Sanskrit, eine der ältesten Sprachen der Welt, trägt mehr als nur Worte in sich – es ist ein lebendiges Zeugnis einer jahrtausendealten Kultur und ein Werkzeug, das Verbindungen zu den tiefsten Wurzeln unserer Geschichte freilegt. Für mich begann die Reise mit Sanskrit in dem Bedürfnis, einen Zugang zu verloren geglaubten Ursprüngen zu finden. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie sehr diese Sprache mein Verständnis von Geschichte, Kultur und Sprache selbst beeinflussen würde. Die Suche führte mich nicht nur zu einer sprachlichen Erkenntnis, sondern auch zu einer tieferen Wertschätzung der Kontinuität menschlichen Wissens und Kulturerbes. Als ich ungefähr siebenundzwanzig Jahre alt war und ein privater Schüler an der Universität Oxford wurde, kannte ich kaum etwas über die gemeinsamen Ursprünge der indoeuropäischen Sprachen.
Ich war fasziniert zu entdecken, dass Wörter aus der Sanskrit-Sprache wie ãrya verwandt sind mit dem avestischen airya, dem heutigen Iran und sogar dem gälischen Eire. Diese linguistische Verwandtschaft über Kontinente hinweg offenbarte mir ein Bild von menschlicher Geschichte, das viel größer und vernetzter war, als ich es mir zuvor vorstellen konnte. Die Verbindung von Sprachwurzeln – ein Konzept, das ich damals kaum kannte – erwies sich als Schlüssel zum Verständnis unserer gemeinsamen Vergangenheit. Die Grammatik des Sanskrit stellte sich als außerordentlich komplex heraus. Mit drei Geschlechtern, drei Numeri und acht Fällen für jedes Substantiv, sowie zahlreichen Klassen von Verben, jeder mit verschiedenen Personen und Modi, war das Erlernen der Sprache eine Herausforderung.
Doch gerade diese Komplexität offenbarte gleichzeitig die Präzision und den strukturellen Reichtum dieser uralten Sprache. Jede Form, jede Wortendung war durchdacht und vermittelte eine Verbindung zwischen Form und Bedeutung, die sprachliche Schönheit und Funktionalität vereinte. Was mich besonders faszinierte, waren die vielschichtigen Bedeutungen von Wörtern, die nicht nur direkte Übersetzungen boten, sondern auch kulturelle und philosophische Konzepte enthielten. Zum Beispiel das Wort „kāla“, das nicht nur Zeit bezeichnet, sondern eng mit dem Tod verbunden ist – eine Erinnerung daran, dass Zeit durch Zählen und Berechnung wahrgenommen wird und am Ende unweigerlich zum Ende führt. Solche Einsichten waren für mich mehr als nur linguistische Spielereien; sie gaben Einblick in die Denkweise einer Zivilisation, die ihre Sprache als Ausdruck ihres Weltbildes verstand.
Trotz all dieser Begeisterung stellte ein erfahrener Verleger mir die entscheidende Frage: Was genau ist die Bedeutung dieser Aufregung über alte Wurzeln? Was gibt uns dieses Wissen? Diese Frage führte mich zu einer Reflexion über den Wert kultureller Verwurzelung, besonders in einer Zeit und an einem Ort, an dem viele von uns sich entfremdet fühlen. Mein Aufwachsen in einem entwurzelten Haushalt in Indien war geprägt von einer Diskontinuität. Zwischen den Generationen gab es eine kulturelle und sprachliche Kluft, insbesondere durch den Einfluss englischer Bildung, die Sprach- und Kulturbrücken zerstörte. Die Verbindung zum kulturellen Erbe war geschwächt, der literarische Reichtum Indiens erschien unzugänglich. Besonders die Sprache Sanskrit litt hierunter: Sie wurde vielfach verspottet, ihre historischen literarischen Leistungen kaum geschätzt.
Dies bedeutete, dass ich als indischer Schriftsteller kaum Zugang zur tiefverwurzelten kulturellen Vergangenheit hatte, die mir als Grundlage für meine eigene literarische Arbeit hätte dienen können. Das Konzept des historischen Bewusstseins, wie es T.S. Eliot beschrieben hat, also das Bewusstsein, dass Vergangenheit und Gegenwart simultan existent sind und sich gegenseitig beeinflussen, war für mich anfangs fremd. Ich besaß nur eine begrenzte literarische Fundierung, die vor allem aus englischen Romanen und einigen Versen in Urdu bestand.
Sanskrit eröffnete mir jedoch eine neue Perspektive auf kulturelle und sprachliche Kontinuität. Das Verständnis der Sprache und ihrer Wurzeln bedeutete, dass ich ein Stück verborgener Geschichte zum Leben erwecken konnte. Die Ablehnung von Sanskrit in meiner Umgebung war tief verwurzelt. Sanskrit galt als überholt, mit seiner Nähe zu liturgischen Praktiken oft als langweilig oder peinlich. Doch für mich wurde Sanskrit zu einem mächtigen Mittel, das verborgene kulturelle Erbe sichtbar zu machen und zu würdigen.
Namen, die mir einst abwertend erschienen, entfalteten plötzlich ihre Bedeutung und Schönheit, als ich ihre sprachlichen Ursprünge erkannte und die Geschichten, die sie erzählten. Die Sprache befreite mich von einer Entwurzelung und gab mir das Gefühl, Teil einer langen kulturellen Linie zu sein. Darüber hinaus zeigte mir Sanskrit, wie Sprache sich durch Zeit und Regionen entwickelt hat. Die Verwandtschaft zwischen Wörtern aus Sanskrit, Latein, Altgriechisch, Gälisch oder sogar Altenglisch öffnete mir die Augen für die gemeinsame Menschheitsgeschichte. Die Erkenntnis, dass Shakespeare’s „weird sisters“ in Macbeth eine Bedeutung haben könnten, die eng mit alten Wurzeln der Sprache verbunden sind, brachte eine Tiefe in die Literaturinterpretation, die mir zuvor verborgen geblieben war.
Sanskrit ist nicht nur eine Sprache mit historischer Bedeutung, sondern ein lebendiger Teil der kulturellen DNA Indiens. Das schwierige und hochkomplexe System der Grammatik und die detaillierte Analyse der Worte spiegeln eine Kultur wider, die sich intensiv mit Sprache beschäftigt hat. Für mich wurde Sanskrit zum Symbol eines verlorenen kulturellen Genies, das dennoch unzerstörbar in der Sprache bewahrt ist. Es ist eine Einladung, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, um die Gegenwart zu verstehen und eine Brücke in die Zukunft zu schlagen. Diese tiefgehende Verbindung zu den Wurzeln meiner Kultur und Sprache hat meine Wahrnehmung der Welt verändert.