Die Energieinfrastruktur Europas steht vor bedeutenden Herausforderungen und Chancen zugleich. Angesichts der sich wandelnden globalen Energiemärkte, des steigenden Anteils erneuerbarer Energien und der dringend nötigen Dekarbonisierung kommt der Vernetzung von Stromnetzen zwischen den europäischen Staaten eine zentrale Rolle zu. Ein herausragendes Beispiel dafür ist das Bay of Biscay Elektrizitätsverbindungsprojekt, das die Stromkapazität zwischen Spanien und Frankreich maßgeblich erhöhen wird. Die Europäische Investitionsbank (EIB) hat jüngst eine Finanzierungszusage über 1 Milliarde US-Dollar gegeben, womit sich das Projekt erheblich beschleunigt und realisierbarer wird. Dieses Engagement unterstreicht die strategische Bedeutung grenzüberschreitender Infrastrukturen für Europas Energiesicherheit und nachhaltige Entwicklung.
Die Bay of Biscay Interconnection, ein vom europäischen Parlament als Projekt von gemeinsamem Interesse (PCI) eingestuftes Vorhaben, wird von der Firma Inelfe umgesetzt. Diese Gesellschaft ist ein Joint Venture der spanischen Red Eléctrica und der französischen Réseau Transport d’Électricité, den wichtigsten Übertragungsnetzbetreibern beider Länder. Ziel ist der Bau einer Hochspannungsgleichstrom-Übertragungsleitung (HGÜ), die unter dem Golf von Biskaya verlaufen wird. Die Verbindung bildet eine innovative Schnittstelle zwischen zwei Wechselstromnetzen und wird durch Umrichterstationen in Cubnezais (Frankreich) und Gatika (Spanien) realisiert, die den Gleichstrom wieder in Wechselstrom zurückwandeln, um die Netzintegration zu gewährleisten. Der enorme Nutzen des Bay of Biscay Projekts liegt in der Fastverdopplung der elektrischen Austauschkapazität zwischen Spanien und Frankreich auf bis zu 5 Gigawatt (GW).
Damit wird nicht nur die Energieversorgung flexibler und widerstandsfähiger, sondern auch die Integration erneuerbarer Energiequellen aus der Iberischen Halbinsel in den größeren europäischen Strommarkt gestärkt. Spanien, das zunehmend auf Solar- und Windenergie setzt, profitiert von der Möglichkeit, überschüssigen Strom schnell und effizient nach Frankreich zu exportieren. Gleichzeitig hilft die verstärkte Vernetzung, Lastspitzen auszugleichen und Engpässe zu vermeiden, die in derzeit getrennten Netzen häufig auftreten. Die Finanzierungsstruktur dieses Leuchtturmprojekts ist bemerkenswert. Die EIB hat erste Kredite über rund 1,2 Milliarden Euro bereitgestellt, was ungefähr 1 Milliarde US-Dollar entspricht.
Diese Investition wird durch eine ergänzende EU-Förderung von 578 Millionen Euro im Rahmen des Connecting Europe Facility Programms ergänzt, das die Vernetzung europäischer Energieinfrastrukturen gezielt vorantreibt. Diese Kombination aus Bankfinanzierung und Subventionen verdeutlicht die hohe Priorität, die die EU der Vollendung ihres internen Energiemarktes zumisst. Das Projekt integriert sich zudem in eine breite Palette weiterer Infrastrukturmaßnahmen auf der Iberischen Halbinsel. Unter anderem fließen parallel Investitionen in verbesserte Stromverbundleitungen wie die Baixas-Santa Llogaia Verbindung und Ausbauten der Argia-Hernani Anlage. Diese Initiativen zielen gemeinsam darauf ab, die bisher isoliert agierende iberische Stromwirtschaft enger an die zentraleuropäischen Märkte anzubinden, um den Energietransfer und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.
Die Baustellen für die Verbindungsleitung sind bereits eröffnet, und die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2028 avisiert. Bis dahin entstehen nicht nur technische Anlagen, sondern es wird auch eine Vielzahl an Arbeitsplätzen geschaffen und lokale Wirtschaftsräume profitieren von der Wertschöpfung. Die maritime Verlegung der Seekabel stellt allein schon ein komplexes ingenieurtechnisches Unterfangen dar, das modernste Technologien und sorgfältige Umweltverträglichkeit erfordert. Neben dem wirtschaftlichen Aspekt liegen die größten Vorteile der Bay of Biscay Interconnection in den ökologischen und energiepolitischen Wirkungen. Durch die verbesserte Netzintegration wird erwartet, dass die CO2-Emissionen um bis zu 600.
000 Tonnen jährlich reduziert werden können – ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der EU-Klimaziele und zum Kampf gegen den Klimawandel. Die Möglichkeit, erneuerbare Energien effizienter auszutauschen und zu verteilen, trägt maßgeblich zur Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung bei. Darüber hinaus ist das Projekt Teil eines umfassenderen strategischen Plans der Europäischen Union, der vorsieht, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 15 Prozent der installierten Erzeugungskapazität eines jeden Mitgliedsstaats grenzüberschreitend verbunden sein sollen. Diese Zielsetzung fördert die Versorgungssicherheit, senkt die Energiepreise durch den Wettbewerb und macht Europa unabhängiger von fossilen Importen. Aus Sicht der EIB steht das Engagement für die Bay of Biscay Stromverbindung exemplarisch für die Rolle der Bank als Motor der europäischen Energiestrategie.
Die EIB versteht sich als Hebel für nachhaltige Investitionen, die ein klimafreundliches, innovatives und konkurrenzfähiges Energieangebot ermöglichen. Das Projekt demonstriert, wie öffentlich-private Partnerschaften und gezielte Finanzierungen technologischen Fortschritt und grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbinden. Insgesamt markiert das Bay of Biscay Elektrizitätsinterconnexion-Projekt einen bedeutenden Schritt in der europäischen Energiewende. Es steht für mehr als eine technische Verbindung zwischen zwei Ländern – es symbolisiert den stetigen Prozess der europäischen Integration, der Aufbau resilienter Netze und die Entfaltung eines nachhaltigen Energiemarktes, der den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird.
Die Unterstützung der EIB und der EU stellt sicher, dass diese wichtige Infrastruktur schnell, effizient und umweltbewusst entsteht und langfristig zum Ausbau eines starken, grünen Europas beiträgt.