In den letzten Wochen wurde eine Entwicklung bekannt, die in der wissenschaftlichen Welt und insbesondere unter Planetarwissenschaftlern für große Verärgerung sorgt. Ein von der NASA finanziertes Institut, das Lunar and Planetary Institute (LPI) in Houston, hat hunderte von Konferenzabstracts ohne Einverständnis der Autoren aus öffentlichen Archiven entfernt. Die betroffenen Dokumente befassen sich überwiegend mit den Themen Vielfalt, Gerechtigkeit und Integration (Diversity, Equity and Inclusion - DEI). Diese Löschung steht im Zusammenhang mit politischen Vorgaben, die aus der US-Regierung unter Präsident Donald Trump stammen, welcher mit einer umstrittenen Exekutivanordnung die Förderung von DEI-Inhalten aus Regierungsmitteln verboten hat. Diese Maßnahme wird von vielen Wissenschaftlern als „orwellianisch“ bezeichnet und erzeugt einen Sturm der Entrüstung in der Gemeinschaft der Planetarwissenschaftler.
Die Vorgänge werfen breite und tiefgreifende Fragen über die Motivation, Methodik und Auswirkungen derartiger Zensurmaßnahmen auf die wissenschaftliche Integrität und den freien Austausch von Wissen auf. Die Wissenschaft lebt vom offenen Diskurs, der Überprüfbarkeit von Ergebnissen und der Dokumentation von Fortschritten. Die Entfernung von Forschungsergebnissen, die auch die Messungen der Marsoberfläche durch den Curiosity-Rover betreffen, stellt nicht nur eine Einschränkung der Informationsfreiheit dar, sondern untergräbt auch das Vertrauen in Institutionen, die als Hüter wissenschaftlicher Daten fungieren. Die Entscheidung zur Löschung – ohne Rücksprache mit den Autorinnen und Autoren – wird weithin als unverhältnismäßig und intransparent kritisiert. Viele sehen darin einen Missbrauch von Verwaltungsbefugnissen, der wissenschaftlichen Fortschritt gefährdet.
Die politische Einflussnahme auf wissenschaftliche Inhalte, die nicht den aktuellen Regierungsvorgaben entsprechen, hat das Potenzial, Forschungsmethoden zu verzerren und Forschungsergebnisse zu verfälschen. Gerade in Zeiten, in denen Planetarwissenschaften eine Schlüsselrolle bei der Erforschung des Weltraums und des Planeten Mars spielen, ist der uneingeschränkte Zugang zu allen relevanten Forschungsergebnissen unabdingbar. Die US-Administration unter Trump hatte Diversity-, Equity- und Inclusion-Initiativen als illegale und unerwünschte Programme bezeichnet, was zu ihrer Streichung aus staatlich geförderten Projekten führte. Dies bedeutet konkret, dass Fördermittel für Projekte, die sich mit diesen Themen beschäftigen, gestrichen oder verweigert wurden. Die Verknüpfung dieses politischen Verbots mit der Löschung von Forschungsergebnissen im Netzwerk des Lunar and Planetary Institute wird von Wissenschaftlern als unrechtmäßige Zensur gewertet.
Die Debatte um die Entfernung der wissenschaftlichen Arbeiten offenbart auch ein stärkeres gesellschaftliches Spannungsfeld, in dem Wissenschaft und Politik aufeinandertreffen. Einerseits steht das Bestreben nach objektiver, unabhängiger Forschung, auf der anderen Seite politische und ideologische Vorgaben, die klar definieren, was noch erlaubt ist und was nicht. Für viele Forschende stellt sich die Frage, wie sie ihre Arbeit weiterhin transparent und frei informieren können, ohne politischer Zensur zum Opfer zu fallen. Ehemalige und aktive Wissenschaftler betonen, dass eine offene und inklusive Forschungslandschaft wesentlich ist, um Innovation, Kreativität und Fortschritt sicherzustellen. Durch die Einschränkung von DEI-Themen entstehen Kollateralschäden, die sich auf das gesamte wissenschaftliche Ökosystem auswirken – von der Nachwuchsförderung bis hin zur internationalen Zusammenarbeit.
Die Entfernung von Daten und Konferenzbeiträgen betrifft nicht nur deutsche Wissenschaftler, sondern stößt weltweit auf Kritik. Denn wissenschaftliche Erkenntnisse sind international vernetzt, auf Transparenz angewiesen und profitieren vom Dialog verschiedener Kulturen und Perspektiven. Die weiterhin existierende Unsicherheit, welche weiteren Inhalte künftig von Regierungsstellen oder geförderten Instituten entfernt oder angepasst werden könnten, verunsichert Forschende erheblich. Neben der ethischen Dimension wird auch die praktische und methodische Forschungsarbeit durch die Löschungen beeinträchtigt. Archiving ist ein Grundpfeiler wissenschaftlicher Praxis.
Ohne Verfügbarkeit alter Konferenzbeiträge und Daten ist eine vollständige Nachverfolgung von Ideenentwicklungen und methodischen Neuerungen kaum möglich. Die jüngsten Vorfälle unterstreichen die Notwendigkeit, klare und unabhängige Richtlinien zum Schutz von Forschungsergebnissen in öffentlichen Archiven zu etablieren und politische Einflussnahme zu begrenzen. Nur so kann das Vertrauen in die wissenschaftlichen Institutionen erhalten bleiben und die Forschung uneingeschränkt ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Fortschritt leisten. Die Wissenschaftsgemeinschaft fordert mehr Transparenz von der NASA und vom Lunar and Planetary Institute. Ein offener Dialog zwischen Politik, Institutionen und Forschern erscheint zentral, um zukünftige Konflikte dieser Art zu vermeiden.