Im Frühjahr 2025 rückte Nike in das Zentrum einer juristischen Auseinandersetzung, die weit über den klassischen Sportartikelmarkt hinausgeht. Eine Gruppe von Käufern von Non-Fungible Tokens (NFTs) hat das Sportbekleidungsunternehmen in einem bundesstaatlichen Verfahren in New York verklagt, nachdem ein NFT-Projekt, an dem Nike beteiligt war, gescheitert ist. Die Kläger werfen Nike vor, sie mit einer betrügerischen Marketingkampagne und dem Verkauf von nicht registrierten Wertpapieren geschädigt zu haben, was sie finanziell massiv belastete. Dieser Fall wirft grundlegende Fragen über die rechtliche Klassifizierung digitaler Assets, die Verantwortung von Großunternehmen sowie die Risiken bei Investitionen in bislang wenig regulierte Krypto-Produkte auf und stellt einen Wendepunkt in der noch jungen Rechtslandschaft rund um Kryptowährungen und NFTs dar. Nike hatte Anfang 2022 gemeinsam mit RTFKT, einem auf digitale Produkte spezialisierten Unternehmen, das NFT-Projekt "Dunk Genesis CryptoKick" lanciert und diese über eine ausgewählte Käufergruppe verkauft.
NFTs sind digitale Zertifikate oder Einträge in einer Blockchain, die digitale oder physische Gegenstände repräsentieren und in den letzten Jahren einen immensen Hype ausgelöst haben. Die Attraktivität von exklusiven und limitierten Token, oft in Verbindung mit Marken wie Nike, lockte viele Käufer an, die auf Wertsteigerungen spekulierten. Die Kläger werfen Nike vor, das Projekt bewusst hochgespielt und Investoren mit übertriebenen Versprechungen angelockt zu haben. Nachdem die NFT-Tochter RTFKT überraschend geschlossen wurde, blieben die Käufer mit wertlosen digitalen Vermögenswerten zurück, was vielen zu massiven finanziellen Verlusten führte. Die Klage stützt sich insbesondere auf die Anschuldigungen unregistrierter Wertpapierverkäufe sowie auf irreführende und täuschende Geschäftspraktiken, die den Kaufentscheidungen der Kunden zugrunde lagen.
Ein zentrales Thema in diesem Fall ist die Frage, ob NFTs als Wertpapiere beziehungsweise „Securities“ eingestuft werden können. In den vergangenen Jahren haben die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC und andere Regulierungsbehörden wiederholt versucht zu definieren, unter welchen Umständen digitale Assets diesen rechtlichen Status verdienen. Erkenntnisse aus dieser Debatte beeinflussen maßgeblich, wie streng Unternehmen reguliert werden, wenn sie solche Produkte anbieten oder bewerben. Wie Nicolle Lafosse, digitale Vermögensrechtsanwältin bei Diaz Reus, anmerkt, hat insbesondere die Politikwechsel unter der Trump-Regierung die Durchsetzung von Regulierungen erschwert, was die Klage schwächer machen könnte. Vom Verbot unregistrierter Wertpapierverkäufe bis hin zur Kontrolle von Marketingaussagen ist die Rechtslage unklar und von politischen Strömungen stark abhängig.
Diese Unsicherheit nutzt die Krypto-Branche oft aus, was wiederum Anleger in schwierige Rechtssituationen bringt. Gleichzeitig zeigt die Klage gegen Nike einen Wandel in der Ausrichtung von Rechtsstreitigkeiten rund um Kryptowährungen und NFTs. Während früher vornehmlich Bundeswertpapiergesetze genutzt wurden, setzen immer mehr Kläger auf Verbraucherschutzgesetze auf Bundesstaatsebene, die einfacher anzuwenden sind und neue Wege eröffnen, um Verluste durch Krypto-Investitionen geltend zu machen. Dies eröffnet den Betroffenen alternative juristische Möglichkeiten, insbesondere wenn der Status der digitalen Vermögenswerte nicht eindeutig als Wertpapier klassifiziert ist. Darüber hinaus steigert der Fall die Aufmerksamkeit auf sogenannte "Rug Pulls" – betrügerische Aktionen, bei denen Projektinitiatoren nach der Kapitalaufnahme einfach verschwinden oder ihr Produkt einstellen und Investoren mit wertlosen Token zurücklassen.
Während "Rug Pulls" in kleineren Projekten und unter weniger bekannten Akteuren häufig vorkommen, zeigt die Klage gegen einen Weltkonzern wie Nike, dass selbst prominente Marken und große Institutionen nun verstärkt ins Visier geraten und sich neuen Risiken in der Krypto-Branche gegenübersehen. Die juristische Bedeutung dieses Falls könnte weitreichend sein für Unternehmen, die in den Digitalasset-Bereich einsteigen wollen. Die hohe Popularität von NFTs und digitalen Kollektionen wirft bereits Fragen zu Verbraucherschutz, Transparenz und regulatorischer Verantwortung auf – insbesondere in einer noch nicht abschließend regulierten Rechtsumgebung. Firmen müssen zukünftig klarer kommunizieren, welche Leistung, welchen Wert und welche Risiken digitale Produkte mit sich bringen, um Klagen dieser Art zu vermeiden. Darüber hinaus unterstreicht dieser Fall, wie wichtig es für Investoren ist, die rechtliche und wirtschaftliche Situation hinter digitalen Vermögenswerten sorgfältig zu prüfen.
NFTs und andere Token unterliegen einem hochvolatilen Markt und eine Boom-Blase kann jederzeit platzen. Anleger sollten bei Investitionen in Digitalprodukte daher nicht nur auf das Marketing großer Firmen vertrauen, sondern verstehen, wie die zugrundeliegenden Technologien, Märkte und Rechtsfragen funktionieren. Mit der zunehmenden Weiterentwicklung der Regulierung, beispielsweise durch eine mögliche Neuausrichtung der SEC-Politik oder neue gesetzliche Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene, könnten viele der aktuellen Streitfragen in Zukunft klarer beantwortet werden. Bis dahin bleibt eine erhöhte Unsicherheit bestehen, die nicht nur Anleger, sondern auch marktführende Marken betrifft und die Notwendigkeit unterstreicht, im Bereich von NFTs und Kryptowährungen mit Vorsicht und Informationsbewusstsein vorzugehen. Zusammenfassend zeigt die Klage gegen Nike exemplarisch, wie der digitale Wandel traditionelle Industrie- und Geschäftsmodelle herausfordert und neue rechtliche Rahmenbedingungen verlangt.
Die Verflechtung von Sport-, Mode- und Digitalkultur mit Blockchain-Technologien eröffnet spannende Chancen, birgt aber auch erhebliche Risiken für Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen. Wer sich in dieser komplexen Landschaft bewegen möchte, muss sowohl die technologischen Entwicklungen als auch die sich wandelnde Rechtslage genau beobachten und bewerten, um finanziellen Schaden zu vermeiden und rechtliche Sicherheit zu gewinnen.