In einer Gesellschaft, in der das Kinderkriegen oft als unvermeidliche Lebensphase betrachtet wird, ist es eine mutige und manchmal herausfordernde Entscheidung, bewusst keine Kinder haben zu wollen. Viele Menschen sehen in der Gründung einer Familie den natürlichen, richtigen Weg, doch es gibt ebenso jene, die sich aktiv dagegen entscheiden und hinter dieser Entscheidung stehen. Warum wolle ich also keine Kinder? Diese Frage stellt sich mir oft, und sie ist von großer Bedeutung – nicht nur für mich persönlich, sondern auch für das Verständnis gesellschaftlicher Vielfalt und individueller Lebenswege. Ich bin mittlerweile 33 Jahre alt und werde bald 34. Um mich herum heiraten Freunde, viele bekommen Kinder oder planen Kinder zu bekommen.
Unter den Frauen, mit denen ich befreundet bin, sind die meisten Eltern oder möchten es werden. Auch in meinen bisherigen Beziehungen war es meistens ein Wunschpartnerinnen, Kinder zu haben. Es fühlt sich fast so an, als wäre der Kinderwunsch in unserer Gesellschaft die Norm – das „Default“. Wer Kinder möchte, geht den vermeintlich sicheren und sozial anerkannten Weg. Aber für mich sieht das anders aus.
Meine Haltung gegenüber dem Kinderkriegen ist nicht gegensätzlich zu denjenigen, die sich Kinder wünschen. Es ist keine negative Abwertung, sondern eine bewusste, sehr durchdachte Entscheidung. Ich möchte nicht davor warnen, Kinder zu bekommen, noch möchte ich jene bekehren, die die Familie als höchste Priorität sehen. Vielmehr geht es darum, meine persönliche Geschichte und meine Überlegungen transparent und klar zu teilen. Kinder zu bekommen ist eine der größten Verantwortungen, die man übernehmen kann.
Es erfordert eine Hingabe, die sich über Jahrzehnte erstreckt, eine Zeit, in der man sich voll und ganz dem Wohl und der Entwicklung eines Kindes verschreiben muss. Nur wer bereit ist, mit ungeteiltem Herzen, Zeit, Energie und Liebe dabei zu sein, sollte sich auf dieses Abenteuer einlassen. Es ist eine lebensverändernde Berufung. Trotzdem bin ich nicht dieser Ruf gefolgt. Das mag verwundern, denn ich habe ein liebevolles Herz und ich bin mir sicher, dass ich ein guter Vater wäre.
Die Vorstellung, Liebe zu geben, die kleinen Herausforderungen des Familienalltags zu meistern und in der Erziehung zu wachsen, ist etwas, das ich sehr respektiere und bewundere. Die Familie kann ein wichtiger spiritueller Weg sein, sie bietet echte Möglichkeiten, persönliche Entwicklung durch Fürsorge, Geduld und bedingungslose Liebe zu erfahren. Dennoch habe ich meine Berufung woanders gefunden – und das ist für mich der entscheidende Punkt. Meine Lebensmission und das, was ich mit voller Hingabe verfolgen möchte, liegt außerhalb des traditionellen Familienbildes. Ich führe ein Projekt namens The Service Guild, eine Organisation, die sich den Themen Liebe, Neugier und Ermächtigung widmet.
Meine Vision ist es, diese Gemeinschaft wachsen zu lassen, Projekte zu starten, die der Welt dienen, und tiefgreifende, positive Veränderungen anzustoßen. Darüber hinaus habe ich viele persönliche Leidenschaften und Ziele, die viel Raum, Zeit und Energie verlangen. Ich möchte Schriftsteller werden, Musiker sein, meine meditativen und kreativen Praktiken weiter vertiefen, und vielleicht später sogar Filme drehen. All diese Träume verlangen nach einem Gesamtmaß an Einsatz, das sich mit der Rolle eines Elternteils schwer vereinbaren ließe – zumindest nicht in der Form, wie ich sie mir vorstelle. Es gibt durchaus Vorbilder, Menschen, die sowohl Elternschaft als auch berufliche Erfüllung meisterhaft verbinden.
Doch ich frage mich ehrlich, ob es möglich ist, diesen hohen Anspruch in allen meinen Bereichen gleichermaßen zu erfüllen – und zugleich ein Vater zu sein, der mit der nötigen Hingabe und Aufmerksamkeit für seine Kinder da ist. Meine Antwort zielt eher in Richtung „nein“. Es gab eine seltene Phase in meinem Leben, vor über zehn Jahren, als ich darüber nachdachte, Kinder zu bekommen. Zu dieser Zeit war ich verliebt in eine kluge und lebhafte Frau, die einen starken katholischen Glauben hatte. Ich stellte mir das Leben als Familienvater vor und sah darin eine mögliche Erfüllung.
Doch dieser Wunsch verging mit dem Ende der Beziehung und seitdem hat sich mein Fokus klar verlagert. Wenn ich heute eine Frau liebe, denke ich manchmal darüber nach, wie es wäre, mit ihr Kinder zu haben. Ich sehe, wie gut sie als Mutter sein könnte, und ich kann mir vorstellen, dass wir wundervolle Kinder gemeinsam hätten. Doch dann erinnere ich mich an meine Ziele, an das, was ich als meinen einzigartigen Beitrag zur Welt sehe, und ich weiß, dass ich mich auf dem Pfad befinde, der zu mir passt – ohne Kinder. Ich habe ein Gefühl von tiefer Erfüllung, wenn ich die Organisation sehe, die ich aufbaue, und die Gemeinschaft, die ich mit ihnen erschaffe.
The Service Guild ist für mich wie ein Kind – ich investiere dieselbe Energie, denselben Einsatz und dieselbe Liebe in dieses Projekt, wie es viele in ihre Familie investieren. Es ist mein Weg, Sinn und Beitrag zu diesem Leben zu gestalten und zu leben. Diese Entscheidung ist nicht leicht. Sie führt oft zu Missverständnissen und manchmal auch zu innerer Einsamkeit. Es gibt gesellschaftliche und kulturelle Erwartungen, die das Elternsein fast schon zum Zwang machen.
Wer sich dagegen entscheidet, steht nicht selten im Blickpunkt und wird als „anders“ angesehen. Doch ich glaube, dass es legitim und sogar notwendig ist, alternative Lebenswege zu respektieren – sowohl für sich selbst als auch für andere. Wichtig ist, dass jede Entscheidung, ob für oder gegen Kinder, aus tiefem Herzen und voller Überzeugung getroffen wird. Halbherziges Elternsein oder halbherziges Leben im Allgemeinen ist eine Form von innerer Schwäche. Wer sich auf die Familie einlässt, sollte es mit voller Hingabe tun – denn es ist nicht fair, den Kindern gegenüber, ihnen gegenüber oder sich selbst gegenüber, diesen wichtigsten Teil des Lebens halbherzig anzugehen.
Für mich war und ist klar: Ich wurde nicht in das Familienmuster gerufen. Wie die Friedenspilgerin einst schrieb, ist das Familienleben ein Ruf, der nicht jeden trifft – einige Menschen sind für andere Lebenswege bestimmt. Und das ist vollkommen okay. Letztendlich geht es darum, dass jeder Mensch sein Leben so gestaltet, dass es ihn erfüllt und ihm ermöglicht, sein volles Potenzial zu entfalten. Für manche gehört das Elternsein dazu, für andere eben nicht.
Die wichtigste Botschaft dabei ist, respektvoll mit diesen unterschiedlichen Entscheidungen umzugehen. Das bewusste Nein zu Kindern leitet mich zu einer Lebensweise, in der ich alles, was ich tue, mit voller Leidenschaft und Engagement ausfülle. Es ist nicht der einfache Weg, aber der richtige für mich. Denn ich glaube fest daran, dass die Welt Platz bietet für Vielzahl von Lebensentwürfen – und das macht sie menschlich, bunt und reich an Möglichkeiten. So teile ich meine Gedanken und Erfahrungswerte in der Hoffnung, mehr Verständnis und Offenheit für individuelle Entscheidungen zu fördern und jedem Menschen Mut zu machen, sich selbst treu zu bleiben, unabhängig von gesellschaftlichen Erwartungen.
Denn das Leben ist zu kurz, um es halbherzig zu leben. Ich wünsche jedem von uns, dass wir unsere eigene Berufung finden, egal, ob sie uns in die Familie führt oder auf einen anderen, ganz eigenen Pfad.