Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Amerika hat kürzlich ein für viele überraschendes, ja geradezu ungewöhnliches Dokument veröffentlicht: Einen Ethik-Kodex, der aus nur einer einzigen Seite besteht und darauf schlicht die Anweisung „Versuch dein Bestes“ enthält. Diese Veröffentlichung markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des höchsten amerikanischen Gerichtshofs, der bislang weitgehend ohne formale, öffentlich zugängliche Verhaltensregeln agierte. Die Reaktionen darauf sind kontrovers und spiegeln sowohl Skepsis als auch Befremden, aber auch eine gewisse Gelassenheit wider. Die Entstehung dieses Ethik-Kodexes ist eine Antwort auf intensiven öffentlichen Druck und Medienkritik. Über die letzten Jahre hinweg hatte die amerikanische Öffentlichkeit vermehrt Forderungen nach mehr Transparenz und klaren Richtlinien für das Verhalten der neun Richter des Obersten Gerichtshofs gestellt.
Diese Forderungen wurden unter anderem durch Enthüllungen über mögliche Interessenkonflikte, Geschenke in unbegrenztem Wert und umstrittene politische Tätigkeiten einzelner Richter genährt. In diesem Kontext wurde die Erwartung groß, dass ein neuer Ethik-Kodex detaillierte Vorschriften und verbindliche Regeln beinhalten würde. Doch das veröffentlichte Dokument enttäuschte viele dieser Erwartungen. Statt eines umfangreichen Regelwerks, das klare Grenzen für das Verhalten der Richter definiert, zeigte sich das neue Dokument in seiner Kürze als geradezu ironisch. Die kurze Seite trägt in einer verschnörkelten, gut lesbaren Schrift nur die Aufforderung „Versuch dein Bestes“.
Unterzeichnet wurde das Blatt von allen neun Richtern mit einem permanenten Marker, versehen mit einem glitzernden Sternchen-Aufkleber und einem Haftnotizzettel mit der Aufschrift „Wir meinen es ernst“. Die Mischung aus Humor, Symbolik und einem leicht spielerischen Ton führt zu gemischten Gefühlen. Die offizielle Begründung des Obersten Gerichtshofs, vertreten durch den Vorsitzenden Richter John Roberts, beschreibt das Dokument als einen „lebendigen Kodex“ und vergleicht ihn mit der Verfassung einerseits und persönlichen Gefühlen andererseits. Roberts erklärte in einer Pressekonferenz vor den Marmortreppen des Gerichtsgebäudes, dass die Absicht sei, die „feierliche Würde“ der Institution widerzuspiegeln, gleichzeitig aber auch bewusst vage gehalten zu sein, was eine gewisse Offenheit und Interpretation ermöglicht. Es wurde betont, dass verschiedene Berater konsultiert worden seien, darunter Moralphilosophen, Jura-Experten und sogar ein Jugend-Fußballtrainer.
Die einmütige Empfehlung lautete laut Roberts, sich zu bemühen und dabei entspannt zu bleiben. Das Dokument ersetzt alle bisherigen, inoffiziellen Standards und Verhaltensrichtlinien, die zuvor mehr auf Intuition und „das Bauchgefühl“ von einzelnen Richtern oder ihrem eigenen Stil basierten. Bemerkenswerterweise enthält der neue Kodex nicht einmal klassische Verbote wie etwa das Akzeptieren von Geschenken oder das Parteinahme in politischen Fragen. Stattdessen motiviert er zu einem lockeren Rahmen, der auf Selbsteinschätzung und kollegialer Kontrolle basiert. So heißt es zum Beispiel: „Sei nicht verdächtig, es sei denn, es ist absolut nötig“ oder „Wenn dir jemand eine Yacht schenkt, danke leise“.
Dies zeigt eine gewisse Ironie und Selbstreflexion, die in einem solchen Dokument in dieser Form bisher unbekannt war. Die politischen und juristischen Reaktionen auf diesen Kodex sind breit gefächert. Senator Sheldon Whitehouse aus Rhode Island bezeichnete ihn als „tief unseriös“ und kritisierte den Mangel an bindenden Verpflichtungen. Im Gegensatz dazu lobte Senator Ted Cruz aus Texas das Maß an Zurückhaltung und empfand den knappen Kodex sogar als inspirierend. Viele Rechtsexperten sehen darin keine ausreichende Maßnahme zur Sicherstellung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des höchsten Gerichts.
Ein Verstoß gegen ethische Standards ist demnach auch nicht sanktioniert, außer vielleicht durch den informellen sozialen Druck innerhalb des Gerichts oder durch das Gefühl, von den gemalten Portraits der Gründerväter kritisch beäugt zu werden. Der Gerichtssprecher Lyle Rumph kommentierte humorvoll, dass das Dokument zwar keine konkreten Verbote ausspreche, etwa bezüglich luxuriöser Geschenke oder verdeckter Einkünfte, man solle sich danach aber vielleicht ein wenig schuldig fühlen. Diese ironische Haltung lässt erahnen, dass die Richter den Kodex möglicherweise eher als Symbol oder kollektiven Geist verstehen, weniger als bindende oder durchsetzbare Richtlinie. Ein Blick in den vollständigen Text gibt weitere Einblicke in den Ton dieses Dokuments. Neben der simplen Aufforderung, „Versuch dein Bestes“, enthält der Kodex auch Formulierungen wie „Wenn du Fehler machst, tu so, als ob du nur gescherzt hättest“ und „Wenn du dich zurückziehen willst, entscheide selbst, kein Druck“.
Die unterschriebene Seite wurde von einigen Richtern, wie Amy Coney Barrett, mit etwas künstlerischer Verzierung versehen – beispielsweise mit einem Glitzer-Bedazzler, um das Dokument „hervorstechen zu lassen“. Berichten zufolge wurde eine strengere Version des Kodexes verworfen, die konkretere Verbote enthalten hätte, wie das Verbot von Bestechung oder den Verzicht auf Beziehungen zu wichtigen Geldgebern. Richter Brett Kavanaugh sprach sich dagegen aus und meinte, dass die Richter bereits gut darin seien, ihrer Intuition zu folgen. Diese Abkehr von klassischen Verhaltensregeln deutet auf eine bewusste Abkehr von traditionellen Vorstellungen von Ethik hin. Der neue Ethik-Kodex des Obersten Gerichtshofs eröffnet somit eine Debatte darüber, wie Transparenz, Verantwortung und Integrität in höchster Rechtsinstanz gewährleistet werden können.
Er stellt nicht nur inhaltlich einen Bruch mit der bisherigen Praxis dar, sondern symbolisiert auch eine Veränderung in der öffentlichen Wahrnehmung und politischen Erwartung an die Institution Gerichtshof. Kritiker sehen in dem Kodex eine Verhöhnung ernsthafter Bemühungen um Rechtsstaatlichkeit und Anstand. Befürworter hingegen könnten darin eine pragmatische, wenn auch humorvolle Art sehen, wie sich die Richter selbst verorten – als Menschen, die zwar mit großer Macht ausgestattet sind, aber letztlich auch mit diesen Herausforderungen auf persönliche Art umgehen müssen. In Zeiten, in denen das Vertrauen in demokratische Institutionen weltweit auf dem Prüfstand steht, wirft solch ein leichter Ethik-Kodex Fragen nach der Rolle des Obersten Gerichtshofs in der amerikanischen Demokratie auf. Ist das Motto „Versuch dein Bestes“ ein Signal von Stärke, das zur Selbstreflexion und innerer Regulierung auffordert? Oder ist es der Beleg für eine Institution, die sich ihrem öffentlichen Auftrag nicht mehr gewachsen fühlt? Die Veröffentlichung des Ethik-Kodexes als ein „lebendiges Dokument“ mit einem lockeren Ton gibt zumindest Einblick in die interne Kultur des Gerichts.
Es bleibt abzuwarten, ob dieser Kodex tatsächlich eine Wirkung entfalten wird oder ob er angesichts der fehlenden Kontrollmechanismen eher symbolischen Charakter besitzt. Die nächsten Monate und Jahre könnten zeigen, ob die Justiz in den USA Wege finden wird, um glaubwürdige und zugleich praktikable ethische Standards zu formulieren und durchzusetzen. Einige Beobachter spekulieren bereits, dass in Zukunft gelegentlich Stickerkarten für die Richter oder monatliche Pizza-Partys eingeführt werden könnten, um die „Vibes“ weiter zu stärken. Insgesamt verdeutlicht die Veröffentlichung dieses ungewöhnlichen Ethik-Kodexes die Spannweite zwischen Tradition und Innovation in der amerikanischen Justiz. Gleichzeitig fordert sie ebenso die Bürger wie die Justiz heraus, sich über den Sinn und Zweck von Regeln in systemrelevanten Institutionen klarer zu werden.
Während der kodexhafte Minimalismus weder klare Referenzen noch handfeste Folgen bietet, setzt er doch ein Statement – das „Versuch dein Bestes“ – und lädt zu Diskussionen über Rechtskultur, Macht und Verantwortung ein.