Git ist heutzutage das zentrale Werkzeug für die Versionskontrolle in der Softwareentwicklung. Obwohl die meisten Entwickler täglich mit Git arbeiten, wissen viele nur wenig darüber, wie es tatsächlich funktioniert. Oft kommt Git über grafische Benutzeroberflächen oder integrierte Entwicklungsumgebungen zum Einsatz, und die zugrundeliegenden Mechanismen bleiben unbekannt. Gerade mobile Entwickler, deren Arbeitsabläufe seltener auf der Kommandozeile stattfinden, sind davon betroffen. Ein tieferes Verständnis von Git kann eine erhebliche Verbesserung in der Handhabung bewirken, typische Fehler vermeiden helfen und die eigene Arbeit durch automatisierte Abläufe und Continuous Integration Workflows wesentlich effizienter gestalten.
Git basiert nicht auf Differenzen zwischen Versionen, wie viele vermuten, sondern auf einem ausgeklügelten System aus vollständigen Momentaufnahmen des Projekts. Jeder Commit ist eine vollständige Abbildung des gesamten Standes aller Dateien zu einem bestimmten Zeitpunkt. Diese Methode erscheint auf den ersten Blick aufwendig und speicherintensiv, doch Git hat Mechanismen entwickelt, um redundante Daten zu vermeiden. Unveränderte Dateien in aufeinanderfolgenden Commits werden nicht mehrfach gespeichert, sondern referenzieren dieselbe Datei. Damit gelingt es Git, sich sowohl in Bezug auf Speicherplatz als auch Geschwindigkeit optimal zu verhalten.
Das System unterscheidet sich damit von anderen Versionskontrollsystemen, die oft inkrementelle Differenzen speichern. Im Kern von Git steht eine schlichte, aber effiziente Datenstruktur – ein Key-Value-Store, der auf kryptographischen Hashes basiert. Jede Einheit in Git, sei es ein Commit, ein Baum oder eine Blob-Datei, wird über einen SHA-1-Hash identifiziert, der auf dem Inhalt selbst beruht. Ändert sich der Inhalt, ändert sich auch der Hash automatisch. Die Objekte werden in einem Ordnersystem abgelegt, das sich nach den ersten zwei Zeichen des Hashes richtet, was verhindert, dass zu viele Dateien in einem Ordner abgelegt werden und so die Performance leidet.
Ein besonderes Augenmerk ist auf große Dateien zu richten. Git verarbeitet jede Änderung einer Datei als neue vollständige Version. Große Dateien wie Bilder oder Videos, die ohnehin oft schon komprimiert sind, lassen sich von Git kaum effektiver komprimieren. Daher wächst die Repository-Größe bei jeder Änderung beträchtlich an. Für solche Fälle empfiehlt es sich, Git Large File Storage (LFS) zu nutzen, das speziell für große Binärdateien optimiert ist.
Die Struktur eines Commits ist komplexer, als man vermuten würde. Neben der Momentaufnahme des Projektzustands enthält ein Commit auch wichtige Metadaten: Autor, Datum, Commit-Nachricht und Verweise auf vorangegangene Commits. Ein Commit bildet Teil einer verketteten Liste von Versionen, wobei jeder Eintrag auf seinen Vorgänger verweist. Dadurch wird die gesamte Projektgeschichte nachvollziehbar, ohne dass Git für jeden Schritt ganze Historien speichern muss. Der Baum, der in einem Commit referenziert wird, beschreibt die Dateien und Unterverzeichnisse im Projekt mit ihren jeweiligen Berechtigungen und Verweisen auf tatsächliche Datei-Objekte.
Er lässt sich rekursiv untersuchen, um beliebige Tiefen der Struktur sichtbar zu machen. Besonders interessant ist die Funktion der sogenannten Branches. Entgegen der weit verbreiteten Vorstellung sind Branches keine Kopien des Projekts, sondern lediglich benannte Zeiger auf bestimmte Commits. Wenn eine neue Branch erstellt wird, wird lediglich ein Verweis auf den aktuellen Commit abgelegt. Jede Änderung und jeder Commit bewirkt eine Verschiebung dieses Zeigers.
Damit werden Zweige im Projekt leicht handhabbar, ohne große Redundanzen zu erzeugen. Die besondere Rolle des HEAD-Zeigers wird häufig unterschätzt. HEAD verweist auf den aktuell ausgecheckten Branch oder direkt auf einen Commit, beispielsweise im sogenannten „detached HEAD“-Zustand. Dieses Konzept ist entscheidend für das Verständnis vieler Git-Befehle und Arbeitsabläufe. Zudem gibt es spezielle Zeiger wie FETCH_HEAD, die anzeigen, welche Änderungen von entfernten Repositories zuletzt abgeholt wurden, ohne dass ein Merge oder eine Aktualisierung der lokalen Branches erfolgt.
Das Arbeiten mit Branches und das Zusammenführen von Änderungen werden durch die einfache Zeigerlogik wesentlich erleichtert. Ein sogenannter Fast-Forward-Merge ist in Wirklichkeit nur das Verschieben eines Zeigers auf die Spitze eines anderen Branches, sobald keine parallelen Änderungen vorliegen. Andernfalls kommt es zu echten Merges mit mehreren Eltern-Commits oder zu Rebasing-Operationen. Selbst das Löschen eines Branches ist kein aufwändiger Vorgang, sondern nur das Entfernen eines Zeigers. Die eigentlichen Commits bleiben erhalten, solange sie durch andere Referenzen erreichbar sind, was eine einfache Wiederherstellung gelöschter Branches erlaubt, falls nötig.
Die regelmäßige Ausführung der Git-Aufräumfunktion (git gc) entfernt nur die nicht mehr referenzierten Objekte, was Speicherplatz freigibt. Interessant ist zudem die Art und Weise, wie Plattformen wie GitHub mit Pull Requests umgehen. Diese Funktion ist kein integriertes Git-Feature, sondern eine Ergänzung durch Hosting-Dienste. Remote-Referenzen der Pull Requests sind im Repository unter speziellen Pfaden gespeichert und können manuell abgerufen oder mit speziellen CLI-Tools komfortabel bearbeitet werden. Eine genaue Kenntnis dieser Abläufe ermöglicht es Entwicklern, auch ohne zusätzliche Werkzeuge präzise mit entfernten Beiträgen und Review-Prozessen umzugehen.
Im Ergebnis zeigt ein Blick unter die Haube von Git, wie ausgeklügelt und effizient das System aufgebaut ist. Es ist weit mehr als nur ein Werkzeug zum Verwalten von Quellcodes. Ein tiefes Verständnis der Komponenten und Prozesse hinter den Kulissen ermöglicht es Entwicklern, Probleme schneller zu lösen, Arbeitsabläufe zu optimieren und innovative Funktionen wie Automatisierung oder eigene Extensions zu entwickeln. Git ist somit nicht nur ein Werkzeug, sondern eine fundamentale Technologie, deren volle Potentiale erst durch das Erlernen der Details sichtbar werden. Das Wissen um die interne Struktur von Commits, Bäumen, Branches und Zeigern vermittelt Entwicklern Werkzeuge, die weit über das einfache Anwenden von Befehlen hinausgehen.
So fällt es leichter, auch komplexe Szenarien zu meistern, wie das Zurücksetzen von Veränderungen, das Rebasen verschachtelter Branches oder die effiziente Verwaltung großer Repositories. Git stellt damit einen Schlüssel zur erfolgreichen Softwareentwicklung dar, dessen Bedeutung durch Verständnis seines inneren Aufbaus nachhaltig gesteigert werden kann.