Die Wiederentdeckung eines originalen Filmprints von Star Wars aus dem Jahr 1977 hat für Aufsehen in der Filmwelt und bei Fans zugleich gesorgt. Nach fast fünf Jahrzehnten, in denen Regisseur George Lucas zahlreiche Veränderungen an seinem Klassiker vorgenommen hat, konnte das britische Filminstitut (BFI) mit besonderem Aufwand eine nahezu perfekt erhaltene Kopie des allerersten Kinoabdrucks präsentieren. Dieses Ereignis bot eine einzigartige Gelegenheit, den Film in seiner ursprünglichen Form zu erleben – ein Erlebnis, das überraschend anders ausfällt als die gewohnte Sichtung der inzwischen weltweit bekannten Special Editions und überarbeiteten Fassungen. Die Reaktionen auf die Vorführung zeigen, dass Star Wars als kultiger Blockbuster von 1977 heutzutage ungewöhnlich roher, ja geradezu „unfertig“ wirkt und viele Fans und Kritiker gleichermaßen verblüfft zurücklässt. Die Originalversion, die jahrzehntelang vom Schöpfer selbst quasi unter Verschluss gehalten wurde, präsentiert das Weltraumepos ohne die aufwändige digitale Nachbearbeitung und modernen Spezialeffekte, die wir heutzutage mit Star Wars verbinden.
Während George Lucas im Laufe der Jahre immer wieder kleinere und größere Eingriffe vornahm – sei es das Hinzufügen von CGI-Figuren, Überarbeitung von Soundeffekten oder Anpassungen in der Handlung –, wirkt der ursprüngliche Film fast wie ein ganz anderes Werk. Dieser Eindruck liegt nicht nur an der fehlenden digitalen Politur, sondern auch an der pragmatischen handwerklichen Umsetzung, die den damaligen Stand der Technik und Produktionsmöglichkeiten reflektiert. Kritiker, die der privaten Vorführung beiwohnten, beschreiben die Originalversion als „einfach schlecht“ aus heutiger Sicht, ohne jedoch das Potenzial und die Bedeutung für die Filmgeschichte zu schmälern. So schrieb etwa Robbie Collin von der britischen Zeitung The Telegraph, dass der Film heute eher wie eine „rauhe, klobige Inszenierung“ mit echten Requisiten und improvisierten Kulissen wirke als der futuristische Sci-Fi-Klassiker, den Millionen von Zuschauern kennen. Die visuellen Effekte erschienen ihm rundweg antiquiert, die sogenannten High-Tech-Kulissen waren häufig bloße Holztafeln mit eingesetzten Lichtern.
Auch die Mechanismen zwischen den Robotern C-3PO und R2-D2 wirkten klobiger und beinahe slapstickartig, was dem Film aber auch eine gewisse charmante Authentizität verleiht. Diese rohe Anmutung könnte vielen Fans völlig neu vorkommen, denn die meisten kennen Star Wars heute nur aus einer Version, die aufwendig überarbeitet wurde. George Lucas begann bereits 1981 mit den ersten Veränderungen für die Wiederaufführung, und seither wurden zahlreiche weitere Ergänzungen eingefügt. Die digitale Technik bot die Möglichkeit, Szenen zu verschönern, Models durch Computeranimationen zu ersetzen und selbst Stimmen neu abzumischen. Gerade diese kontinuierlichen Anpassungen haben dazu geführt, dass Star Wars heute als moderner, polierter Blockbuster wahrgenommen wird, dessen Ursprünge fast in Vergessenheit geraten sind.
Der vlogger George Aldridge, der den Film ausgiebig studiert hat und als passionierter Star Wars-Fan gilt, zeigte sich von der Vorführung der Originalfassung beeindruckt. Er stellte fest, dass der Film so anders wirkte, dass es sich anfühlte, als sehe er ihn zum allerersten Mal. Er hob hervor, dass viele Details, die Lucas inzwischen verfeinert hatte, zunächst kaum bewusst wahrgenommen werden und erst im direkten Vergleich aufblitzen. Szenen wie das Verstecken von R2-D2 vor den Tusken-Räubern oder die Tonarbeit mit der markanten Stimme von Darth Vader wurden seiner Meinung nach deutlich klarer und roher als in den modernen Fassungen. Besonders auffällig ist, dass die Originalfassung die Figuren und Momente mit einer greifbaren physikalischen Substanz ausstattet, da alle Kulissen, Requisiten und sogar die Komparsen real und handgemacht wirkten.
Dies vermittelt Wissen über die damalige Filmproduktion und lässt das Publikum Star Wars als ein handwerkliches Projekt erkennen, das mit viel Kreativität und technischem Können umgesetzt wurde, trotz aller technischen Beschränkungen. Diese pure und ungefilterte Erfahrung dürfte vielen weiteren Filmschaffenden als Inspiration dienen und erklärt auch, warum der Film über die Jahre in verschiedenen Versionen neu erfunden wurde. Was bei der Vorführung des Originals auch für Begeisterung sorgte, war die berühmte Szene im Cantina, in der Han Solo den Schurken Greedo konfrontiert. Während die Special Editions hier mit der umstrittenen „Greedo schießt zuerst“-Änderung für Verwirrung sorgten, zeigte das Original klar, dass Han Solo derjenige ist, der zuerst das Feuer eröffnet – eine Tatsache, die vielen Fans als cooler und charakterstärkender Moment gilt. Bei der letzten Vorführung applaudierte das Publikum spontan und zeigte damit, dass einige der ursprünglichen filmischen Entscheidungen auch heute noch eine starke emotionale Wirkung entfalten.
Interessant ist auch, warum George Lucas über all die Jahre die Freigabe der Originalversion auf der großen Leinwand verhindert hat. In einem früheren Interview bezeichnete Lucas die erste Fassung als halbfertigen Film, den er selbst nicht mehr vertreten könne. Er argumentierte, dass ihm die Special Edition als endgültiges Werk viel mehr bedeute, da er dort seine Vision vollständig umgesetzt habe. Diese Haltung spiegelte sich in der rigiden Geschäftspolitik wider, die es bisher schwer machte, das Originalprojekt in seiner Urform öffentlich zu zeigen. Die Restaurierung und Präsentation dieser Originalfassung ist deshalb ein außergewöhnliches Ereignis, das nicht nur filmhistorische Bedeutung hat, sondern auch eine Debatte darüber entfacht, wie man Kultfilme bewahren und präsentieren sollte.
Es stellt sich die Frage, ob ein Werk in seiner Rohfassung oder in der überarbeiteten, polierten Version am besten den Geist des Films einfängt. Für Star Wars gilt dabei besonders, dass jede Ausgabe ihren eigenen Reiz hat und verschiedenes Publikum anspricht – Liebhaber der nostalgischen Produktionstechnik ebenso wie Freunde moderner Special Effects. Die jüngste Vorführung in London, organisiert vom British Film Institute, verdeutlicht, dass das Interesse an der Entstehungsgeschichte von Star Wars ungebrochen hoch ist. Für Fans ist das Original eine Zeitreise, die zeigt, wie viel Detailarbeit und Innovation damals nötig waren, um das Weltraumabenteuer zum Leben zu erwecken. Gleichzeitig ermöglicht sie einen neuen Blick auf George Lucas’ künstlerische Entscheidungen und die Evolution eines der berühmtesten Filme der Geschichte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die erstmals seit Jahrzehnten in nahezu perfektem Zustand vorgeführte Originalfassung von Star Wars von 1977 ein faszinierendes und zugleich ungewohntes Bild auf den Kultfilm wirft. Das raue, handwerkliche Gefühl, die sichtbaren Schwächen und Unvollkommenheiten belegen, wie groß der Fortschritt in der Filmtechnik und der visuellen Gestaltung seitdem ist. Gleichzeitig wächst das Verständnis für die enorme kreative Leistung, die damals erbracht wurde, sowie für die Änderungen, die Lucas seit Jahren mit Bedacht vornimmt. Statt eines Makels zeigt die gezeigte Version deshalb eine andere Facette des Mythos Star Wars – eine, die viele Fans und Kritiker bereichert und den Film in all seinem historischen Kontext würdigt.