Im Jahr 1993 sorgte der legendäre Musiker Prince für Aufsehen, als er seinen Namen in ein untypbares Symbol änderte, das heute als „The Love Symbol“ bekannt ist. Dieser Schritt war weder willkürlich noch rein künstlerisch motiviert, sondern eine klare Reaktion auf die damaligen Vertragsstreitigkeiten mit seinem Plattenlabel Warner Bros. Durch die Einführung eines Namens, der keinem Alphabet entsprach und auch nicht ausgesprochen werden konnte, stellte Prince nicht nur seine Vertragspartner, sondern auch die Presse, Medien und die gesamte Musikindustrie vor erhebliche Herausforderungen. Die Welt war überfordert, wie man über einen Star mit einem untypbaren Namen schreiben oder sprechen sollte. Zeitungsredakteure, Journalisten, Layoutdesigner und Verlage standen vor einem Problem, das bis dahin kaum ein Künstler provoziert hatte: Wie setzt man eine einzigartige künstlerische Identität technisch um, wenn das eigene Namenszeichen nicht auf der Tastatur zu finden ist? Die Antwort, die Prince gab, war ebenso kreativ wie seine Musik: Er ließ eigens einen Schriftfont entwerfen, der sein Symbol in der Form eines Buchstabens ersetzte.
Dieser Font wurde Ende 1993 exklusiv auf einer 3,5-Zoll-Diskette an die Presse verteilt – ein Kommunikationsmittel, das damals als Zukunftstechnologie galt und besonders in der Medienwelt verwendet wurde. Das Verbreiten des Font auf Diskette war eine clevere Lösung für das Problem, seinen neuen Namen in Artikel und Veröffentlichungen korrekt und einheitlich darzustellen, ohne ständig improvisieren zu müssen. Neben dem physischen Medium auf Diskette stellte Prince den Font auch zum Download auf Plattformen wie CompuServe zur Verfügung, einem der frühen Online-Dienste, die in den 90er Jahren den Weg ins Internet ebneten. Dies war ein weiterer Hinweis auf Princes technisches Interesse und seine Bereitschaft, moderne Medienkanäle und -technologien zu nutzen, um seine künstlerische Vision durchzusetzen. Begleitet wurde die Diskette von einem streng formulierten Begleitschreiben einer Firma namens Graphix Zone, die auch das interaktive CD-ROM-Spiel „Prince Interactive“ veröffentlichte.
Die Botschaft war eindeutig: Journalseiten und Medien sollten seinen neuen Namen mit dem bereitgestellten Symbol darstellen, um einheitlich und visuell prägnant zu kommunizieren. Für das Team um Prince herum, das bei Paisley Park, Princes kreativem Zentrum, an Grafikdesign und Markenauftritt arbeitete, war die Entwicklung dieses Fonts eine Notwendigkeit aus der internen Kommunikation heraus. Chuck Hermes, Mitglied des Designteams, berichtete, dass es keine wirkliche Alternative gab, wenn sogar Prince selbst wünschte, nicht mehr mit seinem alten Namen angesprochen zu werden. Sie kommunizierten stattdessen jahrelang freihändig per Handschrift in Form des Symbols. Der Font war daher eine praktische und technische Erleichterung, aber auch ein interessanter Beleg dafür, wie Künstler und ihr Umfeld kreativ mit bürokratischen und technischen Herausforderungen umgehen können.
Steve Parke, damals beteiligt an Logistik und Versand, erinnert sich, wie er sich zunächst skeptisch zeigte, ob die Idee, einen speziellen Font zu veröffentlichen, von Seiten der Medien überhaupt angenommen werden würde. Doch innerhalb weniger Monate konnte er die Anwendung des Symbols sogar in großen Publikationen wie Rolling Stone beobachten und staunte über die Akzeptanz. Diese Geschichte spiegelt ein äußerst ungewöhnliches Phänomen wider: Welcher Künstler kann schon verlangen, dass sein Name durch ein spezielles Symbol repräsentiert wird – und das auch noch von führenden Medien weltweit akzeptiert? Prince bewies hier nicht nur seine künstlerische Vision, sondern auch seine Fähigkeit, Technologie als Teil seiner Markenstrategie zu begreifen und zu nutzen. Interessanterweise kontrastiert dieser Vorstoß in die Computerkultur und digitale Medien deutlich mit Princes späterem Ruf als Streaming-Kritiker, der das Internet und Plattformen wie YouTube kritisch gegenüberstand und dort häufig Musiktakedowns beantragte. Schon damals aber zeigt sich ein visionäres Interesse an der neuen digitalen Welt.
Hermes erinnert sich, wie Prince angeregt mit frühen Online-Formaten experimentierte, etwa Bulletin-Board-Systemen (BBS), der Urform von Online-Foren, und frühen Versionen von Online-Communities wie America Online. Stundenlang testete Prince neue Software und Programme, experimentierte mit Photoshop und anderen digitalen Werkzeugen, um seine Kreativität schneller und flexibler auszuleben. Dennoch waren viele der Technologien damals noch kompliziert und nicht benutzerfreundlich genug, um vollständig zur Prince’schen Vision zu passen. Auch das Online-Kennenlernen war ihm zunächst fremd, bis ihm der Sinn und Nutzen anhand einer konkreten Alltagserfahrung erklärt wurde. Durch diese Mischung aus technischem Interesse, künstlerischer Innovation und dem selbstbewussten Durchsetzen seiner Identität ist Prince zu einer faszinierenden Figur im Zusammenspiel von Musik und Mediengeschichte geworden.
Die Symbol-Schriftart-Disketten sind heute Kultstücke, Erinnerungen an eine Zeit, als Künstler angefangen haben, die neuen digitalen Mittel aktiv in ihre Kommunikation und Werbung einzubinden. Vor allem sind sie ein Beweis dafür, dass Prince sich nicht nur als Musiker verstand, sondern als Gesamtvisionär, der mit Mitteln der technischen Gestaltung und der digitalen Verbreitung seine eigene Welt erschuf. Diese Legende ist auch ein Symbol (im wortwörtlichen Sinn) für den kreativen Umgang mit Identität im digitalen Zeitalter, ein Thema, das heute wichtiger denn je ist. Prince hat seinen Namen in eine Form gebracht, die die Grenzen zwischen Kunst, Sprache und Technologie auflöst und damit einen bleibenden Eindruck in der Mediengeschichte hinterlassen. Seine Symbol-Schriftart auf der kleinen, unscheinbaren Diskette markiert einen Meilenstein für die Mediengestaltung und zeigt, wie sich Künstler und Techniker vor Jahrzehnten mit den Herausforderungen der digitalen Welt auseinander gesetzt haben.
Heute, wo Schriftarten und digitale Symbole allgegenwärtig sind und personalisierte digitale Identitäten zu wichtigen Faktoren im Marketing und Social Media geworden sind, wirkt Princes Ansatz fast prophetisch. Er hat bereits zu einer Zeit, in der das Internet und Streaming noch in den Kinderschuhen steckten, verstanden, wie unverwechselbare visuelle Elemente zur Entwicklung einer persönlichen Marke beitragen können. So bleiben die kleinen, speziellen Disketten als einzigartige Zeugen einer ganz besonderen Episode in Princes klingender und visueller Geschichte erhalten. Sie erinnern daran, wie viel Mut, Kreativität und technische Neugier eine der größten Musikkünstlerpersönlichkeiten unseres Jahrhunderts auszeichnen – eine Legende, die weit mehr umfasst als nur Musik.