Die Kryptowährungsbranche ist seit ihrer Entstehung eng mit Idealen wie Dezentralisierung, individueller Freiheit und einem gewisses Maß an Skepsis gegenüber staatlicher Kontrolle verbunden. Coinbase, als eine der weltweit führenden Kryptowährungsbörsen, geriet kürzlich in die Schlagzeilen – allerdings nicht wegen ihrer innovativen Plattform oder neuen Produkten, sondern durch die Finanzierung einer Parade zum 250-jährigen Jubiläum der US-Armee. Diese Maßnahme hat innerhalb der Krypto-Community heftige Debatten ausgelöst und unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Die Hintergründe dieser Kontroverse, ihre Auswirkungen auf das Unternehmen und die Kryptoszene sowie die breiteren gesellschaftlichen Implikationen sind es wert, eingehend untersucht zu werden. Am 14.
Juni 2025 fand in Washington, D.C. eine Parade statt, mit der der 250. Jahrestag der US-Armee begangen wurde. Das Ereignis fiel zeitgleich mit dem Geburtstag von US-Präsident Donald Trump zusammen, der sowohl die Veranstaltung befürwortete als auch in den sozialen Medien anfeuerte.
Coinbase beteiligte sich als einer der Sponsoren über eine finanzielle Einmalzahlung an eine Initiative namens America250, die keineswegs nur die Armee-Parade, sondern ein ganzes Spektrum an Feierlichkeiten zum Semiquincentennial, also dem 250. Jahrestag der Vereinigten Staaten, organisiert. Auch andere große Unternehmen wie Oracle und Amazon unterstützten America250 finanziell. Trotz der offiziell als unpolitisch angepriesenen Natur der Initiative stieß die Beteiligung von Coinbase auf erhebliche Kritik unter seinen Nutzern und in der weiteren Kryptowelt. Besonders prominent äußerte sich Adam Cochran, Partner bei einer Venture-Capital-Firma, der öffentlich erklärte, sämtlichen Besitz von Coinbase – Aktien, Anleihen und Kryptowährungen – abzustoßen.
Seine Kritik richtete sich nicht nur gegen die Unterstützung der Parade, sondern auch gegen den vermeintlichen Widerspruch zur bisherigen Unternehmenspolitik. Coinbase hatte in der Vergangenheit betont, keine politische Stellung beziehen zu wollen, um neutral zu bleiben und sich auf unternehmensbezogene Ziele zu fokussieren. Für Cochran und viele andere fühlt sich die Unterstützung einer militärischen Veranstaltung in einem stark gespaltenen landespolitischen Umfeld unangebracht an. Die USA erleben seit Jahren einen gesellschaftlichen Riss, der sich in zahlreichen Protesten, politischen Auseinandersetzungen und sogar gewaltsamen Übergriffen widerspiegelt. Eine Parade, die das Militär glorifiziert und mit Unterstützung eines politisch polarisierenden Präsidenten verbunden ist, trifft deshalb bei Teilen der Bevölkerung – insbesondere bei jenen, die die Kryptowelt als Ausdruck eines freien, selbstbestimmten Lebens verstehen – auf heftigen Widerstand.
Die Wurzeln dieser Ablehnung sind tief. Kryptowährungen entstanden in Folge der Finanzkrise von 2008 und galten lange als Alternative zu traditionellen Finanzsystemen, die von großen Banken und Staaten kontrolliert werden. Die Blockchain-Technologie und dezentrale Netzwerke werden oft mit einem Versprechen von mehr Freiheit und Unabhängigkeit assoziiert. In diesem Sinne scheint eine Unterstützung des Militärs, das von vielen als Symbol staatlicher Gewalt und Kontrolle betrachtet wird, konträr zu den Gründungsprinzipien der Krypto-Community. Daher fühlen sich viele Nutzer verraten oder zumindest irritiert, wenn ein führender Anbieter wie Coinbase sich in ein derart politisch sensibles Thema einmischt.
Darüber hinaus werfen Kritiker die Frage auf, ob der Schritt seitens Coinbase eine nicht ausgewiesene politische Positionierung bedeutet. Denn trotz Bemühungen um Neutralität hatte Coinbase bereits in der Vergangenheit politische Verbindungen: Die Börse und ihr CEO Brian Armstrong unterstützten beispielsweise Trumps Amtseinführung mit einer Millionenspende und engagierten sich bei politischen Gesprächen zur Regulierung von Kryptowährungen. Dies wirft die Frage auf, inwiefern das Unternehmen zwischen politischer Einflussnahme für die Branche und politischer Neutralität unterscheidet. Die Entscheidung, die US-Armee-Jubiläumsfeier zu fördern, hat auch eine größere Debatte über den zukünftigen Kurs der Kryptoindustrie entfacht. Viele Branchenbeobachter und Nutzer befürchten, dass durch zunehmende Nähe zu staatlichen Institutionen und etablierten Machtzentren der rebellische, libertäre Geist der Kryptowelt verloren gehen könnte.
Während manche argumentieren, dass eine engere Zusammenarbeit mit Regierungen und eine Integration in bestehende Strukturen notwendig sind, um breite Akzeptanz und Stabilität zu schaffen, warnen andere vor der Gefahr, dass die Branche dadurch ihre Kernidentität aufgibt. Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion kaum unberührt bleibt, ist das Marketing und die Außenwirkung für die Kryptowährungen. Für Außenstehende könne die Unterstützung eines Militärparade viele negative Assoziationen wecken und den Eindruck verstärken, dass Kryptowährungen Teil eines establishmentfreundlichen Systems seien. Dies konterkariert die gewachsene Wahrnehmung der Kryptowelt als alternative Finanz- und Wertegemeinschaft. Reddit-Nutzer weisen darauf hin, dass solche PR-Entscheidungen potenzielle Interessenten abschrecken könnten, was dem Wachstum und der Verbreitung von Kryptowährungen schaden würde.
Die zeitliche Nähe der Parade zu weiteren politischen und gesellschaftlichen Ereignissen in den USA verschärfte die Spannungen zusätzlich. Am selben Wochenende kam es zu einem Mord an einer Minnesota-Politikerin und ihrem Ehemann, der als politisch motiviert eingestuft wurde. Zudem gingen Millionen Menschen in zahlreichen US-Städten auf die Straße, um gegen Maßnahmen der Trump-Regierung zu protestieren, darunter der Einsatz von Militäreinheiten gegen Demonstranten und härtere Migrationspolitiken. In einer solch aufgeladenen Atmosphäre wirkt die Unterstützung einer Militärveranstaltung besonders brisant. Auf der anderen Seite argumentiert Coinbase, dass die Unterstützung der America250-Initiative keine parteipolitische Positionierung darstelle, sondern die Feier einer historischen Errungenschaft des Landes.
Die Initiative selbst versteht sich als überparteilich und fokussiert auf das gemeinsame Gedenken der Gründung der Vereinigten Staaten, ihrer militärischen Geschichte und kulturellen Errungenschaften. Die Parallele zu vielen anderen Großunternehmen, die ebenfalls zur Finanzierung beitragen, soll ebenso die Neutralität und breite Akzeptanz der Initiative unterstreichen. Nicht zuletzt verdeutlicht die Kontroverse, wie schwierig es für aufstrebende Krypto-Unternehmen sein kann, zwischen der Wahrung ihrer Ideale und der Notwendigkeit, sich in einem regulierten und oft politisch vernetzten Umfeld zu bewegen, einen Mittelweg zu finden. Die Balance zwischen wirtschaftlichem Erfolg, regulatorischer Compliance und der eigenen Community-Verpflichtung bleibt eine der zentralen Herausforderungen für Coinbase und andere Akteure. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Unterstützung der US-Armee-Parade durch Coinbase mehr als nur eine Finanzierungsentscheidung war.