SoundCloud, die weltweit bekannte Streaming-Plattform für Musiker und Kreative, hat im Februar 2024 eine entscheidende Änderung in seinen Nutzungsbedingungen vorgenommen. Diese Änderung erlaubt dem Unternehmen, die von Nutzern hochgeladenen Audioinhalte zu verwenden, um künstliche Intelligenz (KI) zu trainieren und weiterzuentwickeln. Diese Neuerung markiert einen bedeutenden Schritt in der Nutzung von KI-Technologien im Bereich der Musikdistribution und stellt Künstler, Hörer und Rechteinhaber vor neue Herausforderungen und Fragestellungen. Die Integration von KI in Musikplattformen ist längst kein Zukunftsthema mehr, sondern gelebte Realität. Viele Unternehmen setzen KI ein, um personalisierte Musikeempfehlungen zu erstellen, Playlists zu generieren oder sogar neue Sounds und Musikstücke zu kreieren.
Doch während diese Technologien den Nutzern neue Möglichkeiten eröffnen, besteht auf der Seite der Künstler und Rechteinhaber Unsicherheit über die Nutzung ihrer Werke für KI-Zwecke. SoundCloud hat mit der Änderung der Nutzungsbedingungen festgelegt, dass hochgeladene Inhalte künftig zum „Informieren, Trainieren und Entwickeln“ von KI-Systemen verwendet werden dürfen. Dies bedeutet, dass die von Künstlern erstellten Musikstücke nicht mehr nur für die reine Wiedergabe auf der Plattform gespeichert werden, sondern auch für technologische Trainingszwecke herangezogen werden können. Diese Änderung wurde zunächst kaum öffentlich wahrgenommen und nur durch Recherchen von Experten wie dem Tech-Ethikforscher Ed Newton-Rex bekannt. Die Anpassung der AGB wurde am 12.
Februar 2024 ohne eine offensichtliche Kommunikation an die Nutzer eingeführt. Ein explizites Opt-Out-Verfahren für Künstler, die nicht wünschen, dass ihre Werke zum KI-Training genutzt werden, scheint derzeit nicht verfügbar zu sein. Die Reaktionen aus der Community waren schnell und zum Teil kritisch. Viele Künstler und Nutzer äußerten Bedenken hinsichtlich der Kontrolle über ihre eigenen Inhalte. Die Frage, ob Musiker bei der Verwendung ihrer Songs zum Trainieren von KI-Tools eine Einwilligung geben oder sogar finanziell beteiligt werden sollten, steht im Raum.
Auch Themen wie Urheberrecht und die ethische Verwendung der Werke sind zentrale Diskussionspunkte. SoundCloud weist zwar in seinen neuen Nutzungsbedingungen darauf hin, dass Inhalte, die unter separaten Vereinbarungen mit großen Rechteinhabern wie Universal Music oder Warner Music stehen, ausgenommen sind. Das heißt, dass geschützte Musik, für die es Verträge gibt, nicht ohne weiteres für KI-Zwecke verwendet werden darf. Dennoch betrifft die Änderung vor allem unabhängige Künstler und kleinere Label, die großen Streaming-Plattformen oft mündlich oder ohne explizite Klauseln zustimmen. Im Kontext der Musikindustrie ist die Nutzung von KI eine zweischneidige Angelegenheit.
Einerseits können KI-Technologien die Musiksuche und -empfehlung verbessern, das Hörerlebnis personalisieren und Künstlern neue Werkzeuge für die Musikproduktion bieten. Andererseits besteht das Risiko, dass musikalische Originalität und kreative Urheberschaft durch automatisierte Systeme verwässert werden. Die Frage nach der Anerkennung und Entlohnung der ursprünglichen Künstler bleibt dringend zu klären. SoundCloud selbst hat auf die Kritik reagiert und betont, dass die KI-Nutzung aktuell vor allem internen Zwecken dient. So kommen KI-Systeme bei der personalisierten Empfehlung von Inhalten, bei der betrugsrelevanten Überwachung oder bei der Verbesserung der Content-Erfassung zum Einsatz.
Beispielsweise nutzt SoundCloud Partner wie Musiio für die Organisation und Entdeckung neuer Musik, jedoch betont das Unternehmen, dass diese Modelle nicht zum Trainieren generativer KI-Modelle zum Erstellen neuer Werke verwendet werden. Trotz der wichtigen Erklärungen bleibt die Debatte lebhaft. Künstler fordern mehr Transparenz und die Möglichkeit, die Verwendung ihrer Werke für KI auszuschließen. Ebenso wünschen sich viele, dass Plattformen klare Richtlinien und faire Vergütungsmodelle für die Nutzung von Künstlerdaten in KI-Projekten etablieren. Diese Problematik ist nicht auf SoundCloud allein beschränkt.
Auch andere große Tech- und Social-Media-Plattformen haben ihre Datenschutzrichtlinien und Nutzungsbedingungen in jüngster Zeit so angepasst, dass KI-Zugriffe auf User-Daten explizit erlaubt werden. Unternehmen wie X (ehemals Twitter), LinkedIn und YouTube bieten mittlerweile Dritten die Möglichkeit, Nutzerdaten zum Training ihrer KI-Algorithmen zu verwenden. Diese Branche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, in dem ethische, rechtliche und wirtschaftliche Fragen neu verhandelt werden müssen. Für SoundCloud-Nutzer und Musiker ist es essenziell, die eigenen Rechte genau zu prüfen und sich über die Bedingungen zu informieren, unter denen ihre Werke veröffentlicht werden. Die fehlende Opt-Out-Option kann besonders für unabhängige Künstler belastend sein, die um die Kontrolle über ihre kreativen Leistungen fürchten.
Es bleibt spannend, wie SoundCloud und andere Plattformen in Zukunft auf den Druck der Community reagieren und ob sie Modelle anbieten, die den Künstlern mehr Selbstbestimmung und Beteiligung an KI-Innovationen ermöglichen. Die Verschmelzung von Musik und KI eröffnet zweifelsohne neue Perspektiven, die sowohl Chancen als auch Risiken bergen. Es liegt nun an den Plattformen, Künstler und Nutzer gleichermaßen in diesen Prozess einzubeziehen und den Generationenwechsel in der digitalen Musiklandschaft transparent, fair und nachhaltig zu gestalten. SoundCloud’s jüngste Richtlinienänderung ist ein deutliches Zeichen für die zunehmende Bedeutung von KI, aber auch ein Weckruf, dass die Rechte und Wünsche der kreativen Schöpfer nicht vernachlässigt werden dürfen. Insgesamt zeigt die Entwicklung auf SoundCloud ein globales Phänomen, bei dem Technologien, Kreativität und digitale Rechte neu austariert werden müssen.
Die Balance zwischen Innovation und Schutz künstlerischer Inhalte entscheidet nicht nur über die Zukunft der Musikindustrie, sondern auch über die Akzeptanz und den langfristigen Erfolg von KI-basierten Anwendungen im kreativen Sektor. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, wie SoundCloud und vergleichbare Plattformen mit dem Aufkommen von KI umgehen und welche Lösungen sich im Spannungsfeld zwischen technischem Fortschritt und künstlerischer Autonomie etablieren.