Mit der rasant fortschreitenden Digitalisierung hat der Bankensektor weltweit eine tiefgreifende Transformation erfahren. Immer mehr Finanzdienstleistungen werden online und mobil abgewickelt, was traditionelle Bankmodelle vor neue Herausforderungen stellt. Oman hat nun als eines der wenigen Länder in der Region einen umfassenden regulatorischen Rahmen für Digitalbanken eingeführt, der am 1. Juni 2025 in Kraft getreten ist. Diese regulative Neuerung treibt die Finanzinnovation in der Golfregion voran und zeigt zugleich das Bestreben des Sultanats, eine Vorreiterrolle in der digitalen Bankenlandschaft einzunehmen.
Der Zentralbank von Oman (Central Bank of Oman, CBO) kommt bei der Ausgestaltung dieses Rahmens eine Schlüsselrolle zu. Sie hat klare Kriterien für die Zulassung und den operativen Betrieb von Digitalbanken festgelegt, die sowohl ausländische als auch lokale Akteure ansprechen sollen. Dabei balanciert die CBO sorgfältig zwischen der Förderung von Innovation und der Sicherstellung der Stabilität und Integrität des Finanzsystems. Die neue Regulierung sieht vor, dass Digitalbanken entweder als lokal eingetragene Aktiengesellschaften (SAOC oder SAOG) oder als Zweigstellen ausländischer Banken auftreten können, vorausgesetzt, sie unterliegen der Aufsicht einer Regulierungseinheit in ihrem Heimatland. Dies öffnet den Markt für internationale Fintech-Unternehmen, die ihre Expertise und Kapital in den omanischen Markt einbringen wollen, während gleichzeitig ein Mindestmaß an Kontrolle und Transparenz gewährleistet wird.
Ein zentrales Element des Rahmens sind die zwei Kategorien von Banklizenzen. Die erste Kategorie erlaubt uneingeschränkte Bankgeschäfte und verlangt eine Mindestkapitalausstattung von 30 Millionen Omani Rial (OR). Die zweite Kategorie bietet eingeschränktere Geschäftsmöglichkeiten, erfordert aber ein geringeres Mindestkapital von 10 Millionen OR. Diese Differenzierung erlaubt Flexibilität, um sowohl größeren Playern als auch kleineren, spezialisierten Anbietern den Markteintritt zu erleichtern. Die endgültigen Kapitalanforderungen können vom Gouverneur des CBO angepasst werden, wodurch der Regulator auf Marktdynamiken reagieren kann.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anforderung an die Fintech-Erfahrung der Antragsteller. Bewerber müssen nachweisen, dass sie sowohl über technisches Know-how als auch über die finanziellen Ressourcen verfügen, um eine digitale Bank zu etablieren. Die Zentralbank stellt zudem hohe Anforderungen an das Personal: Führungskräfte, Vorstandsmitglieder und letztendliche Eigentümer müssen den sogenannten „fit and proper“-Tests entsprechen, die Kriterien wie Integrität, Kompetenz und Erfahrung umfassen. Dies verstärkt das Vertrauen in die neuen Akteure und schützt Verbraucher sowie das Finanzsystem vor Risiken. Für ausländische Banken ist es notwendig, die Zustimmung der Aufsichtsbehörde ihres Heimatlandes einzuholen und eine sogenannte „No Objection“, also eine Nicht-Einwendungserklärung für die gemeinsame Aufsicht durch die omanischen und heimischen Behörden zu erhalten.
Dadurch wird eine grenzübergreifende Überwachung sichergestellt, die insbesondere bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung von zentraler Bedeutung ist. Die explizite Ablehnung von sogenannten „Shell Banks“ unterstreicht zudem das Bestreben, Geldwäsche strikt zu verhindern und die Transparenz zu fördern. Ein physischer Standort in Oman wird für alle lizenzierte Digitalbanken verpflichtend vorgeschrieben. Lokale Gesellschaften müssen dort ihren Hauptgeschäftssitz unterhalten, während ausländische Zweigstellen ein registriertes Büro einrichten müssen. Diese Vorgaben sollen die Verbindung zur lokalen Wirtschaft und Gesellschaft festigen und zugleich eine effektive Überwachung durch die omanische Zentralbank ermöglichen.
Darüber hinaus müssen Digitalbanken umfassend geltende nationale Gesetze und Vorschriften einhalten. Dazu zählen insbesondere solche zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, wobei der regulatorische Rahmen auf vollständig digitalisierte Abläufe ausgelegt ist. Dies umfasst sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Financial Crimes frühzeitig erkannt und verhindert werden können. Der neue Rahmen umfasst zudem detaillierte Regeln zur Finanzverbraucherschutz, die für das Vertrauen der Kunden in digitale Angebote entscheidend sind. Banken müssen transparente Produkte und Dienstleistungen anbieten, faire Vertragsbedingungen gewährleisten und schnell auf Kundenanliegen reagieren.
Dabei sind auch Mechanismen zur Verhinderung von Betrugsversuchen und Missbrauch Teil der Verpflichtungen. Die Cybersicherheit und die operative Resilienz nehmen in der Regulierung einen hohen Stellenwert ein. Angesichts der zunehmenden Cyberbedrohungen sind Digitalbanken verpflichtet, ihre IT-Systeme gegen Angriffe zu schützen, robuste Wiederherstellungspläne zu implementieren und die Geschäftskontinuität zu gewährleisten. Nur so können sie langfristig Vertrauen bei den Nutzern schaffen und mögliche Schäden durch technische Störungen minimieren. Zudem regelt der Rahmen Aspekte wie digitales Onboarding, elektronische Kundenidentifizierung (e-KYC) und Outsourcing, inklusive der Nutzung von Cloud-Diensten.
Solche technologischen Prozesse sind grundlegend für die schnelle und sichere Kundenaufnahme und ermöglichen effiziente Abläufe, reduzieren Kosten und steigern die Skalierbarkeit der digitalen Geschäftsmodelle. Die Regulierung stellt sicher, dass diese Technologien verantwortungsvoll und unter Einhaltung aller rechtlichen Anforderungen eingesetzt werden. Die Einführung dieses regulatorischen Rahmens bringt vielfältige Chancen mit sich. Oman positioniert sich als innovationsfreundlicher Standort, der Fintech-Unternehmen und digitalen Banken attraktive Bedingungen bietet. Durch die klare und transparente Gesetzgebung wird ein Umfeld geschaffen, das auch für Investoren und strategische Partner Sicherheit bietet.
Die Förderung von Digitalbanken kann die finanzielle Inklusion im Land stärken, vor allem für Bevölkerungsgruppen, die bislang schlechter an traditionelle Bankdienstleistungen angebunden sind. Gleichzeitig stellt die Regulierung eine umfangreiche Herausforderung dar. Die strengen Anforderungen an Kapital, Erfahrung, Governance und Compliance setzen hohe Standards. Nur Unternehmen mit ausreichenden Ressourcen und Leistungsfähigkeit werden auf dem Markt erfolgreich sein können. Auch für die Zentralbank selbst bedeutet die Überwachung und Durchsetzung der neuen Regeln eine anspruchsvolle Aufgabe, die passende Expertise und Ressourcen erfordert.