Ben Goertzel gehört zu den einflussreichsten Pionieren im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Schon in den frühen 90er Jahren hatte er eine klare Vision: KI muss dezentralisiert werden, um das volle Potenzial für die Gesellschaft zu entfalten und den Missbrauch durch zentrale Machtstrukturen zu verhindern. Diese Überzeugung hat ihn seit 1993 begleitet und motiviert bis heute seine Arbeit an Projekten, die eine neue Ära künstlicher Intelligenz einläuten könnten – die Ära der Artificial General Intelligence (AGI). Die Idee der Dezentralisierung war für Goertzel nicht nur technisches Detail, sondern ein ethisches und gesellschaftliches Prinzip. In einer Zeit, als das Internet noch weitgehend ein dezentrales Netzwerk war, erschien es ihm fast selbstverständlich, dass auch KI auf einer ähnlichen Struktur basieren sollte.
Die zentrale Kontrolle von KI-Technologien durch einige wenige Großkonzerne aber stellt aus seiner Sicht ein großes Risiko dar. Die frühen 2000er Jahre zeigten, wie sehr das Internet zugunsten weniger großer Plattformen wie Google, Facebook oder Tencent zentralisiert wurde – eine Entwicklung, die Goertzel nicht vorhergesehen hatte und die nun auch die KI-Thematik stark prägt. Die Risiken der Zentralisierung sind vielfältig. Monopolisierte Macht ermöglicht es wenigen Akteuren, KI-Technologien in ihrem eigenen Interesse zu steuern, was Gefahren wie unkontrollierte Überwachung, Manipulation von Informationen oder ungleich verteilte wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Besonders im Hinblick auf AGI, die über das heutige KI-Niveau hinausgeht und ein umfassendes, menschenähnliches Verständnis und Lernvermögen besitzen wird, sieht Goertzel Dezentralisierung als unverzichtbar an.
Nur so kann gewährleistet werden, dass AGI die Menschheit positiv unterstützt und nicht als Werkzeug der Machtkonzentration fungiert. Ein zentrales Projekt auf diesem Weg ist SingularityNET. Diese Plattform verfolgt das Ziel, einen dezentralen Marktplatz für KI-Dienste weltweit zu schaffen. SingularityNET verbindet verschiedene KI-Anwendungen und ermöglicht es, dass diese miteinander interagieren, sich gegenseitig ergänzen und auf einer Blockchain-Technologie basieren. Damit wird Transparenz und Nachvollziehbarkeit erhöht und zugleich die Macht einzelner Akteure gebrochen.
Diese Herangehensweise hilft dabei, die Entwicklung von AGI in einen öffentlichen, kollaborativen Rahmen zu stellen, der auf gemeinschaftlichem Fortschritt und innovativem Austausch beruht. Neben SingularityNET hat Goertzel mit der Artificial Superintelligence Alliance (ASI Alliance) eine der größten offenen Initiativen für dezentrale AGI gegründet. Diese Allianz bündelt Forschung, Ressourcen und Expertise verschiedener Teams weltweit, die sich einer visionären und verantwortungsvollen Entwicklung von AGI widmen. Die ASI Alliance ist dabei ein entscheidender Gegenpol zu den großen Technologiekonzernen, die oft aus wirtschaftlichen oder geopolitischen Interessen AGI vorantreiben. Indem sie Prinzipien wie Open Source, Kooperation und Dezentralität in den Vordergrund stellt, intendiert die ASI Alliance eine alternative Zukunft, in der AGI zum Wohl aller Menschen genutzt wird.
Für Goertzel ist diese Rückkehr zu den „First Principles“ der KI-Entwicklung essenziell. Seine frühen Schritte als AI-Entwickler und als Gründer seines ersten AI-Unternehmens in den späten 90er Jahren basierten auf einer Welt, in der das Internet selbst dezentral und offen war. Dass sich die technologische Landschaft heute so stark gewandelt hat, zeigt für ihn, wie wichtig es ist, diese ursprünglichen Werte in das Zeitalter der AGI zu übertragen. Die Technologien der Zukunft müssen von Anfang an „dezentral gebaut“ werden, um später nicht von zentralisierten Interessengruppen übernommen zu werden. Eine spannende Anekdote aus Goertzels Werdegang ist sein früher Gedanke zur dezentralen Währung.
Bereits in den 90er Jahren interessierte er sich für die Idee eines anonymen, dezentralen Zahlungsmittels in der digitalen Welt. Damals waren die technischen Möglichkeiten jedoch noch nicht ausgereift, und Transaktionen erschienen zu langsam und zu teuer für den praktischen Einsatz. Erst viele Jahre später realisierte ein unbekannter Entwickler unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto mit Bitcoin das Konzept der dezentralen Kryptowährung erfolgreich. Goertzel betrachtet diese Entwicklung mit einem gewissen Schmunzeln, zumal Bitcoin heute noch immer mit Herausforderungen wie hohen Transaktionskosten kämpft. Die Verbindung von KI und Blockchain-Technologie ist für Goertzel ein Schlüsselthema.
Blockchain bringt die infrastrukturelle Grundlage für die Dezentralisierung mit sich, während KI die Intelligenz einbringt, die für komplexe Anwendungen und AGI benötigt wird. Projekte wie SingularityNET nutzen diese Synergie, um eine neue Form von selbstorganisierenden, vertrauenswürdigen Netzwerken zu schaffen, in denen Intelligenz nicht mehr einzelnen Institutionen gehört, sondern allen Teilnehmern offensteht. Goertzels Vision ist nicht nur technisch innovativ, sondern auch gesellschaftlich bedeutsam. Dezentralisierte KI-Systeme könnten Machtverhältnisse zwischen Ländern und Unternehmen neu ordnen und eine gerechtere Verteilung von Ressourcen ermöglichen. Gleichzeitig birgt die Dezentralisierung Herausforderungen im Hinblick auf Sicherheit, Governance und Standards, die es zu bewältigen gilt.
Die Arbeit von Goertzel und seinem Team zeigt, dass dieser Weg möglich ist und dass eine zukunftsfähige KI-Architektur ohne Kompromisse bei Ethik und Freiheit existieren kann. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein für die Entwicklung von AGI und dessen Einfluss auf die Welt. Goertzel prognostiziert, dass die Marktreife von AGI innerhalb der nächsten ein bis drei Jahre erreicht wird, wenn entsprechende Durchbrüche gelingen. Dabei ist es nicht nur eine technologische Frage, sondern eine gesellschaftliche Verantwortung, wer diesen Quantensprung leitet und wie die Technologie zugänglich gemacht wird. Ben Goertzel und seine Projekte setzen sich dafür ein, dass die Entwicklung von AGI offen, dezentral und im Dienste der gesamten Menschheit erfolgt.
Seine Teilnahme und Präsentationen auf renommierten Konferenzen wie Consensus in Toronto tragen dazu bei, das Bewusstsein für dezentrale KI zu schärfen und ökologische sowie soziale Aspekte deutlich zu machen. Die Partnerschaften, die SingularityNET mit Netzwerken wie Mind Network und der Filecoin Foundation geschlossen hat, zeigen, dass das Ökosystem wächst und sich für die Herausforderungen rund um AGI wappnet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ben Goertzel eine Vision verfolgt, die heute dringlicher denn je erscheint. Die Dezentralisierung der Künstlichen Intelligenz bietet Chancen auf Freiheit, Vielfalt und Sicherheit gegenüber den Risiken der Machtkonzentration. Indem Innovation, Transparenz und Kooperation im Zentrum stehen, bereiten Projekte wie SingularityNET und die ASI Alliance den Weg in eine neue Ära der intelligenten Systeme, die der gesamten Menschheit zugutekommen können.
Seine langjährige und konsequente Arbeit zeigt, dass nachhaltige technologische Paradigmen sich durchsetzen können – wenn man visionär und beharrlich bleibt.