Der jüngste Hack bei der dezentralen Börse Cetus, die auf der Sui-Blockchain basiert, hat die Kryptobranche in Aufruhr versetzt. Der Angreifer verschaffte sich Zugriff auf Vermögenswerte im Wert von rund 220 Millionen US-Dollar, wobei ein großer Teil dieser Summe, nämlich 162 Millionen Dollar, kurze Zeit später eingefroren werden konnte. Diese rasche Reaktion von Cetus führte zu einer bemerkenswerten Maßnahme: Eine Belohnung von sechs Millionen Dollar wurde als Anreiz für die Rückgabe eines Teils der gestohlenen Mittel ausgelobt. Dieses Vorgehen wirft tiefgreifende Fragen zur Sicherheitsarchitektur von DeFi-Protokollen sowie zu den Prinzipien ausgeprägter Dezentralisierung auf. Die Diskussion ist vor allem deshalb relevant, weil sie die fundamentalen Werte der Blockchain-Technologie berührt und zugleich zeigt, wie flexibel und gleichzeitig anfällig selbst moderne Netzwerke sein können.
Der Hack stellte nicht nur einen erheblichen finanziellen Schaden dar, sondern brachte auch die Debatte über die Balance zwischen Sicherheit, Reaktionsfähigkeit und Dezentralisierung in den Fokus. Cetus ist eine dezentrale Börse (DEX) auf Sui, einem Netzwerk, das sich durch schnelle Transaktionen und eine neuartige Blockchain-Architektur auszeichnet. Wichtig ist, dass Cetus nach dem Hack schnell reagierte und 162 Millionen US-Dollar der gestohlenen Gelder einfrieren konnte. Dies ist ein bemerkenswerter Schritt, insbesondere in einem Ökosystem, das auf der Dezentralisierung des Netzwerks baut. Anschließend veröffentlichten die Betreiber von Cetus eine Botschaft direkt in einer Blockchain-Transaktion.
Darin boten sie dem Hacker an, 2.324 Ether (ETH) im Wert von rund sechs Millionen Dollar zu behalten, sofern dieser den Großteil der erbeuteten Kryptowährungen, insbesondere etwa 20.920 ETH, zurückgibt. Für Cetus sollte damit die Sache beendet sein – ein Zugeständnis in der Hoffnung, den Schaden schnell und ohne weitere Eskalationen abzuwenden. Dieses Angebot zeigt zugleich die Dilemmata, vor denen Projekte nach großen Sicherheitsvorfällen stehen.
Einerseits gilt es, Vermögenswerte zu schützen und im besten Fall zu retten, andererseits muss man sich mit den Implikationen einer solchen Vereinbarung auseinandersetzen. Das Verhalten der Verantwortlichen war geprägt von der Hoffnung, den Schaden zu minimieren – doch gleichzeitig wurde klar, dass im Falle eines Nichtbefolgens der Forderungen harte rechtliche Maßnahmen folgen würden, inklusive des Einsatzes von Ermittlungen und anderer Mittel, um den Hacker zu verfolgen. Die Aktionen von Cetus und Sui führten zu einer hitzigen Diskussion über das Maß an Dezentralisierung, das in der Praxis möglich und sinnvoll ist. Das Sui-Team zog in Erwägung, eine sogenannte Notfall-Whitelist-Funktion einzuführen, die es einem ausgewählten Kreis von Validatoren erlaubt hätte, bestimmte Transaktionen zu umgehen bzw. zu überschreiben.
Diese Maßnahme wurde entwickelt, um eventuell gestohlene Gelder zurückzuerhalten, was angesichts der Summe und der Schwere des Hacks nachvollziehbar ist. Allerdings berührt diese Funktion ein zentrales dogmatisches Problem in der Blockchain-Community: Durch Eingriffe von Validatoren in Transaktionen auf dieser Ebene könnte die Unabhängigkeit und Unveränderlichkeit des Netzwerks betroffen sein. Einerseits argumentieren Kritiker aus dem Freundeskreis der Dezentralisierung, dass solche Tools die fundamentalen Werte von Blockchain-Netzwerken untergraben. Die Idee eines vollständig offenen, permissionless Netzwerks wird dadurch in Frage gestellt, wenn Validatoren aktiv in die Transaktionshistorie eingreifen können. Für viele ist dies ein gefährlicher Präzedenzfall, der die Vertrauenswürdigkeit solcher Systeme gefährdet.
Andererseits vertreten manche Stimmen die Meinung, dass echte Dezentralisierung genauso die Fähigkeit umfasst, flexibel auf Zwischenfälle zu reagieren und kollektiv angemessene Entscheidungen zu treffen, ohne auf traditionelle zentrale Autoritäten außerhalb des Netzwerks angewiesen zu sein. Diese Sichtweise betont, dass nicht sämtliche Entscheidungen automatisch unmoralisch oder zentralisierend sind, nur weil sie von Validatoren getroffen werden. Diese Differenzen spiegeln die breitere Diskussion wider, wie Governance in Blockchain-Netzwerken gestaltet sein soll. Liquidität, Effizienz und Sicherheit stehen in einem permanenten Spannungsverhältnis zu den Werten der Unveränderlichkeit und der Selbstbestimmung. Neben der Diskussion um Dezentralisierung ist der Vorfall bei Cetus ein weiteres Beispiel für die zunehmende Zahl und den Umfang der Krypto-Hacks, die die Branche herausfordern.
Allein im April 2025 wurden Kryptowährungen im Gesamtwert von 90 Millionen US-Dollar in 15 verschiedenen Vorfällen gestohlen – das ist eine Zunahme von 124 % im Vergleich zum März desselben Jahres. Zum Vergleich: Bereits im Februar 2025 verlor die Plattform Bybit durch eine massive Sicherheitslücke rund 1,4 Milliarden Dollar, der bisher größte einzelne Hack in der Geschichte der Kryptowährungen. Diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig es ist, die Sicherheit in Blockchain- und DeFi-Protokollen weiter zu stärken. Gleichzeitig unterstreichen sie die Notwendigkeit, Mechanismen zu etablieren, die trotz hoher Sicherheit auch im Krisenfall eine schnelle und koordinierte Reaktion ermöglichen. Die Kombination aus technologischem Schutz, intelligenter Governance und Zusammenarbeit innerhalb der Community kann helfen, das Vertrauen langfristig zu festigen und größere Katastrophen zu vermeiden.
Auch der Markt spiegelt diese Herausforderungen wider. Während Bitcoin und andere große Kryptowährungen zeitweise bedeutende Kursanstiege verzeichnen – zum Beispiel erreichte Bitcoin im Mai 2025 Preisniveaus jenseits der 109.000 Dollar-Marke – ist die Unsicherheit in Bezug auf Sicherheit und Rechtssicherheit in der gesamten Branche unverändert hoch. Die Volatilität ist weiterhin ein Markenzeichen, was sich auch auf Investitionen und die Akzeptanz der Technologien auswirkt. Abschließend zeigt der Fall Cetus eindrucksvoll, wie dynamisch und komplex die Welt der dezentralen Finanzen (DeFi) und Blockchains inzwischen geworden ist.