Kalifornien steht erneut vor einer massiven finanziellen Herausforderung: Gouverneur Gavin Newsom präsentierte am 14. Mai 2025 den Entwurf für den Staatshaushalt 2025-2026, mit einem prognostizierten Defizit von 12 Milliarden US-Dollar. Die Hintergründe für dieses Defizit sind vielfältig, reichen von unerwartet hohen Medicaid-Kosten bis hin zu wirtschaftlichen Unsicherheiten, die durch bundespolitische Maßnahmen und globale Marktvolatilitäten verschärft werden. Besonders kontrovers diskutiert wird dabei Newsoms Plan, die Einschreibung von nicht legal im Bundesstaat lebenden Migranten in staatlich finanzierte Gesundheitsprogramme einzufrieren. Die finanzielle Lage Kaliforniens ist eng mit der Abhängigkeit von Kapitalgewinnen als Einnahmequelle verbunden.
Seit einigen Jahren spielen Steuern auf Kapitalerträge eine entscheidende Rolle für die Staatseinnahmen, die jedoch zunehmend schwanken, insbesondere durch die Auswirkungen von bundesweiten Tarifen und einem instabilen Aktienmarkt. Gouverneur Newsom machte in seiner Pressekonferenz deutlich, dass die wirtschaftspolitischen Entscheidungen auf Bundesebene, speziell jene unter der Präsidentschaft von Donald Trump, die Einnahmen aus diesen Quellen erheblich gefährden könnten. Laut Newsom könnten die Bundesmaßnahmen die kalifornischen Staatseinnahmen in den kommenden Jahren um bis zu 16 Milliarden US-Dollar reduzieren. Die Kritik an der Bundesregierung spiegelt sich jedoch nicht nur in der Analyse der Finanzlage wider – sie hat auch politische Resonanz. Newsom bezog sich bei seiner Darstellung der Krise mehrfach auf die wirtschaftliche Ausrichtung auf nationaler Ebene und warf der Trump-Regierung vor, bedeutende Wachstumsmotoren Kaliforniens zu beschädigen.
Dieser Fokus auf äußere Faktoren stieß bei Oppositionspolitikern, wie dem Republikanischen Fraktionsführer James Gallagher, auf scharfe Gegenwehr. Gallagher kritisierte Newsom für das „Schuldzuweisen“ und warf ihm verantwortungslos hohes Staatsausgabeverhalten und Versagen in der Führung vor. Diese Auseinandersetzungen verdeutlichen die tiefen politischen Gräben, die Kalifornien inmitten seiner Haushaltskrise durchzieht. Ein besonders umstrittener Punkt in Newsoms Budgetplan ist die Aussetzung der Aufnahme neuer Erwachsener ohne legalen Aufenthaltsstatus in das staatliche Medi-Cal-Programm, Kaliforniens Variante von Medicaid. Dieses Programm gewährt bisher allen armutsbetroffenen Erwachsenen im Bundesstaat Zugang zu kostenloser oder vergünstigter Gesundheitsversorgung, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.
Die Einführung dieser großzügigen Leistung im vorherigen Jahr galt als bedeutender Schritt zu einer universellen Gesundheitsversorgung in Kalifornien. Doch die Ausgaben überstiegen die Erwartungen um etwa 2,7 Milliarden Dollar, was den Haushalt erheblich belastet. Unter dem neuen Plan wird ab 2026 die Anmeldung von neueren nicht legalen Einwanderern für Medi-Cal eingefroren. Bestehende Patientinnen und Patienten sollen jedoch weiterhin versorgt werden, und Kinder sind von den Kürzungen nicht betroffen. Darüber hinaus plant Newsom, ab 2027 eine monatliche Prämie von 100 US-Dollar für Erwachsene mit „nicht zufriedenstellendem“ Aufenthaltsstatus einzuführen – eine Maßnahme, die er damit begründet, dass „Menschen einen Eigenbeitrag leisten sollten“.
Diese Prämie orientiert sich an den Kosten für Subventionen im kalifornischen Gesundheitsmarktplatz, die im Vergleich zu den meisten Medi-Cal-Nutzern eine Neuerung darstellen. Die vorgeschlagene finanziellen Einsparungen durch diese Maßnahmen werden auf rund 5,4 Milliarden US-Dollar bis zum Fiskaljahr 2028-2029 geschätzt. Gleichzeitig sieht sich Kalifornien gezwungen, weitere Mittel zu leihen und Budgetlücken zu schließen, verursacht durch steigende Kosten in der Pharmazie sowie eine wachsende Zahl älterer Versicherter. Die Reaktionen aus der politischen und zivilgesellschaftlichen Landschaft Kaliforniens sind gespalten. Demokratische Vertreter wie Senator Dave Cortese lehnen die Kürzungen entschieden ab und betonen, dass Kalifornien seinen Verpflichtungen gegenüber armen, älteren und behinderten Menschen trotz der politischen Herausforderungen auf Bundesebene weiterhin nachkommen werde.
Die Haltung unterstreicht die innerstaatlichen Konflikte zwischen wirtschaftlicher Sparsamkeit und sozialen Verpflichtungen. Auch Organisationen, die sich für Immigrantenrechte einsetzen, zeigen sich enttäuscht und besorgt. Masih Fouladi vom California Immigrant Policy Center bezeichnete den Vorschlag als nicht mit den Werten Kaliforniens vereinbar. Die Diskussion um die Aussetzung der Gesundheitsleistungen für illegale Migranten offenbart die schwierige Lage des Bundesstaates zwischen einer progressiven Vision für soziale Gerechtigkeit und den realen Zwängen des öffentlichen Haushalts. Die Gesundheitsversorgung für mehr als 1,6 Millionen Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Kalifornien ist ein bundesweit einmaliges Modell und Teil eines größeren Projekts, das Gesundheit als universelles Recht begreift.
Dennoch zeigt die Haushaltskrise, wie anfällig dieses System bei wirtschaftlichen Problemen geworden ist und welche Kompromisse die kalifornische Regierung bereit ist einzugehen. Im Kontext der bundesweiten politischen Debatten zur Einwanderungspolitik ist das kalifornische Vorgehen von Bedeutung: Fast die Hälfte der US-Amerikaner unterstützt laut einer AP-NORC-Umfrage vom April 2025 die härtere Linie gegenüber Einwanderern, was den politischen Druck weiter erhöht. Gleichzeitig stehen Kaliforniens Entscheidungen im Spannungsfeld zwischen den Erwartungen der eigenen Bevölkerung, der Wirtschaft und staatlichen Vorgaben aus Washington D.C. Nicht zuletzt spiegelt sich in Newsoms Budgetplanung auch sein politischer Strategiewechsel wider.
Der Gouverneur versucht, sich als zentristischer Pragmatiker zu positionieren, der trotz liberaler Wurzeln bereit ist, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen, um den Staatshaushalt zu stabilisieren. Dies könnte für Newsom wichtig sein, wenn er tatsächlich seine politische Karriere über Kalifornien hinaus fortsetzen will, etwa mit einer möglichen Präsidentschaftskandidatur. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, da der Haushalt bis Ende Juni final beschlossen werden muss. Sowohl die Verhandlungen im kalifornischen Parlament als auch die öffentliche Debatte dürften intensiv bleiben. Dabei bleibt die Frage, wie Kalifornien den Spagat zwischen wirtschaftlicher Leistungskraft, sozialer Verantwortung und politischen Realitäten meistern wird.