ihre zentrale Kontrolle. Viele werden von einzelnen Unternehmen oder Institutionen herausgegeben, welche die Forderungen der Nutzer an die zugrundeliegenden Reserven verwalten. Diese Zentralisierung widerspricht dem ursprünglichen Geist der Blockchain und den Idealen von Bitcoin: eine dezentrale und vertrauenslose Währung ohne Zwischenhändler. Die Gefahr besteht, dass zentrale Herausgeber unautorisiert mit Geldern hantieren, Reserven nicht ausreichend vorhanden sind oder bewusst falsche Angaben gemacht werden.
Eine Lösung könnte in der Entwicklung komplett dezentraler Stablecoins liegen. Diese sind algorithmisch gesteuert, basieren auf offen zugänglichen Smart Contracts und werden nicht von einer einzelnen juristischen Instanz kontrolliert. Beispiele sind bestehende Protokolle wie MakerDAO mit dem DAI-Token. Dennoch steht auch dieses Modell vor Herausforderungen: regulatorische Unsicherheiten, Liquiditätsrisiken und technologische Komplexität machen eine breite Marktdurchdringung bisher schwierig. Stablecoins stehen somit an einem Scheideweg zwischen zunehmend akzeptierten Finanzinstrumenten und den Risiken zentraler Machtkonzentration und Betrugs.
Die Integration durch Großbanken und Zahlungsnetzwerke deutet darauf hin, dass Stablecoins zukünftig noch stärker im Finanzalltag verankert werden. Gleichzeitig müssen Mechanismen etabliert werden, die für Transparenz sorgen, Betrüger fernhalten und den Schutz der Nutzer garantieren. Eine nachhaltige Zukunft für Stablecoins könnte eine Kombination aus regulatorischer Aufsicht, technischer Innovation und dezentralen Governance-Modellen sein. Regulierungen sollten sicherstellen, dass Anbieter einheitlichen Prüfungen unterliegen, vollständige Reserven halten und negative Geschäftspraktiken vermeiden. Technologische Weiterentwicklungen wie verbesserte Smart Contracts und Orakel könnten Stabilität und Automatisierung weiter optimieren.