Im Dezember 2024 ereignete sich mit der Final Experiment Expedition ein außergewöhnliches Ereignis, das sowohl in der Wissenschafts- als auch in der Verschwörungsgemeinschaft für Aufsehen sorgte. Ziel war es, die Behauptungen der modernen Flacherdler mit einem eindrucksvollen Naturereignis zu konfrontieren: der Mitternachtssonne in der Antarktis. Zum ersten Mal in der Geschichte traten Vertreter beider Seiten, sowohl überzeugte Flacherdler als auch Vertreter der sphärischen Erde, die beschwerliche Reise zum Union Glacier Camp im Westantarktis-Gebiet an, um dieses astronomische Phänomen live mitzuerleben. Organisiert durch den amerikanischen Pastor Will Duffy, bildete die Expedition nicht nur eine wissenschaftliche Herausforderung, sondern auch einen sozialen und ideologischen Versuch, eine der bekanntesten Verschwörungstheorien zu hinterfragen. Die Idee zu dieser Expedition entstand aus einem Diskurs, als Will Duffy, der selbst aus einer christlichen Gemeinde stammt und früher als Investmentmakler arbeitete, die widersprüchlichen Standpunkte zum Flacherdthema aus dem Internet wahrnahm.
Besonders beeindruckte ihn das Argument, dass bei der Antarktis – einem Kontinent, den Flacherdler meist als eine massive Eiswand verstehen –, die Sonne nicht 24 Stunden am Tag über dem Horizont stehen könne. Die Mitternachtssonne, ein Phänomen, bei dem die Sonne infolge der Neigung der Erdachse auch um Mitternacht sichtbar bleibt, ist allerdings ein unumstößlicher Beweis für die Kugelform unserer Erde. Flacherdler lehnen dieses Phänomen grundsätzlich ab, was die Motivation für das „Final Experiment“ lieferte: den Beweis untermauern oder widerlegen. Der Aufbau und die Planung dieses Experiments benötigten rund drei Jahre Vorbereitungszeit. Neben Duffy, der die Expedition maßgeblich finanzierte, wurden insgesamt 48 Teilnehmer eingeladen – erfahrene Content-Ersteller aus Internet-Communities, die sowohl flache Erde als auch globusorientierte Theorien vertreten sollten.
Von diesen geladenen Teilnehmern machten letztlich jeweils vier Vertreter der beiden Lager bei der eigentlichen Reise mit. Die Kosten pro Person beliefen sich auf rund 35.000 US-Dollar, eine Summe, die mehrheitlich durch Crowdfunding finanziert wurde, wobei Duffy einige Reisekosten selbst trug. Die Wahl auf das Union Glacier Camp fiel aufgrund seiner Lage bei etwa 79 Grad südlicher Breite und dem Zugang über Chile – eine selten genutzte, aber gut ausgestattete Station in der Antarktis. Die Reise selbst begann mit einem Flug von Chile zur Basisstation, wo die Expeditionsteilnehmer nach mehreren Stunden Anreise endlich die Antarktis betreten konnten.
Das Besondere: Flacherdler hatten diesen Kontinent vor dem Final Experiment noch nie besucht. Die Theorie, dass der Zugang durch den Antarktisvertrag eingeschränkt sei, um „die Täuschung“ einer 24-Stunden-Sonne aufrechtzuerhalten, wurde so erstmals konkret auf die Probe gestellt – und widerlegt. Vor Ort wurde die Mitternachtssonne mit Hilfe moderner Technologie, insbesondere durch das Internet via Starlink, live über Streaming-Plattformen übertragen, um so eine breite Öffentlichkeit teilhaben zu lassen. Während des Aufenthalts wurden zahlreiche Übertragungen und Diskussionen geführt. Überraschenderweise gaben die teilnehmenden Flacherd-Anhänger unmittelbar zu, dass die Mitternachtssonne real und nachvollziehbar war.
Eine dieser Persönlichkeiten, der populäre YouTuber Jeran Campanella, bekannt als „Jeranism“ in den Flacherd-Communities, gestand offen ein, dass seine eigene Flacherd-Modellierung nach dieser Erfahrung keine Gültigkeit mehr habe. Er kündigte an, sich aus der Flacherd-Szene zumindest temporär zurückziehen zu wollen. Auch weitere Influencer warteten mit unterschiedlichen Einschätzungen auf, wobei einige zwar die Mitternachtssonne anerkannten, aber weiterhin versuchten, ihre Sichtweise anzupassen und neue Erklärungsversuche für das Flacherd-Konzept vorzubringen. Die Reaktionen innerhalb der breiteren Flacherd-Community hingegen waren gespalten bis ablehnend. Viele Mitglieder lehnten die Ergebnisse vehement ab und unterstellten den Expeditionsteilnehmern, einschließlich der Flacherdler, Teil einer inszenierten Täuschung zu sein.
Die verbreitetste Theorie lautete, dass die gesamten Aufnahmen in einem Studio mit künstlich erzeugtem Himmel gefilmt wurden – ein Vorwurf, der wenig handfeste Belege fand, aber die Skepsis in diesem Kreis verdeutlicht. Selbst Prediger aus der Szene, wie Dean Odle, verkündeten theologische Interpretationen, etwa mit der Behauptung, Satan habe einen „Feuerball“ erschaffen, um die scheinbar falsche Sonne zu simulieren. Diese spirituellen Rechtfertigungen zeigen den tiefen Glaubenskonflikt, der oft mit der Flacherd-Bewegung verknüpft ist. Neben den inhaltlichen Auseinandersetzungen kam es auch zu internen Anfeindungen. So wurde Will Duffy von einigen Seiten verdächtigt, Spendengelder seiner Kirchengemeinde für seine Expedition verwendet zu haben – eine Beschuldigung, die Duffy entschieden zurückwies.
Sein Unterstützerkreis und Mitglieder der Gemeinde bezeichneten diese Vorwürfe als haltlos und basierten ihre Begründungen auf persönlicher Integrität und Transparenz der Projektfinanzierung. Insgesamt kann man sagen, dass die Final Experiment Expedition ein deutliches Zeichen für die Gegenwart von Wissenschaftlichkeit und empirischer Überprüfung inmitten von Verschwörungstheorien setzt. Die Beobachtung der Mitternachtssonne als natürliche Folge der Erdrotation und Axialneigung ist ein einfacher, aber überzeugender Widerlegungsversuch gegen Flacherd-Modelle, die eine unbewegte, flache Scheibe postulieren. Auch wenn sich Teile der Flacherd-Community weiterhin weigern, diese Erkenntnisse anzuerkennen, zeigt das Spektakel der Expedition, wie wichtig direkte, prüfbare Erfahrungen sind, um tief verwurzelte Überzeugungen zumindest öffentlich zu hinterfragen. Die Final Experiment Expedition hat neben wissenschaftlichen Belegen vor allem auch den sozialen Aspekt betont: Diskurse in sozialen Medien und Online-Communities haben eine verstärkte Bedeutung für die Verbreitung von Pseudowissenschaften erhalten, was wiederum Gegenmaßnahmen wie solche Expeditionen erfordert.
Die Rolle von Persönlichkeiten wie Will Duffy ist dabei nicht nur ideologisch geprägt, sondern auch von dem Wunsch, Debatten auf Fakten und Empirie zu gründen – ein Ansinnen, das auch in Zukunft sicher noch weitere kontroverse Projekte hervorbringen wird. In der medialen Berichterstattung und in der breiten Öffentlichkeit stieß die Expedition auf reges Interesse. Skeptische Berichte, Interviews mit den Teilnehmern und die dokumentarischen Aufnahmen auf den YouTube-Kanälen trugen dazu bei, das Thema Flache Erde populärwissenschaftlich näher zu bringen. Besonders die emotionale Reaktion einiger Teilnehmer sorgte dafür, dass die oft sehr dogmatischen Deklarationen innerhalb der Bewegung hinterfragt wurden. Wissenschaftler bewerteten das Experiment als wichtigen Schritt, um Mythen aktiv zu widerlegen, während Kritiker in den Verschwörungsszenen die Aktion als „Inszenierung“ abtun.