Die Bedeutung eines klaren und verständlichen Versionssystems in der Softwareentwicklung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Entwickler und Teams weltweit sind auf eine präzise und eindeutige Kommunikation über Änderungen und Kompatibilitäten angewiesen. SemVer, kurz für Semantic Versioning, hat sich über die Jahre als wichtiger Standard etabliert, um Versionsnummern von Softwarepaketen zu vergeben und damit die Natur von Änderungen nachvollziehbar darzustellen. Doch trotz seiner umfassenden Verbreitung gibt es immer wieder Missverständnisse und Fehlanwendungen, die zu einer Verwirrung in der Entwicklergemeinschaft führen. Aus diesem Grund wurde kürzlich der Vorschlag für eine Version 2.
0.1 von SemVer mit der Einführung von BREAKING.ADDING.FIXING diskutiert – ein Ansatz, der die Benennung der Versionsnummern nach ihrer funktionalen Bedeutung und Auswirkungen auf die Nutzer verändern will. Die Problematik des aktuellen SemVer-Systems liegt vor allem in der semantischen Interpretation der drei Ziffern, die eine Version ausmachen: MAJOR, MINOR und PATCH.
Normalerweise signalisiert die Major-Version eine inkompatible Änderung, die Minor-Version neue Features, und die Patch-Version Fehlerbehebungen. Allerdings haben viele Entwickler Schwierigkeiten, diese Kategorien korrekt anzuwenden oder vollständig zu verstehen. Häufig werden wichtige API-Breaking-Änderungen nicht als Major-Update gezählt, was folgenschwere Folgen für abhängige Projekte mit sich zieht. Die bestehenden Bezeichnungen wirken teilweise zu abstrakt oder werden mit einer gewissen Bedeutung von Wichtigkeit statt Veränderungsart aufgenommen, was das Risiko eines Fehlers erhöht. Der Vorschlag des Nutzers Incognito im offiziellen GitHub-Repository für SemVer besagt, dass die Ziffern stattdessen nach funktionaleren und leichter verständlichen Bezeichnungen benannt werden sollen: BREAKING, ADDING und FIXING.
Diese Bezeichnungen sind auf die Auswirkungen der Änderungen auf die Nutzer der Software ausgerichtet. BREAKING steht demnach für Änderungen, die eine Kompatibilität brechen oder bestehende Nutzer zum Anpassen zwingen. ADDING steht für Erweiterungen und neue Funktionen, die allerdings abwärtskompatibel bleiben. FIXING bezeichnet Korrekturen und Bugfixes, die keine neuen Features hinzufügen oder bestehende Schnittstellen verändern. Dieser leicht verständliche Ansatz spricht die Entwickler direkt an und bietet eine klarere Kategorisierung bei der Entscheidung, welche Versionsnummer zu erhöhen ist.
Die neue Nomenklatur soll also nicht nur Missverständnisse vermeiden, sondern auch die Bereitschaft erhöhen, korrekte Versionsnummern zu vergeben. So wird der Begriff BREAKING ganz konkret mit der Konsequenz für den Nutzer verbunden und nicht mehr nur als „Major“ interpretierbar, was mehr Raum für Fehlinterpretationen lässt. Neben der Verbesserung der Dokumentation schlägt die Diskussion auch vor, den Fokus stärker aus der Perspektive der Nutzer von Softwarepaketen zu betrachten. Denn Entwickler, die Pakete aktualisieren, möchten vor allem wissen, welche Auswirkungen eine neue Version auf ihren bestehenden Code hat. Ist ein Update risikoreich oder sicher? Muss ich Anpassungen vornehmen? Diese Informationen sollten durch die Versionsnummer systematisch und intuitiv vermittelt werden.
Die Begriffe BREAKING, ADDING und FIXING beantworten diese Fragen klar und direkt. Eine weitere interessante Anregung innerhalb der Diskussion bezieht sich auf den Umgang mit sogenannten deprecations – also Funktionen oder APIs, die als veraltet gekennzeichnet, aber noch nicht entfernt wurden. Im aktuellen SemVer-Standard führen solche Änderungen üblicherweise zu einer Minor-Version. Allerdings ist auch hier die Einordnung nicht immer eindeutig. Manche Entwickler verstehen die Einführung einer veralteten Funktion als Erweiterung, andere eher als Warnung vor bevorstehenden brechenden Änderungen.
Im vorgeschlagenen neuen Schema könnte der Begriff ADDING bei Deprecations weiterhin passen, da diese oft begleitet werden von neu hinzugefügten Alternativen. Das Konzept BRREAKING käme erst bei tatsächlichem Entfernen der API zum Einsatz, was den Weg für einen klareren Upgrade-Pfad erleichtert. Diese graduelle Abstufung erleichtert das Verständnis und verringert das Risiko von unüberlegten oder vorzeitigen Aktualisierungen. Ein weiterer Vorteil der Neubenennung ist die praktische Auswirkung auf das Upstream-Downstream-Verhältnis in komplexen Software-Ökosystemen. Entwickler von Abhängigkeiten wissen meist genau, ob ein Update Anpassungen in ihrem eigenen Projekt erfordert.
Die Begriffe BREAKING, ADDING und FIXING geben klare Hinweise zum Upgrade-Aufwand und zur Priorität. Dadurch wird die Integration von neuen Versionen transparenter und vermeidet Überraschungen bei inkompatiblen Änderungen. Die Vorschläge zur Umbenennung werden als vollständig rückwärtskompatibel angesehen, da sie das bestehende Semantic Versioning nicht tiefgreifend verändern, sondern nur die Dokumentation und Benennung neu ausrichten. Es handelt sich eher um eine Verbesserung der Kommunikation und Benutzerfreundlichkeit als um eine Änderung der Regeln selbst. Das macht die Annahme im Ökosystem wahrscheinlich, da Entwickler und Unternehmen keine Umstellung in den Build- und Deployment-Prozessen riskieren müssten.
Natürlich gibt es auch kritische Stimmen in der Diskussion. Einige Entwickler weisen darauf hin, dass die Einführung neuer Begriffe Herausforderungen mit sich bringt, besonders in Bezug auf die umfassende Abdeckung aller denkbaren Änderungstypen. Manche argumentieren, dass komplexere Fälle, wie interne Verbesserungen ohne Schnittstellenänderung oder Dokumentationspflegemaßnahmen, nicht immer eindeutig in ADDING oder FIXING einzuordnen sind. Zudem könnte die Umstellung neue Fragen hervorrufen, wie zum Beispiel die Frage eines angemessenen Umgangs mit Änderungen, die zwar intern bedeutend sind, aber keine Auswirkungen nach außen zeigen. Trotz dieser Bedenken steht außer Frage, dass eine verständlichere und klarere Versionierung langfristig vielen Entwicklern den Umgang mit Software-Updates erleichtern kann.
Die Verwendung von Begriffen, die direkt vermitteln, was ein Update für den Nutzer bedeutet, könnte den Verbreitungsgrad korrekter Versionserhöhung verbessern und damit Stabilität in Software-Ökosystemen stärken. Die Diskussion um BREAKING.ADDING.FIXING zeigt zudem auf, wie wichtig es ist, sich kontinuierlich mit etablierten Standards auseinanderzusetzen und sie an aktuelle Bedürfnisse anzupassen. Softwareentwicklung entwickelt sich schnell, und Nutzer erwarten klar definierte Richtlinien, die sowohl die Komplexität moderner Software als auch die Anforderungen unterschiedlicher Benutzergruppen berücksichtigen.
Ein Versionssystem, das leichter verständlich und nutzerorientiert ist, wird diesen Ansprüchen besser gerecht. Abschließend lässt sich sagen, dass der Vorschlag für eine SemVer Version 2.0.1 mit BREAKING.ADDING.
FIXING ein vielversprechender Schritt in Richtung eines transparenteren und benutzerfreundlicheren Versionsmanagements ist. Indem Entwickler direkt angesprochen und die Auswirkungen ihrer Änderungen klar kommuniziert werden, kann das Risiko von Fehlern signifikant reduziert werden. Dies kommt nicht nur einzelnen Projekten zugute, sondern fördert die Stabilität und das Vertrauen im gesamten Software-Ökosystem. Der Weg zu einer möglichen Umsetzung wird davon abhängen, wie die Community auf den Vorschlag reagiert und inwieweit die bestehenden Tools und Praktiken anpassbar sind. Gleichwohl steht fest, dass ein Versionssystem, das die reale Nutzung und Auswirkungen von Änderungen ins Zentrum stellt, ein großer Fortschritt für die Softwareentwicklung wäre.
Entwickler, Maintainer und Nutzer sollten Dranbleiben und die Diskussion aufmerksam verfolgen, denn die Zukunft der Softwareversionierung könnte schon bald ein Stück klarer, verständlicher und verlässlicher sein.