Der Kampf gegen gefährliche Chemikalien in Alltagsprodukten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Ein zentrales Thema stellt dabei die Verwendung von Flammschutzmitteln in Polstermöbeln dar. In Kalifornien, einem der Vorreiter in puncto Produktsicherheit und Umweltstandards, wird aktuell ein Gesetzentwurf diskutiert, der ein permanentes Verbot von Flammschutzstoffen in Möbeln vorschlägt. Dieses Vorhaben hat das Potenzial, die Möbelindustrie grundlegend zu verändern, den Gesundheitsschutz für Verbraucher zu erhöhen und die Belastung der Umwelt durch toxische Stoffe zu reduzieren. Die Ausgangslage: Flammhemmende Chemikalien und ihre Verwendung Seit Mitte der 1970er Jahre sind flammhemmende Chemikalien integraler Bestandteil der Herstellung von Polstermöbeln, insbesondere in Kalifornien.
Die Einführung der sogenannten Technischen Bekanntmachung 117 (TB117) im Jahr 1975 machte es erforderlich, dass Materialien in Möbeln bestimmten Brandschutztests standhalten müssen. Um diese Vorschriften zu erfüllen, wurden Möbelhersteller dazu angehalten, Flammschutzstoffe in Schaumstoffen und anderen Polstermaterialien einzusetzen. Die damals vorherrschenden Verbindungen, insbesondere Pentabromdiphenylether (PentaBDE), wurden später wegen ihrer Persistenz, Bioakkumulation und toxischen Eigenschaften verboten. Seitdem sind organophosphathaltige Flammschutzmittel (OPEs) häufig als Ersatzstoffe verwendet worden. Doch diese alternativen Chemikalien stehen ebenfalls im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein und können aus Möbeln in die Umgebung entweichen.
Die langanhaltende Exposition gegenüber Flammschutzmitteln ist mittlerweile ein weitverbreitetes Problem, das nicht nur die allgemeine Bevölkerung, sondern insbesondere Berufsgruppen wie Feuerwehrleute betrifft, die im Einsatz mit giftigen Dämpfen und Partikeln in Berührung kommen. Kritik an der Wirksamkeit und gesundheitlichen Folgen Die chemische Industrie verteidigt den Einsatz von Flammschutzmitteln traditionell damit, dass diese für den Brandschutz und die Verzögerung der Entzündung von Möbeln unerlässlich seien. Obwohl Brandschutz ein wichtiges Sicherheitsziel darstellt, haben Studien der US-Consumer Product Safety Commission (CPSC) gezeigt, dass mit Flammschutzmitteln behandelte Schaumstoffe keinen signifikant besseren Schutz vor Flammenausbreitung bieten als unbehandelte Materialien. Stattdessen sind feuerhemmende Barrieren, etwa aus Fiberglas oder anderen hitzebeständigen Materialien, deutlich effektiver, um die Entzündung zu verzögern. Hinzu kommt der gesundheitliche Aspekt: Die in Möbeln eingesetzten Flammschutzmittel sind häufig additive Chemikalien, die nicht chemisch an die Materialien gebunden sind.
Dies führt dazu, dass sie mit der Zeit ausgasen oder sich in Hausstaub ablagern und so in den menschlichen Körper gelangen können. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass diese Stoffe die Entwicklung des Hormonsystems beeinträchtigen, das Krebsrisiko erhöhen und andere gesundheitliche Probleme hervorrufen können. Rechtliche Entwicklungen in Kalifornien Kalifornien war historisch Vorreiter in der Einführung von Brandschutzstandards für Möbel, beginnend mit dem Assembly Bill 2165 im Jahr 1972, das den Rahmen für Brandschutzanforderungen setzte. Daraus entstand TB117, das bis heute die Grundlage für die Flammwidrigkeit von Polstermöbeln bildet. Im Laufe der Jahre wurden diese Vorschriften mehrfach angepasst, unter anderem im Jahr 2013 mit TB117-2013, das sich mehr auf Zündquellen wie Zigaretten konzentriert und erlaubte, Flammschutzbarrieren anstelle von Chemikalien zu verwenden.
Trotz dieser Fortschritte herrscht in der Branche weiterhin eine breite Verwendung von Flammschutzmitteln. Das Assembly Bill 2998 hatte ab 2020 zwar die Verwendung von Flammschutzstoffen in Kinderprodukten, Matratzen und Polstermöbeln auf maximal 1000 ppm begrenzt, ein komplettes Verbot kam bislang jedoch nicht zustande. Im Jahr 2023 wurde mit AB 1059 das Verbot fiberglashaltiger Barrieren für Möbel beschlossen, um Gesundheitsgefahren durch das Einatmen von Glasfasern einzudämmen. Dieses Verbot könnte dazu führen, dass Hersteller verstärkt wieder vermehrt Flammschutzchemikalien einsetzen, um die Brandschutzanforderungen zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund fordert der Umweltwissenschaftler David C.
Volz von der University of California in Riverside ein umfassenderes Verbot von Flammschutzmitteln in Möbeln. Die vorgeschlagene Gesetzesinitiative und ihre Begründung Der neue Vorschlag strebt an, Flammschutzmittel vollständig aus der Möbelherstellung zu verbannen. Demnach sollen keine chemischen Flammschutzstoffe mehr verwendet werden, um die Kalifornische Flammwidrigkeitsnorm (TB117-2013) zu erfüllen. Stattdessen soll die Industrie stärker auf innovative, umweltfreundliche und gesundheitlich unbedenkliche Barrieren setzen, die keine Glasfasern enthalten. Diese Maßnahme würde direkt dazu beitragen, die Belastung von Innenräumen mit schädlichen Chemikalien zu senken und somit die Langzeitrisiken für die Bevölkerung zu vermindern.
Gleichzeitig könnten alternative Barrieren aus synthetischen oder auf Naturfasern basierenden Materialien eingesetzt werden, die bereits bei Matratzen erfolgreich angewandt werden. Diese Materialien bieten vergleichbaren Feuerschutz ohne die Nebenwirkungen der Flammschutzchemikalien. Wichtig ist auch, dass damit der Schutz von Feuerwehrleuten verbessert werden könnte, die bei Brandeinsätzen oft kontaminierenden Dämpfen und Partikeln ausgesetzt sind. Ein Verbot würde zudem Umweltschäden verringern, denn flammschutzmittelhaltige Stoffe gelangen häufig in die Natur und können dort Tiere und Ökosysteme belasten. Auswirkungen auf Verbraucher, Industrie und Umwelt Ein Verbot von Flammschutzmitteln in Polstermöbeln verlangt von der Möbelindustrie eine umfassende Umstellung der Produktionsprozesse.
Hersteller müssen auf alternative Materialien zurückgreifen, die nachweislich wirksam und gesundheitlich unbedenklich sind. Dies könnte zu höheren Produktionskosten führen, diese Mehrkosten könnten aber durch gesteigertes Vertrauen der Verbraucher und neue Märkte ausgeglichen werden. Für Verbraucher ergibt sich die Chance, ihre Wohnumgebung deutlich gesünder zu gestalten. Weniger chemische Belastung im Wohnraum bedeutet ein geringeres Risiko für allergische Reaktionen, hormonelle Störungen und andere gesundheitliche Probleme. Besonders für Kinder und empfindliche Personengruppen ist dies von großer Bedeutung.
Auch auf gesellschaftlicher Ebene kann das Verbot einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der Belastung durch gefährliche Chemikalien leisten. Es sendet ein starkes Signal für verantwortungsvollen Konsum, den Schutz der Umwelt und nachhaltige Produktentwicklung. Kalifornien hat mit seiner dynamischen Gesetzgebung hier einmal mehr die Möglichkeit, national und international Modellcharakter zu übernehmen. Fazit und Ausblick Die geplante Initiative zur Abschaffung von Flammschutzmitteln in Kalifornien ist ein mutiger und notwendiger Schritt, um gesundheitliche Risiken zu minimieren und den Brandschutz in Möbeln auf neue, sicherere Beine zu stellen. Sie basiert auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sowohl die Wirksamkeit als auch die Gefahren bisheriger Flammschutzstoffe hinterfragen.