Die Erforschung lebender Organismen stellt Wissenschaftler vor die Herausforderung, komplexe biologische Vorgänge in ihrer vollen Dynamik und räumlichen Tiefe abzubilden. Gerade bei frei beweglichen Modellen, wie kleinen Tieren oder Organismen, ist dies besonders schwierig, da herkömmliche Bildgebungstechniken oftmals das Tier immobilisieren oder nur begrenzte Einblicke gewähren. Hier setzt die High-speed Fluoreszenz-Lightfield-Tomographie an, eine innovative Bildgebungsmethode, die es erlaubt, ganze Organismen in Bewegung mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung zu erfassen. Diese Technologie kombiniert die Vorteile der Fluoreszenzmikroskopie mit der Lightfield-Technologie zur schnellen Volumenrekonstruktion und eröffnet so spannende Möglichkeiten für die biomedizinische Forschung. Fluoreszenzbildgebung ist bereits seit vielen Jahren ein unverzichtbares Werkzeug, um spezifische Zelltypen, Moleküle oder Prozesse innerhalb von lebenden Systemen sichtbar zu machen.
Durch den Einsatz von fluoreszierenden Markern lassen sich biochemische Vorgänge sichtbar machen, die mit herkömmlichen Methoden nicht erfasst werden können. Traditionelle Fluoreszenzmikroskopieverfahren sind allerdings häufig auf einen relativ kleinen Bildbereich begrenzt oder erfordern, dass Proben fixiert oder immobilisiert werden. Dies schränkt die Beobachtung natürlicher Verhaltensweisen und dynamischer physiologischer Prozesse oft erheblich ein. Die Lightfield-Technologie basiert auf dem Prinzip, Lichtfeldinformationen in mehreren Richtungen gleichzeitig aufzunehmen. Klassische Bildgebung erfasst lediglich eine zweidimensionale Projektion der Probe, während beim Lightfield die Richtung und Intensität der Lichtstrahlen in einem Volumen erfasst wird.
Daraus lassen sich durch rechnergestützte Verfahren dreidimensionale Darstellungen rekonstruieren und die Fokusebene nachträglich angepasst werden. Die Kombination mit Fluoreszenz ermöglicht es daher, nicht nur zweidimensionale Schnappschüsse, sondern schnell rekonstruierte Volumenaufnahmen von fluoreszierenden Signalen in lebenden Tieren aufzunehmen. Besonders beeindruckend ist die Fähigkeit der High-speed Fluoreszenz-Lightfield-Tomographie, die Bewegung ganzer Organismen mit hoher Bildrate zu erfassen. Durch die schnelle Aufnahme und Auswertung der Lichtfeldinformationen können dreidimensionale Rekonstruktionen nahezu in Echtzeit erstellt werden. Dies ist entscheidend, um dynamische biologische Prozesse festzuhalten, zum Beispiel neuronale Aktivitäten im Gehirn von kleinen Tieren, Bewegung der Organe oder Reaktionen auf äußere Reize.
Zudem wird es möglich, das natürliche Verhalten von Organismen ohne Einschränkung durch Fixierung oder Narkose zu beobachten. Anwendungen finden sich vor allem in der Neurowissenschaft und Entwicklungsbiologie. Zum Beispiel lassen sich Gehirnaktivitäten bei frei beweglichen Zebrafischen oder kleinen Nematoden aufzeichnen, um Muster neuronaler Verschaltungen und deren Veränderung bei Verhalten oder Umweltveränderungen zu studieren. Auch die Beobachtung von Herz- und Muskelbewegungen in Echtzeit liefert wertvolle Einblicke, die zuvor nur unter künstlichen Bedingungen möglich waren. Die Kombination ermöglicht somit eine tiefergehende Analyse lebender Systeme in ihrer natürlichen Umgebung.
Die technische Umsetzung erfordert eine ausgeklügelte optische Anordnung aus Objektiven, lichtfeldaufzeichnenden Kameras und Laseranregung zur Erzeugung des fluoreszierenden Signals. Die Bilddaten stellen hohe Anforderungen an die Verarbeitung, weshalb moderne Algorithmen und leistungsfähige Rechner genutzt werden, um die Rohdaten in voluminöse 3D-Datensätze umzuwandeln. Fortschritte in den Bereichen Deep Learning und Bildrekonstruktion verbessern die Bildqualität und Geschwindigkeit kontinuierlich. Ein weiterer Vorteil der High-speed Fluoreszenz-Lightfield-Tomographie ist die Möglichkeit zur Mehrfarbfluoreszenz, also der gleichzeitigen Abbildung verschiedener fluoreszierender Marker. So können unterschiedliche biologische Strukturen oder Prozesse parallel beobachtet werden, was die Komplexität der Analyse deutlich erhöht.
Dies ist besonders hilfreich bei der Untersuchung von Interaktionen zwischen Zellen oder Signalwegen. Trotz der zahlreichen Vorteile steht die Methode auch vor Herausforderungen. Die optische Auflösung und die Penetrationstiefe sind begrenzt, insbesondere bei größeren oder undurchsichtigen Organismen. Zudem ist die Datenmenge enorm, was Speicherbedarf und Auswertungszeit erhöht. Die Entwicklung effizienterer Detektoren, Computerhardware und Algorithmen ist daher ein zentraler Forschungsschwerpunkt, um die Methode für noch größere und komplexere biologischen Systeme einsatzfähig zu machen.
Insgesamt markiert die High-speed Fluoreszenz-Lightfield-Tomographie einen bedeutenden Schritt in der Bildgebung lebender Organismen. Mit ihrer Fähigkeit zur schnellen, dreidimensionalen und hochauflösenden Darstellung von fluoreszierenden Signalen in frei beweglichen Tieren eröffnet sie neuartige Einblicke in biologische und medizinische Fragestellungen. Von der Grundlagenforschung bis hin zu angewandten Experimenten ermöglicht diese Technologie, Abläufe unter möglichst natürlichen Bedingungen zu beobachten und besser zu verstehen. Damit trägt sie maßgeblich dazu bei, die Dynamik des Lebens auf mikroskopischer Ebene zu entschlüsseln und letztlich die Entwicklung neuer Therapien und Diagnoseverfahren voranzutreiben.