In den dichten Wäldern der oberen Halbinsel Michigans wurde ein bedeutendes Zeugnis der indigenen Landwirtschaft entdeckt, das Einblicke in die Lebensweise und das Können der Vorfahren der Menominee-Indianer gewährt. Mit Hilfe moderner Technologien wie Lidar konnten Archäologen ein gewaltiges Netzwerk von erdigen Hügeln kartieren, die vor etwa 1.000 Jahren errichtet wurden und den Anbau der sogenannten „Drei Schwestern“ – Mais, Bohnen und Kürbis – ermöglichten. Diese Entdeckung markiert nicht nur eine der größten erhaltenen archäologischen Feldsysteme im Osten der Vereinigten Staaten, sondern wirft auch ein neues Licht auf die intensiven landwirtschaftlichen Praktiken indigener Völker in einer Region, die man bisher kaum mit ausgedehnter Ackerbaukultur in Verbindung brachte. Die ländlichen Flächen befinden sich entlang des Menominee-Flusses, an der Grenze zwischen Michigan und Wisconsin, einem Gebiet, das von den Menominee als Anaem Omot bekannt ist, was übersetzt „Bauch des Hundes“ bedeutet.
Die Landwirtschaft hier war bemerkenswert, da die Region klimatisch und geographisch als herausfordernd gilt, insbesondere in der Zeit um das Jahr 1000, als kältere Temperaturen während einer frühen Phase der sogenannten Kleinen Eiszeit herrschten. Trotz dieser widrigen Bedingungen gelang es den Vorfahren der Menominee, mit Hilfe von steinzeitlichen Werkzeugen den dichten Wald zu roden und die spezielle Technik des Hügelanbaus zu entwickeln, um die essenziellen Feldfrüchte zu kultivieren. Die sogenannten Erdwälle – längliche, vier bis zwölf Zoll hohe Hügel auf dem Acker – sind ein charakteristisches Beispiel für diese traditionelle Landwirtschaftsmethode. Dieses Hügelbeet-System hat mehrere Vorteile für die Kultivierung der Drei Schwestern. Mais, Bohnen und Kürbis ergänzen sich nicht nur in ihren Nährstoffbedürfnissen, sondern auch im Wachstum.
Während der Mais als natürliche Rankhilfe für die Bohnen dient, fixieren Bohnen Stickstoff im Boden, was den Mais und Kürbis mit zusätzlichen Nährstoffen versorgt. Kürbisse wiederum breiten sich breitflächig aus und verhindern das Wachstum von Unkraut, während sie gleichzeitig den Boden feucht halten. Diese symbiotische Anpflanzung war eine nachhaltige Methode, um nahrhafte Ernten zu sichern. Die Wissenschaftler, die diese Bodenformationen mithilfe von Drohnen und Lidar (Light Detection and Ranging) untersuchten, entdeckten ein besonders weitläufiges Muster von Parallelen Hügelreihen, die sich über eine Fläche von mindestens 330 Morgen erstrecken. Das beeindruckende Muster zeigt die höchst ausgearbeitete Struktur des landwirtschaftlichen Systems, das nun auf eine Fläche geschätzt wird, die zehnmal größer ist als bisher angenommen.
Anhand von Radiokarbon-Datierungen weiß man, dass die Erdwälle bereits vor etwa 1.000 Jahren angelegt wurden und über rund 600 Jahre hinweg genutzt und gepflegt wurden. Dies stellt eine bedeutende Kontinuität landwirtschaftlicher Traditionen dar. Die archäologischen Untersuchungen brachten zudem interessante Fundstücke zutage, darunter verkohlte Holzreste und keramische Scherben. Diese Überreste legen nahe, dass die Kultur der Menominee nicht nur landwirtschaftlich extrem aktiv war, sondern auch den Dünger aus verbranntem organischen Material und Haushaltsabfällen verwendete, um die Fruchtbarkeit der Böden zu verbessern.
Auch wurde festgestellt, dass Erde aus nahegelegenen Feuchtgebieten absichtlich zur Erweiterung und Anreicherung der Feldmieten transportiert wurde. Diese landwirtschaftliche Strategie zeugt von einem tiefen Verständnis für Bodenpflege und nachhaltige Anbaumethoden. Besonders bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass sich im Umfeld der Feldstrukturen nur wenige kleine Siedlungen befinden. Dies lässt darauf schließen, dass diese Felder möglicherweise von verstreuten Gemeinden gemeinschaftlich bewirtschaftet wurden oder dass die landwirtschaftliche Produktion nicht primär der Selbstversorgung diente. Es ist denkbar, dass Überschüsse produziert wurden, um Handel zu treiben oder zur Bevorratung für ungünstige Zeiten.
Die genaue Nutzung der Erträge bleibt ein spannendes Thema für weitere Forschungen. Das Engagement, das in die Anlage dieser Felder gesteckt wurde, ist enorm. Das mühsame Roden eines dichten Waldes und das Anlegen der Hügelbeete mit Steinwerkzeugen erforderten eine erhebliche Arbeitskraft und Organisation über viele Jahre hinweg. Dies widerspricht der bisherigen Vorstellung, dass intensive Landwirtschaft in so nördlichen, klimatisch anspruchsvollen Gebieten keine bedeutende Rolle gespielt habe. Im Gegenteil zeigt die Entdeckung, dass die Menominee-Vorfahren innovative Anpassungen an ihr Umfeld vornahmen und dabei wohlhabende und koordinierte Gemeinschaften bildeten.
Darüber hinaus enthüllte die Lidar-Technologie nicht nur die Feststellung der Feldstrukturen, sondern auch andere kulturell bedeutsame Bauwerke. Dabei handelt es sich um kreisförmige Tanzplätze, Überreste von historischen Gebäuden, die als Handelsstationen dienen könnten, sowie Relikte von 19. Jahrhundert Logging-Camps. Auch einige weiblich beschädigte und geplünderte Grabhügel wurden sichtbar, einige davon waren bis dato als zerstört angesehen worden. Ihre Entdeckung gibt wichtige Hinweise auf Bestattungsrituale und soziale Strukturen der Menominee-Gemeinschaften.
Die Bedeutung dieser archäologischen Entdeckung geht über den lokalen Rahmen hinaus. Sie zeigt, dass das Gebiet des östlichen Nordamerika einst von weitverbreiteten, ausgeklügelten Landwirtschaftssystemen geprägt war. Dies könnte Revisionen von bisherigen Annahmen zum Verhältnis indigener Völker zur Natur und deren landwirtschaftlichen Fähigkeiten nach sich ziehen. Die Existenz dieser erhaltenden Hügelkrüge ist ungewöhnlich, da viele andere vergleichbare Systeme durch intensive spätere Landnutzung zerstört wurden. Das Überleben dieses Systems ist somit ein seltener und wertvoller Schatz für die Archäologie und indigene Kulturgeschichte.
Eine weitere bedeutende Facette dieser Arbeit ist die Zusammenarbeit mit der Menominee-Indianertribe von Wisconsin. Die enge Kooperation zwischen Archäologen und indigenen Vertretern, einschließlich historischer Bewahrer und alter Stammesarchäologen, stellt eine respektvolle und nachhaltige Forschungsmethodik dar. Die Erkenntnisse wurden im Zusammenhang mit dem kulturellen Erbe der Menominee bearbeitet und sollen den Tribals helfen, ihre Geschichte aktiv zu bewahren und zu verstehen. Zukünftige Untersuchungen und Lidar-Surveys sind bereits geplant, mit dem Ziel, weitere Siedlungsplätze und kulturelle Stätten zu identifizieren. Allein die Tiefe der noch zu entdeckenden archäologischen Relikte verspricht, dass noch weitere Erkenntnisse über die Organisation, Wirtschaft und das soziale Leben der Menominee und anderer indigener Gruppen zutage treten werden.
Das Wiederentdecken dieser jahrtausendealten Agrarsysteme zeigt auf einzigartige Weise den engen Zusammenhang zwischen Mensch und Natur vor der europäischen Kolonialisierung Nordamerikas. Es offenbart ein Bild von fortgeschrittener Landnutzung, nachhaltiger Ernährungssicherung und kultureller Vielfalt, die bis heute als Inspirationsquelle für umweltgerechte Landwirtschaft und die Wertschätzung indigener Wissenssysteme dient. Die Menominee-Hügel sind somit nicht nur Zeugnisse einer vergangenen Epoche, sondern lebendige Symbole für die Verbundenheit der indigenen Völker mit ihrem Land und ihren Traditionen.