Die bekannte Genanalytikfirma 23andMe sieht sich aktuell mit ernsten Herausforderungen konfrontiert. Im März 2025 meldete das Unternehmen, das für seine DNA-Tests zur Ahnenforschung und Gesundheitsanalyse bekannt ist, Insolvenz nach Chapter 11 an. Der Schritt erfolgte als direkte Folge einer umfassenden Datenpanne in 2023, die Millionen von Kunden betraf, und weiteren massiven finanziellen und rechtlichen Problemen. Für betroffene Kunden und Nutzer der Plattform ist jedoch besonders wichtig, dass nun eine neue Frist besteht, um Schadensersatzansprüche im Zuge der Insolvenz anzumelden. In diesem Zusammenhang werfen wir einen detaillierten Blick auf den Verlauf der Ereignisse, die Folgen der Datenpanne und die konkreten Schritte, die Nutzer jetzt ergreifen sollten, um ihre Rechte wahrzunehmen.
23andMe war lange Zeit Vorreiter bei der Kombination aus genetischer Forschung, Kundenorientierung und individuellen Gesundheitsservices. Mit der Möglichkeit, durch einen einfachen Speicheltest aufschlussreiche Informationen zu Vererbung, gesundheitlichen Risiken und Herkunft zu erhalten, erreichte das Unternehmen einen großen Kundenstamm. Doch im Oktober 2023 machte ein schwerwiegender Datenangriff Schlagzeilen, der rund sieben Millionen Nutzer persönlich betraf. Dabei wurden unter anderem sensible Daten wie Namen, Geburtsjahre, Angaben zu Verwandtschaftsbeziehungen, prozentuale DNA-Übereinstimmungen, Berichte zu Abstammungen und selbst gemeldete Standorte kompromittiert. Die Offenlegung dieser Informationen führte zu einem massiven Vertrauensverlust bei Verbrauchern, einem Einbruch des Börsenwerts und einer Welle von Klagen gegen 23andMe.
Besonders hervorzuheben ist, dass die Datenpanne nicht nur eine Verletzung der Privatsphäre bedeutete, sondern auch die Integrität von persönlichen genetischen Informationen gefährdete, die sich nicht ohne Weiteres ändern lassen wie etwa Passwörter oder Kreditkartennummern. Die Risiken reichen von Identitätsdiebstahl bis hin zu Diskriminierungen in verschiedenen Lebensbereichen. In der Folge sah sich das Unternehmen finanziellen und personellen Einschnitten gegenüber, inklusive Entlassungen und internen Konflikten. Die erhofften Übernahmeangebote zogen sich zurück oder wurden abgelehnt, sodass 23andMe letztlich im März 2025 den Antrag auf Schutz vor Gläubigern unter Chapter 11 stellte – eine Form des Insolvenzverfahrens, die eine Reorganisation ermöglicht und nicht direkt zur Zerschlagung der Firma führt. Für Kunden wirft die Insolvenz jedoch die Frage auf, ob und wie sie Ansprüche für die erlittenen Schäden geltend machen können.
Die gute Nachricht: Das Unternehmen hat erklärt, dass es im Rahmen der Gläubigerregelungen auch Forderungen von betroffenen Kunden anerkennen will. Neu ist eine verlängerte Frist bis zum 14. Juli 2025, innerhalb derer Kunden ihre Ansprüche anmelden können. Dies gibt Betroffenen eine wichtige Möglichkeit, teilzuhaben an dem Insolvenzprozess und eventuelle Entschädigungen zu erhalten. Wie können Kunden also konkret vorgehen? Zunächst sollten alle, die im Zeitraum zwischen dem 1.
Mai 2023 und dem 1. Oktober 2023 Kunde waren und eine Benachrichtigung bezüglich der Datenpanne erhalten haben, prüfen, ob ihre persönlichen Informationen kompromittiert wurden. In diesem Fall gibt es die Möglichkeit, eine sogenannte Cyber Security Incident Claim einzureichen, die speziell für Schadensfälle infolge dieser Datenpanne vorgesehen ist. Darüber hinaus können Kunden, die durch den Vorfall finanzielle oder andere ernsthafte Schäden erlitten haben, im Insolvenzverfahren ihre jeweiligen Forderungen geltend machen. Zusätzlich besteht für Kunden, die etwa Unzufriedenheit mit den DNA-Testergebnissen oder dem Telemedizin-Service von 23andMe haben – auch wenn diese nicht direkt mit der Datenpanne zusammenhängen – die Option, eine allgemeine Forderung über das General Bar Date Package einzureichen.
Damit deckt 23andMe verschiedene Anspruchsformen ab, die unmittelbar oder mittelbar aus der aktuellen Situation entstehen. Für die Einreichung der Forderungen stellt das Unternehmen Hilfestellungen bereit und verweist Kunden auf eine spezielle Kundenservice-Seite, die alle nötigen Informationen und Formulare sowie Kontaktmöglichkeiten bündelt. Ein rechtzeitiges Handeln ist wichtig, um nicht die Frist verstreichen zu lassen und Nachteile bei einer möglichen Kompensation zu riskieren. Die Gesamtlage um den Datenvorfall und die Insolvenz zeigt eindrücklich, wie sensibel der Umgang mit genetischen Daten ist und wie wichtig Datenschutz sowie Transparenz in der Biotechnologie-Branche sind. Gleichzeitig wird deutlich, wie stark ein Unternehmen von Vertrauensverlusten betroffen sein kann – insbesondere dann, wenn es um so persönliche Daten geht.
Für Verbraucher heißt das auch künftig, sehr aufmerksam zu sein und die eigenen Rechte zu kennen. Gleichzeitig dürften Regulierungsbehörden und Gesetzgeber die Entwicklungen genau beobachten und gegebenenfalls staatliche Eingriffe oder strengere Datenschutzbestimmungen vorantreiben. Im Vergleich zu anderen Datenschutzvorfällen zeichnet sich die 23andMe Situation insbesondere durch den direkten Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren aus, das ungewöhnliche Herausforderungen bei der Anspruchsdurchsetzung mit sich bringt, da die übliche Vorgehensweise einer Klage vor Gericht häufig durch die Regeln des Insolvenzrechts und die Ansprüche vieler Gläubiger ergänzt oder ersetzt wird. Das amerikanische Chapter 11 Verfahren zielt darauf ab, Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich zu stabilisieren und neu zu strukturieren, ohne sofort liquidiert zu werden. Das bedeutet jedoch auch, dass die Ansprüche von Kunden gegen das Unternehmen priorisiert und koordiniert werden müssen, um einen fairen und geordneten Ablauf zu gewährleisten.
Für Kunden kann das bedeuten, dass Entschädigungen möglicherweise begrenzt sind oder über längere Zeiträume ausgezahlt werden. Dennoch ist die Anmeldung der Forderung der erste und unverzichtbare Schritt, um überhaupt Teil des Verfahrens zu sein. Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Transparenz und Kommunikation seitens 23andMe. In Zeiten von Vertrauensverlusten und Kundenängsten ist eine offene und nachvollziehbare Information entscheidend, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Das Unternehmen hat seinerseits angekündigt, mit den zuständigen Behörden und Gläubigern konstruktiv zusammenzuarbeiten und auch in Zukunft die Sicherheit der Nutzerdaten bestmöglich zu gewährleisten.
Für die Betroffenen ist neben der Einreichung der Forderung zudem der Schutz der eigenen Daten ratsam. Dazu gehört beispielsweise das regelmäßige Überprüfen von Finanzkonten, das Nutzen von Identitätsschutzdiensten und ein bewusster Umgang mit Informationen im Internet. Auch wenn der Verlust oder Diebstahl genetischer Daten schwerwiegende Folgen haben kann, besteht durch vorsorgliche Maßnahmen die Möglichkeit, Risiken zu minimieren. Die Erweiterung der Frist zur Anmeldung von Ansprüchen bis Mitte Juli 2025 eröffnet also für viele Kunden eine letzte wichtige Chance, ihre Rechte geltend zu machen und möglicherweise finanzielle Entschädigungen zu erhalten. Dabei sollten Betroffene die offiziellen Kanäle und Formulare nutzen und sich bei Unsicherheiten rechtzeitig beraten lassen, um Fehler zu vermeiden.