Die Vorstellung vom Schicksal des Universums beschäftigt Wissenschaftler und Philosophen seit Jahrhunderten. Bis vor kurzem gingen Forscher davon aus, dass das Universum in einer unvorstellbar fernen Zukunft zerfallen wird – zeitlich gesehen weit jenseits jeglicher menschlichen Vorstellungskraft. Doch eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern aus den Niederlanden bringt neue Erkenntnisse ans Licht, die diese Zeitspanne dramatisch verkürzen. Nach den Berechnungen von Heino Falcke, Michael Wondrak und Walter van Suijlekom könnte das Universum schon in etwa 10⁷⁸ Jahren „zerfallen“. Das ist zwar immer noch eine unfassbar lange Zeit, aber deutlich früher als die zuvor angenommene Zeitdauer von sagenhaften 10¹¹⁰⁰ Jahren.
Die Forschung basiert auf einer erweiterten Betrachtung der Hawking-Strahlung, einem Prozess, der seit den 1970er Jahren wissenschaftlich bekannt, aber bislang nur teilweise verstanden ist. Ein zentraler Aspekt dieser Strahlung ist das langsame „Verdampfen“ von Schwarzen Löchern durch die Emission von Teilchen – ein Phänomen, das von dem berühmten Physiker Stephen Hawking postuliert wurde. Die Arbeitsgruppe am Radboud-Universität in Nijmegen zeigte nun, dass dieser Strahlungsprozess nicht nur auf Schwarze Löcher beschränkt ist, sondern auch auf andere astronomische Objekte wie Neutronensterne und selbst weiße Zwerge angewandt werden kann. Ihre Berechnungen lassen darauf schließen, dass weiße Zwerge, die als die langlebigsten Objekte im Universum gelten, durch eine Art „Hawking-ähnliche“ Strahlung zerfallen. Das führt zu einer grundlegend neuen Abschätzung für die Lebensdauer des Universums.
Vorherige Studien gingen davon aus, dass weiße Zwerge etwa 10¹¹⁰⁰ Jahre bestehen bleiben. Nun sank dieser Wert auf „nur“ 10⁷⁸ Jahre. Das mag auf den ersten Blick immer noch unbegrenzt erscheinen, doch im kosmischen Maßstab stellt dies eine schnellere Entwicklung dar. Die untersuchten Prozesse sind dabei äußerst langsam und finden weit im entferntesten kosmischen Zeitraum statt, doch sie stellen einen unumkehrbaren Zerfall dar. Besonders faszinierend an der neuen Studie ist die Erkenntnis, dass Neutronensterne und stellare Schwarze Löcher gleich lange brauchen, um zu verdampfen – nämlich jeweils etwa 10⁶⁷ Jahre.
Dies ist überraschend, da Schwarze Löcher aufgrund ihres extrem starken Gravitationsfeldes eigentlich viel schneller zerfallen sollten. Doch die Erklärung der Forscher bringt Licht in dieses Paradoxon: Schwarze Löcher besitzen keine feste Oberfläche, wodurch sie einen Teil der von ihnen ausgesandten Strahlung wieder absorbieren. Dieser „Selbstfress“-Effekt bremst den Verdampfungsprozess. Auch die Lebensdauer anderer Objekte wurde von den Wissenschaftlern berechnet. So würde ein menschlicher Körper, wenn einzig der Effekt der Hawking-ähnlichen Strahlung wirken würde, erst nach etwa 10⁹⁰ Jahren vollständig zerfallen.
Die Oberfläche unseres Mondes würde einem ähnlichen Zerfallsprozess folgen und ebenfalls in dieser Größenordnung an Zeit liegen. In der realen Welt allerdings wirken natürlich viele andere Zersetzungs- und Zerfallsprozesse weitaus schneller. Die grundlegende Bedeutung dieser Forschung liegt jedoch nicht nur in diesen Zeitangaben, sondern in der interdisziplinären Herangehensweise, die Astrophysik, Quantenphysik und Mathematik vereint. Die Studienergebnisse eröffnen neue Wege, die Hawking-Strahlung besser zu verstehen und die theoretischen Grenzen kosmischer Zeiträume neu zu definieren. Es bleibt eine Herausforderung für die Wissenschaft, den genauen Beitrag dieser Strahlung zur Entwicklung des Universums auseinanderzudividieren.
Dennoch gilt als sicher, dass unser Universum nicht ewig in seinem derzeitigen Zustand existieren wird. Der vermeintliche „Ewige Frieden“ scheint zumindest auf astronomischer Skala eine Illusion zu sein. Die kontinuierliche Strahlung und der Verlust von Masse durch die verschiedensten kosmischen Objekte tragen im Laufe der Zeit zu einem unvermeidlichen Zerfall bei. Dieses Wissen erweitert unser Verständnis von Kosmologie, selbst wenn wir uns als Menschheit dessen Auswirkungen nicht unmittelbar bewusst werden können. Die dunklen, weit entfernten Zeiten, die noch vor uns liegen – wenn auch fernab jeglicher menschlicher Perspektive – zeigen ein Universum im Wandel.
Die Ergebnisse der niederländischen Forschungsgruppe tragen somit wesentlich dazu bei, dass Wissenschaftler das endgültige Schicksal des Kosmos mit mehr Präzision beschreiben können. Auch wenn die Zeiten des Universumswyers bevorstehen, bleibt für uns heute die Erkenntnis, dass die Natur auch in scheinbar ewigen Phänomenen Gesetze zugrunde liegen, die sich entschlüsseln lassen. Es erfordert Geduld und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, um dabei Schritt für Schritt mehr Licht in die tiefsten Geheimnisse des Universums zu bringen. Die Forschung zum Zerfall der weißen Zwerge und anderer Himmelskörper durch Hawking-ähnliche Strahlung weckt Hoffnung, dass wir dereinst diese komplexen Zusammenhänge gänzlich verstehen und neue Fragen für die künftige Wissenschaft unserer Zeit formulieren können. Der Einfluss dieser Erkenntnisse könnte weitreichend sein und sogar unser Verständnis von Raum, Zeit und Materie neu definieren.
So dürfte die Arbeit von Falcke, Wondrak und van Suijlekom in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht nur die Fachwelt beschäftigen, sondern auch breite Diskussionen über den langfristigen Verlauf kosmischer Entwicklungen anregen. Während das Universum also irgendwann zerfallen wird, eröffnet die zunehmende wissenschaftliche Klarheit über dieses Ereignis faszinierende Perspektiven über die Natur unserer Existenz und der unermesslichen Zeiträume, in denen sich das gesamte kosmische Drama entfaltet. Ein besseres Wissen über die Zeiträume, in denen selbst die stabilsten Sterne und Reste kollabieren oder „verdampfen“, erlaubt ein tieferes Verständnis der ewigen Dynamik unseres Universums.