Der Offshore-Sektor steht am Beginn einer technologischen Revolution, die nachhaltige Energiequellen fest in den Mittelpunkt des zukünftigen Arbeitens rückt. Das Unternehmen Allseas, ein weltweit bekanntes Offshore-Unternehmen, hat einen ambitionierten Fünfjahresplan vorgestellt, der auf den Einsatz kleiner modularer Reaktoren (SMRs) im Offshore- und Onshore-Bereich abzielt. Diese innovativen Kernenergieanlagen sind auf eine Leistung von etwa 25 Megawatt elektrische Leistung (MWe) ausgelegt und richten sich speziell an die Bedürfnisse und Herausforderungen der maritimen Industrie. Mit diesem Schritt zeigt Allseas, wie zukunftsorientierte Unternehmen auf alternative Energiequellen setzen, um Emissionen zu reduzieren und langfristig nachhaltige Lösungen zu etablieren. Die Kernidee ist, hochtemperatur-Gasgekühlte Reaktoren (HTGR) einzusetzen, die als besonders sicher und umweltfreundlich gelten.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Kernreaktoren bieten diese sogenannten vierten Generation Reaktoren eine passive Sicherheit, was bedeutet, dass sie sich selbst regulieren und im Falle eines Ausfalls automatisch herunterfahren, ohne dass externe Eingriffe nötig sind. Diese Technologie arbeitet nicht mit Verbrennung und erzeugt somit keinerlei direkte Emissionen – ein entscheidender Vorteil für die maritime Branche, die sich zunehmend dem Ziel der Dekarbonisierung verpflichtet. Stephanie Heerema, Projektmanagerin bei Allseas für den Bereich Kernenergie, hebt hervor, dass das Unternehmen eine Produktion dieser SMRs bis zum Jahr 2030 anstrebt. Zu Beginn wird die Technologie voraussichtlich zunächst an Land eingeführt, da die Offshore-Regulationsrahmen noch abgestimmt werden müssen. Anschließend sollen die Reaktoren auf eigenen Schiffen und schrittweise auch branchenweit Anwendung finden.
Dieses Vorgehen stimmt mit den Nachhaltigkeitszielen von Allseas überein, die eine Reduktion der CO2-Emissionen um 30 Prozent bis 2030 und Net-Zero-Betrieb bis 2050 vorsehen. Die Umweltbilanz solcher Anlagen ist beeindruckend, da die Hochtemperaturgasreaktoren eine saubere Energiequelle darstellen, die vor allem bei schwer zugänglichen und energieintensiven Offshore-Operationen eine stabile und verlässliche Stromversorgung sicherstellt. Die Entwicklung des SMR-Projekts durch Allseas folgt einem klaren Fahrplan. Innerhalb der ersten zwölf Monate werden die Designstudien für Onshore- und Offshore-Anwendungen abgeschlossen. Darauf aufbauend erfolgt die prototypische Entwicklung und die vorbereitende Lizenzierung in enger Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Regulierungsbehörden.
Zu den Partnern gehören unter anderem die niederländische Behörde für nukleare Sicherheit, die Internationale Atomenergiebehörde, sowie Klassifikationsgesellschaften wie Lloyd’s Register. Wissenschaftliche und technologische Enge Zusammenarbeit besteht mit Forschungsinstituten wie der niederländischen Organisation für angewandte wissenschaftliche Forschung (TNO) und der Technischen Universität Delft, die seit vielen Jahren an sicherheitsorientierten Mikroreaktoren arbeiten, die auf der HTR-Technologie basieren. Auch das Unternehmen NRG PALLAS bringt sein Know-how in Kernbrennstoff und Sicherheitsnachweise ein. Die Wahl der TRISO-Brennelemente stellt dabei einen technologischen Meilenstein dar. Diese minikleinen Brennstoffpartikel sind mit keramischen Schichten umgeben, die selbst unter extremen Bedingungen alle radioaktiven Spaltprodukte sicher einschließen können.
Diese robuste Konstruktion ermöglicht es den Reaktoren, sich selbst zu kühlen und die Temperatur unter kritischen Werten zu halten, wodurch Unfälle effektiv verhindert werden. Auch der Aspekt der Abfallbehandlung spielt bei Allseas eine bedeutende Rolle: Die Firma erforscht Kreislaufansätze, die unter anderem die Wiederverwendung von Graphit und die Wiederaufbereitung von verbrauchtem TRISO-Brennstoff einschließen. Somit wird die Umweltbelastung über den gesamten Lebenszyklus der SMRs minimiert und ein nachhaltiges Kernenergiekonzept verfolgt. Die Relevanz dieses Projekts für die maritime Industrie kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Die Schifffahrt trägt aktuell etwa drei Prozent zu den globalen CO2-Emissionen bei.
Bisher dominieren alternative Treibstoffe wie Wasserstoff, Methanol oder Ammoniak die Diskussion um emissionsfreie Seeverkehrstechnologien. Allerdings weisen diese Brennstoffe besonders bei der Verfügbarkeit, Skalierbarkeit und Kostenbilanz oft Nachteile auf – insbesondere in soviel kritischen Gebieten wie der Offshore-Industrie, die energieintensive und häufig abgelegene Einsatzorte bedienen muss. Im Gegensatz dazu überzeugt die Kernenergie durch ihre hohe Energiedichte, zuverlässige Leistungsabgabe und das Fehlen direkter Emissionen. Aus Sicht von Lloyd’s Register unterstreicht deren Direktor für Power-to-X-Technologien, Mark Tipping, dass Kernenergie eine entscheidende Rolle bei der Energiewende in der Schifffahrt einnehmen kann, ohne dabei eine Leistungseinbuße in Kauf nehmen zu müssen. Auch Maarten Tossings von TNO hebt die strategische Bedeutung der Technologie hervor, die nicht nur ökologische Ziele unterstützt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der niederländischen und europäischen Industrie langfristig stärken kann.
KVNR, der Verband der niederländischen Reeder, sieht darin eine Chance, den globalen Markt für emissionsfreie Schifffahrt mit anzuführen und die energiepolitische Unabhängigkeit Europas zu verbessern. Allseas setzt mit ihrer über 40-jährigen Erfahrung in der Offshore-Energiebranche auf einen mutigen Neuanfang, bei dem bestehendes Ingenieurswissen mit erstklassiger Kerntechnik kombiniert wird. Dabei steht die Entwicklung von Hochleistungsenergiesystemen im Fokus, die sowohl auf hoher See als auch an Land nachhaltige Energie bereitstellen. Durch die Nutzung von kleinen, modularen Reaktoren wird eine neue Generation von Schiffen und Offshore-Plattformen ermöglicht, die sich durch emissionsfreie und stabile Energieversorgung auszeichnen. Das Potenzial der SMRs, die von Allseas angestrebte maritime Dekarbonisierungswelle mitzutragen, ist enorm.
Diese Technologie könnte nicht nur die Industrie grundlegend verändern, sondern auch den Weg für weitere Innovationen im Bereich sauberer Energielösungen ebnen. Im Vergleich zu den derzeitigen Energiealternativen bieten kleine modulare Kernreaktoren eine nachhaltige, zuverlässige und skalierbare Alternative, die gerade für anspruchsvolle Offshore-Missionen unverzichtbar erscheint. Zusammenfassend zeigt der Vorstoß von Allseas, wie tiefgreifend und weitreichend das Thema Kernenergie in der maritimen Zukunft sein wird. Von der Entwicklung über den Prototypenbau bis zur Markteinführung wird das Unternehmen mit einem gut strukturierten Plan alle relevanten Partner einbinden und regulatorische sowie technische Herausforderungen meistern. Der Fokus liegt dabei stets auf maximaler Sicherheit, ökologischer Verantwortung und Innovationskraft.
Die Kombination von traditioneller Offshore-Expertise mit modernster kerntechnischer Forschung macht Allseas zu einem Vorreiter in der Umsetzung von sauberer Energie auf See und an Land – ein entscheidender Schritt für eine grünere und nachhaltigere Schifffahrts- und Offshoreindustrie.