In der Welt der Computertechnologie gibt es einige wenige Gesetzmäßigkeiten, die als Maßstab für Innovation und Fortschritt gelten. Die bekannteste darunter ist Moore’s Law, das seit Jahrzehnten die Grundlage für Erwartungen an die Entwicklung von Halbleitern und Mikroprozessoren bildet. Doch in den letzten Jahren ist ein neuer Maßstab entstanden, der in Fachkreisen und von Technologieexperten zunehmend als richtungsweisend angesehen wird: Huang’s Law. Diese neue Entwicklung, benannt nach Jensen Huang, dem CEO von Nvidia, verspricht eine revolutionäre Beschleunigung der Leistungssteigerung von KI-Chips und prägt bereits heute das Bild der Zukunft des Computings. Huang’s Law steht für ein deutlich schnelleres Wachstum der Rechenleistung im Bereich der künstlichen Intelligenz als es Moore’s Law ursprünglich vorsah und eröffnet eine neue Dimension technologischer Möglichkeiten.
Moore’s Law: Eine kurze Einordnung Seit den 1960er Jahren beschreibt Moore’s Law die Verdopplung der Anzahl der Transistoren auf integrierten Schaltkreisen etwa alle zwei Jahre. Diese Verdopplung wurde lange als Indikator für exponentielles Wachstum in der Computerhardware verstanden und ermöglichte zahlreiche Innovationen und Fortschritte in nahezu allen Industriebereichen. Allerdings ist Moore’s Law keine naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeit, sondern vielmehr eine Art Selbstzweck und Orientierungshilfe für die Halbleiterindustrie, der zufolge Unternehmen erhebliche Investitionen tätigten, um diesem Trend gerecht zu werden. Im Laufe der Zeit geriet Moore’s Law jedoch unter Druck, da physikalische Limits, Kosten und Komplexitäten die Geschwindigkeit des Fortschritts verlangsamten. Insbesondere die Leistungssteigerung klassischer CPUs hat sich verlangsamt, und der Fokus auf reine Transistoranzahl verlor zugunsten anderer Faktoren an Bedeutung.
Die Entstehung von Huang’s Law 2018 präsentierte Jensen Huang auf der GPU Technology Conference (GTC) eine neue Sichtweise auf die Entwicklung von Grafikprozessoren (GPUs) und deren Einsatz zur Beschleunigung künstlicher Intelligenz. Er stellte fest, dass die Beschleunigung in den letzten fünf Jahren im Bereich der GPU-basierten Berechnungen für KI um das 25-Fache zugenommen habe, während Moore’s Law einen ungefähr zehnfachen Fortschritt in derselben Zeitspanne beschreibe. Damit prägte er eine sogenannte „supercharged“ Entwicklung, die weit über die traditionellen Erwartungen der Industrie hinausgeht. Diese Beobachtung wurde bald als Huang’s Law bezeichnet, obwohl Huang selbst diesen Begriff nie explizit nutzte. Experten und Medien griffen diese Bezeichnung auf und machen seither deutlich, dass sich mit Huang’s Law eine neue Ära der Hardwareentwicklung im Bereich von KI und maschinellem Lernen anbahnt.
Was bedeutet Huang’s Law genau? Im Kern beschreibt Huang’s Law eine Verdopplung oder sogar eine noch schnellere Steigerung der Leistungsfähigkeit von KI-Chips und zugehörigen Hardwarekomponenten etwa alle zwei Jahre oder schneller. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf der Anzahl der Transistoren, sondern vor allem auf der tatsächlichen Rechenleistung, die bei der Verarbeitung von komplexen KI-Algorithmen zur Verfügung steht. Dies steht im Gegensatz zu Moore’s Law, das primär die physische Entwicklung der Halbleiterstruktur beschreibt, und betont somit einen viel konkreteren Leistungsgewinn. Ein zentraler Ursprung dieser außergewöhnlichen Fortschritte liegt in der Spezialisierung der GPU-Technologie, die ursprünglich für grafikintensive Anwendungen entwickelt wurde, heute aber eine führende Rolle bei Matrixmultiplikationen, neuronalen Netzwerken und anderen KI-Berechnungen spielt. Nvidia, unter der Führung von Huang, hat verschiedene Innovationen vorangetrieben, die eine drastische Steigerung dieser Fähigkeit ermöglicht haben.
Dazu zählen spezialisierte Einheiten wie Tensor Cores, der Einsatz von niedrigpräzisen Zahlenformaten und neue Architekturen, die speziell auf die Bedürfnisse von KI-Anwendungen zugeschnitten sind. Die Rolle der Zahlendarstellung und Precision Ein entscheidender Faktor für die exponentielle Leistungssteigerung ist die Reduktion der Rechenpräzision bei gleichzeitiger Erhaltung der Zuverlässigkeit der Berechnungen. Klassisch arbeiten CPUs mit 32-Bit oder sogar 64-Bit Gleitkommazahlen, was zwar Präzision garantiert, jedoch auf Kosten von Rechenzeit und Energieverbrauch geht. Forscher und Entwickler erkannten, dass viele KI-Anwendungen mit geringerer Genauigkeit auskommen, ohne signifikanten Qualitätsverlust. Das führte zur Einführung von Formaten wie FP16 (16-Bit Gleitkommazahlen), BF16 und TensorFloat-32 (TF32), die speziell für Machine-Learning-Anwendungen optimiert sind.
Diese niedrigpräzisen Formate benötigen weniger Transistoren pro Recheneinheit, erlauben höhere Taktraten, verbrauchen weniger Energie und können mehr Rechenoperationen parallel ausführen. Dadurch kann die Rohleistung eines Chips exponentiell gesteigert werden. Der Wechsel von FP32 zu FP16 und weiteren spezialisierten Formaten hat die Basis geschaffen, auf der Huang’s Law fußt. Komplexe Instruktionssätze und Sparsity Ein weiterer bedeutender Beitrag zur Leistungssteigerung kam von neuen, komplexen Instruktionssätzen. Nvidia ging weg vom einfachen RISC-Prinzip, das viele moderne Prozessoren prägt, hin zu spezialisierten komplexen Befehlen, die komplexe Rechenoperationen in einem Schritt erledigen.
Beispielsweise wurde die einfache Fused Multiply-Add (FMA) durch komplexe Dot-Produkt- und Matrix-Multiplikations-Instruktionen ersetzt, die in neueren GPUs implementiert wurden. Diese Maßnahmen erhöhen die Recheneffizienz und reduzieren den Overhead bei der Verarbeitung von KI-Workloads. Parallel dazu spielt das Prinzip der Sparsity eine wichtige Rolle. In neuronalen Netzen sind viele Werte oft gleich null oder haben nur marginale Bedeutung. Sparsity bedeutet, dass Berechnungen, welche diese unnötigen Werte einbeziehen würden, vermieden werden können.
Nvidia hat dies mit spezieller Hardware in der Ampere-Architektur adressiert, die solche sparsamen Strukturen erkennt und effizienter handhabt. Dies ermöglicht bis zu einer Verdopplung der Durchsatzrate bei der KI-Inferenz, ohne Genauigkeitsverluste. Der Einfluss von Moore’s Law auf Huang’s Law Obwohl Huang’s Law die Leistung von KI-Hardware schneller steigert als Moore’s Law die Transistoranzahl, ist die klassische Entwicklung der Halbleitertechnologie keineswegs bedeutungslos. Moore’s Law bleibt die Grundlage, da die physikalische Fähigkeit zur Miniaturisierung der Komponenten weiterhin eine wichtige Rolle bei der Realisierung neuer Architekturen spielt. Allerdings trägt die sogenannte Prozessverbesserung laut Nvidia nur etwa ein Zwanzigstel der gesamten Leistungssteigerung von KI-Chips der letzten Jahre bei.
Der Großteil resultiert vielmehr aus innovativem Hardware-Design, effizienten Rechenformaten und verbesserten Algorithmen, die zusammenwirken. Ist Huang’s Law nachhaltig? Eine häufige Betrachtung in der Technologiebranche betrifft die Frage, ob neue Gesetze oder Trends dauerhaft sind oder nur vorübergehende Phänomene darstellen. Huang’s Law wird von einigen Experten als ein trendbasiertes Phänomen betrachtet, das aufgrund bislang ungenutzter „low-hanging fruits“ wie der Umstellung auf niedrigpräzise Rechenformate und komplexe Instruktionssätze einen vergleichsweise schnellen Einstieg erfährt. Die Geschwindigkeit der Fortschritte könnte sich daher in Zukunft verlangsamen, so die Annahme. Dennoch eröffnet Huang’s Law einen Zeitraum bedeutender Innovationen und technischer Durchbrüche, der das Potential hat, fundamentale Veränderungen in Bereichen wie autonomes Fahren, vernetzte Fabriken, intelligente Haushalte und viele weitere Anwendungen möglich zu machen.
Die Entwicklung der KI-Hardware in den kommenden Jahren wird maßgeblich durch die Kombination von Performance-Steigerungen, Hardware-Software-Co-Design und algorithmischen Verbesserungen beeinflusst. Einflüsse jenseits der Hardware Neben den rein technischen Faktoren ist auch die Skalierung der Hardwareinstallationen ein nicht zu unterschätzender Faktor. Große Rechenzentren verbinden Tausende von GPUs und TPUs zu komplexen Systemen, die bei der Gesamtcomputingleistung den einzelnen Chips weit überlegen sind. Durch optimierte Netzwerke, Speichersysteme und Software-Infrastrukturen werden diese Systeme effizienter und leistungsfähiger, was zu einem zusätzlichen Wachstumsschub beiträgt. Außerdem fließt zunehmend auch künstliche Intelligenz selbst als Werkzeug in die Hardwareentwicklung ein.
Nvidia berichtet, dass bereits viele Schaltkreise in der neuesten GPU-Generation mit Hilfe von KI entworfen wurden, was zu kleineren, schnelleren und energieeffizienteren Strukturen führte. Dieser Ansatz könnte die Zukunft der Halbleiterentwicklung nachhaltig verändern und zu einer weiteren Beschleunigung von Huang’s Law beitragen. Kritik und Perspektiven Trotz der beeindruckenden Fortschritte gibt es Stimmen in der Fachwelt, die Huang’s Law skeptisch gegenüberstehen. Kritiker wie Joel Hruska argumentieren, dass es sich bei Huang’s Law eher um eine Illusion oder eine zu frühe Beobachtung handelt, die sich noch nicht bewährt habe. Sie weisen darauf hin, dass die beobachteten Verbesserungen nur begrenzt unabhängig von Moore’s Law stattfinden und dass die gewaltigen Investitionen und Forschungsfortschritte der vergangenen Jahre nicht ewig in diesem Tempo fortbestehen können.
Andere Befürworter entgegnen, dass Huang’s Law fortschrittliche Betrachtungen und eine wertvolle Perspektive auf die Besonderheiten der AI-Hardwareentwicklung darstellt. Sie betonen, dass technologische Fortschritte oft unvorhersehbare Sprünge machen und dass es gerade diese Kombination aus innovativen Ideen und wirtschaftlichen Anreizen ist, die die Zukunft des Computing prägt. Fazit Huang’s Law ist mehr als nur eine bloße Marketingfloskel oder ein weiterer Versuch, Moore’s Law abzulösen. Es reflektiert einen fundamentalen Wandel in der Art und Weise, wie Rechenleistung für künstliche Intelligenz bereitgestellt wird. Dank spezialisierter Hardware, neuer Rechenformate, komplexer Instruktionen und intelligenter Anpassungen wie Sparsity konnten die Leistungsfortschritte in den letzten Jahren so schnell wachsen, dass sie traditionelle Erwartungen übertreffen.
Ob Huang’s Law letztlich eine dauerhafte Gesetzmäßigkeit wird oder sich als kurzfristiger Trend erweist, steht noch nicht endgültig fest. Klar ist aber, dass die Überlegungen hinter dieser neuen „Gesetzmäßigkeit“ wichtige Impulse für Forscher, Entwickler und Entscheidungsträger liefern. Sie bieten dabei eine wertvolle Orientierung für die nächsten Jahre einer zunehmend von künstlicher Intelligenz geprägten Technologieentwicklung. Für die Zukunft bedeutet Huang’s Law eine aufregende Phase mit außergewöhnlichen Chancen. Von der Industrie über Wissenschaft bis hin zum Alltag der Menschen wird der Einfluss spürbar sein.
Das Verständnis und die Beobachtung dieser Entwicklung sind daher enorm wichtig für all jene, die sich mit Technologie, Innovation und Digitalisierung beschäftigen.