Tanger Inc. (SKT) ist ein bekanntes Name in der Welt der Real Estate Investment Trusts (REITs), spezialisiert auf Outlet-Zentren und Einkaufszentren. Während das Unternehmen in der Vergangenheit als eher unauffälliger Akteur im Sektor galt, hat sich seine Bewertung in jüngster Zeit signifikant erhöht, was Anleger gleichermaßen anzieht und zum Nachdenken anregt. Eine kritische Betrachtung der aktuellen Lage von Tanger Inc. zeigt jedoch, dass es durchaus Risiken und Zweifel hinsichtlich der Nachhaltigkeit dieser Bewertung gibt.
Die folgenden Ausführungen beleuchten die wesentlichen Aspekte dieser Bear-Case-Theorie und helfen Investoren, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Tanger Inc. wird aktuell mit einem Fonds from Operations (FFO) Vielfachen von etwa 14 gehandelt – ein deutlicher Aufschlag gegenüber vielen Mitbewerbern im Outlet- und Einkaufszentrum-Segment. Dies erscheint im ersten Moment gerechtfertigt, da Tanger trotz Marktdrucks eine vergleichsweise geringe Verschuldung aufweist und dadurch finanziell solide aufgestellt ist. Im Vergleich zu Branchenriesen wie Simon Property Group oder Macerich, die sich durch hohe Schuldenlasten auszeichnen, erscheint Tanger daher als sicherer Hafen.
Dennoch verbirgt sich hinter dieser vermeintlichen Stärke auch eine Schattenseite. Die Bewertung, die stark auf der konservativen Bilanz basiert, überschätzt womöglich die Qualität des zugrundeliegenden Immobilienportfolios. Während Tanger über solide Assets verfügt, werden diese im Branchenvergleich nicht als herausragend betrachtet. Im Gegensatz zu erstklassigen Objekten von Simon Property Group steckt Tanger eher in der Mittelschicht, was sich langfristig auf die Attraktivität für Mieter und Kunden auswirken könnte. Besonders im Umfeld des Einzelhandels, das vom Strukturwandel sowie von der zunehmenden Bedeutung des Online-Handels beeinträchtigt wird, könnte die mittlere bis untere Qualität des Portfolio eine wesentliche Schwachstelle darstellen.
Weitere REITs mit geringerer Qualität und höherem Risiko, wie CBL & Associates Properties, notieren zu deutlich niedrigeren Multiplikatoren, teilweise unter 4-fachem FFO. In Relation hierzu erscheint die Diskrepanz bei Tanger groß, was die Frage aufwirft, ob die Investorenbasis hier eine zu hohe Sicherheit und Stabilität unterstellt. Die Gefahr: Sollte sich die Lage im Einzelhandelssektor verschlechtern, etwa durch erneute wirtschaftliche Abschwächungen oder verändertes Konsumentenverhalten, könnten auch solide aufgestellte Akteure wie Tanger deutlich an Wert verlieren. Der Fokus auf eine niedrige Verschuldung hilft zwar Risiken zu minimieren, ersetzt aber nicht die Notwendigkeit von qualitativ hochwertigen und zukunftsfähigen Immobilien. Zudem zeigt die Abnahme von Hedgefonds, welche Tanger halten – von 23 auf 20 im Quartalsvergleich – dass auch institutionelle Investoren offenbar vorsichtiger mit SKT werden.
Diese Verringerung der Positionen könnte Ausdruck einer abwartenden Haltung sein, bis sich klarere Signale im Gesamtmarkt abzeichnen. Neben der Bewertungsdiskrepanz könnten auch externe Faktoren den Druck auf Tanger erhöhen. Die steigenden Zinsen und mögliche Veränderungen bei der Geldpolitik erschweren Immobilienfinanzierungen generell und lassen die zukünftigen Kosten bei Fremdkapital deutlich ansteigen. Das reduziert die Flexibilität von REITs und belastet die Ertragskraft. Obwohl Tanger derzeit niedrige Verbindlichkeiten aufweist, ist das Systemrisiko im gesamten Sektor nicht zu unterschätzen.
Besonders wenn weniger finanzstarke Wettbewerber in Schwierigkeiten geraten, könnte dies den Sektor insgesamt unter Zugzwang setzen, was sich wiederum auch auf besser positionierte Player negativ auswirkt. Darüber hinaus spricht die Branche selbst für Herausforderungen. Der Wandel des Einzelhandels hin zu digitalen Plattformen ist ungebrochen. Outlet- und Einkaufszentren müssen sich regelmäßig neu erfinden, um Kunden anzuziehen und Langfristmieter zu binden. Die Anpassung an neue Anforderungen, wie beispielsweise Erlebnisorientierung und Omnichannel-Integration, erfordert Investitionen und Innovationskraft.
Tanger hat sich hier zwar bemüht, die Portfolios attraktiv zu halten, doch die Frage bleibt, ob das Tempo ausreicht, um nachhaltiges Wachstum sicherzustellen. Die Kombination aus einer hohen Bewertung, vergleichsweise mittelmässiger Asset-Qualität und externen Belastungsfaktoren macht Tanger anfällig gegenüber Marktdynamiken, die derzeit schwer zu prognostizieren sind. Anleger, die auf der Suche nach Wachstum sind, könnten daher auch Alternativen in Betracht ziehen, insbesondere im Technologie- oder KI-Sektor, die aktuell häufig niedrigere Bewertungsmultiplikatoren bei gleichzeitig hohem Wachstumspotenzial bieten. Insgesamt stellt sich die Frage, ob die Prämie, die für Tanger Inc. bezahlt wird, durch fundamentale Faktoren gerechtfertigt ist oder ob sie eher Ausdruck einer momentanen Anlegerpräferenz für risikoärmere Investitionen mit stabiler Bilanz ist.
Sollte sich der Einzelhandelssektor in den kommenden Jahren weiter verschlechtern oder das Interesse an der Assetklasse REITs erodieren, drohen auch gut aufgestellte Unternehmen wie Tanger Kursrückgänge. Aus Anlegersicht lohnt sich daher ein genaueres Hinsehen und eine regelmäßige Neubewertung der Position. Für Investoren, die hohe Stabilität und geringe Volatilität schätzen, bietet Tanger sicherlich gewisse Vorzüge. Wer jedoch auf langfristiges Wachstum und attraktive Renditen setzt, sollte die anstehenden Herausforderungen nicht außer Acht lassen und auch alternative Anlagemöglichkeiten prüfen. Abschließend lässt sich festhalten, dass Tanger Inc.
trotz solides Fundament vor einigen bedeutenden Hürden steht, die das langfristige Potenzial begrenzen könnten. Als kritisch eingestufte Anleger sollten diese Risiken nicht unterschätzen und keine Erwartungshaltungen pflegen, die allein auf der konservativen Bilanzstruktur basieren. Im Gesamtbild empfiehlt es sich, das Engagement in Tanger als Teil eines diversifizierten Portfolios zu betrachten und parallel den Markt weiterhin aufmerksam zu beobachten, um rechtzeitig auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können.