In Frankreich entfaltet sich ein entscheidender Rechtsstreit über die Bekämpfung von Sportpiraterie im Bereich der Domain Name System (DNS)-Blockaden. Immer häufiger greifen Rechteinhaber zu gerichtlichen Maßnahmen, um die Zugänglichkeit von illegalen Sportstreaming-Webseiten durch Manipulation der DNS-Dienste zu verhindern. Doch die Pariser Justiz zeigt sich bei der Vergabe solcher Sperrmaßnahmen zunehmend zurückhaltend und verlangt umfassende und eindeutige Beweise dafür, dass die betroffenen Webseiten tatsächlich Urheberrechte verletzen. Im Mai 2025 wurde vor dem Pariser Gericht ein wegweisendes Urteil gesprochen: Mehrere Anträge, mit denen die DNS-Anbieter Google, Cloudflare und Quad9 zur Sperrung bestimmter Sportstreaming-Domains verpflichtet werden sollten, wurden wegen mangelhafter Beweisführung abgelehnt. Dies verweist auf die steigende Bedeutung sorgfältiger Beweisvorlage und korrekter Rechtezuordnung in Verfahren gegen digitale Piraterie.
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Rechteinhaber, Internetdienstleister und Nutzer gleichermaßen. Das zentrale Thema dieser juristischen Auseinandersetzung ist die Rolle von DNS-Anbietern bei der Verhinderung des Zugriffs auf illegal angebotene Sportinhalte. DNS-Dienste übersetzen Domainnamen in IP-Adressen und ermöglichen so die Navigation im Internet. Durch DNS-Blockaden können Nutzer am Zugriff auf bestimmte Webseiten gehindert werden, ohne dass die Webseiten selbst vom Netz genommen werden. Dieses Mittel gewinnt an Bedeutung, da es vermeintlich flexibel und effektiv gegen Piraterie vorgehen kann.
Im Jahr 2024 hatte das Pariser Gericht bereits eine bedeutende Entscheidung getroffen, die Google, Cloudflare und Cisco verpflichtete, bestimmte Websites durch DNS-Manipulation unzugänglich zu machen. Dieser Schritt wurde durch den Rechteinhaber Canal+ initiiert, dessen Ziel es war, den Zugriff auf unautorisierte Sportsendungen zu verhindern. Seitdem haben weitere Rechteinhaber wie DAZN und beIN ähnliche Sperranträge gestellt und sich so an diesem juristischen Kampf um die Kontrolle der Sportcontent-Verbreitung beteiligt. Aktuell ist beIN, ein französischer Tochterkonzern eines multinationalen Konzerns aus Katar, der aktivste Antragsteller. BeIN wirft öffentlich zugänglichen DNS-Anbietern vor, den Zugang zu Domains zu ermöglichen, die angeblich illegale Übertragungen der Bundesliga und der WTA Tennis-Turniere ausstrahlen.
Die betroffenen Domains umfassen unter anderem sporttvls.com, lshunter.net und streamendous.online. Die rechtliche Grundlage für diese Schritte stützt sich auf Artikel L.
333-10 des französischen Sports Codes, der Rechteinhabern die Möglichkeit gibt, gerichtliche Sperranordnungen gegen diejenigen zu erwirken, die „schwere und wiederholte“ Urheberrechtsverletzungen ermöglichen. Dennoch stellt sich die Frage, wie konsequent und präzise diese Voraussetzungen vor Gericht belegt werden müssen. Im vorliegenden Fall kamen Zweifel an der Beweiskraft der vorgelegten Dokumente auf. Das Gericht sagte klar, dass für eine erfolgreiche Sperranordnung eindeutige Beweise erforderlich sind, die belegen, dass die betreffenden Seiten tatsächlich und wiederholt die Nachbarrechte von beIN verletzen. Dies bedeutet, dass die illegalen Streams eindeutig beIN als Rechteinhaber zugeordnet werden müssen, etwa durch Anwesenheit ihres Logos auf den übertragenen Inhalten.
Im Prozess zeigte sich jedoch, dass die Betreiber der beschuldigten Domains oftmals Übertragungen mit dem Logo von DAZN ausstrahlten oder ganz auf sichtbare Rechtehinweise verzichteten. Deshalb wurden die Sperranträge für Webseiten wie streamendous.online und techydeals.online abgelehnt. Zudem erkannte das Gericht an, dass beIN nicht der exklusive Rechteinhaber der betreffenden Sportevents ist.
Im Fall der WTA-Titelrechte besitzt DAZN die Hauptlizenz, die beIN lediglich auf das französische Territorium sublicensiert hat. Dadurch ergeben sich komplizierte Rechteverhältnisse, die für gerichtliche Sperren nachvollziehbar dokumentiert werden müssen. DNS-Anbieter wie Google und Cloudflare nutzten diese Argumente, um Widerspruch gegen die Sperranträge einzulegen. Ihre Opposition richtete sich insbesondere gegen das Narrativ, dass beIN exklusive Rechte innehabe, was durch vorgelegte Beweise nicht in ausreichendem Maße bestätigt wurde. Das Gericht stimmte dieser Sichtweise zu und stellte klar, dass ungenügende Nachweise keine Grundlage für eine DNS-Blockade bieten.
Ein weiterer Interessensvertreter, der DNS-Dienstanbieter Quad9 aus der Schweiz, wich einer gerichtlichen Auseinandersetzung ebenfalls aus, vor allem aufgrund seiner begrenzten Ressourcen. Dessen Geschäftsführer betonte, dass das Unternehmen DNS-Blockaden grundsätzlich ablehne, da diese rechtsneutralen Diensten aufgezwungen werden, obwohl Rechteinhaber andere legalere Methoden zur Durchsetzung ihrer Rechte haben. Trotz Finanzierungsengpässen äußerte er die Absicht, sich weiterhin gegen derartige Maßnahmen zu wehren. Dieses Beispiel zeigt, wie auch kleinere Akteure im Kampf gegen die Ausweitung von Internetzensur und Blockaden eine wichtige Rolle spielen und gleichzeitig vor erheblichen Herausforderungen stehen. Die aktuelle Entwicklung in Frankreich hat auch grenzüberschreitende Relevanz, denn ähnliche Ansätze zur DNS-Blockade gegen Piraterieseiten sind in anderen europäischen Ländern und den USA auf dem Vormarsch.
So werden dort entsprechende Gesetzesinitiativen diskutiert, die eine Ausweitung dieser Praktiken ermöglichen könnten. Allerdings provozieren die jüngsten belgischen Gerichtsentscheidungen Widerstand bei globalen Technologiekonzernen und Internetexperten, die die Folgen für Meinungsfreiheit und Netzneutralität kritisch sehen. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass Google und Cloudflare den Rechtsweg bis zu letzten Instanz anzustreben gedenken. Sie verteidigen das Prinzip, dass DNS-Dienste nicht als aktive Kontrollinstanzen für Inhalte fungieren sollten, vor allem ohne gesicherte rechtliche Grundlage. Die Qualität und Präzision der Beweisführung erweist sich als entscheidender Faktor für den Erfolg solcher Sperranträge.
Sollte beIN zukünftig seine Anträge mit korrekten Logos und eindeutigen Collateralschäden bei den übertragenen Streams einreichen, könnte sich das Blatt wenden. Gleichzeitig signalisieren Experten die Gefahr, dass illegale Streaming-Anbieter umgekehrt ihrerseits verstärkt technische Mittel wie das Verblenden von Logos einsetzen, um Blockaden zu umgehen. Dies würde einen neuen Teufelskreis aus immer raffinierteren Sperrmechnanismen und Umgehungstechniken begründen. Die französischen Gerichtsentscheidungen illustrieren exemplarisch die Herausforderungen von Regulierung und Rechtsprechung im digitalen Zeitalter. Rechteinhaber streben nach zuverlässigem Schutz ihrer Inhalte, während technische Dienstleister und Gerichte gleichermaßen um rechtlich einwandfreie und verhältnismäßige Maßnahmen ringen.
Neben der juristischen Debatte sind auch politische und gesellschaftliche Dimensionen zu beachten. Netzsperren und Internetregulierung berühren Grundfragen wie freie Meinungsäußerung, freien Zugang zu Informationen und die Verantwortung von Plattformen im Netz. Das Urteil vom Mai 2025 setzt deshalb Maßstäbe für den Umgang mit DNS-Blockaden nicht nur in Frankreich, sondern als wegweisendes Beispiel für Europa. Rechteinhaber, Internetdienstleister und Gesetzgeber sind gleichermaßen gefordert, kooperative Lösungen zu finden, die technische Machbarkeit, rechtliche Legitimität und gesellschaftliche Akzeptanz in Einklang bringen. Die aktuelle Situation dürfte auch neue Impulse für die Weiterentwicklung von Verfahren zur Bekämpfung digitaler Piraterie geben.
So zeigt die Notwendigkeit genauer Beweise und klarer Rechtezuordnung, dass eine bloße Blockade ohne fundierte Nachweise rechtlich schwer durchsetzbar ist. Alternativ könnten technische und rechtliche Innovationen, etwa in der automatischen Erkennung von Urheberrechtsverletzungen oder der lückenlosen Rechteklärung, eine effektivere Grundlage für Eingriffe schaffen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die jüngsten Entscheidungen des Pariser Gerichts die Anforderungen an DNS-Blockaden im Kampf gegen Sportpiraterie neu definieren. Die Ablehnung erfolgt vor allem aufgrund fehlender oder unzureichender Beweisführung, insbesondere der nicht nachgewiesenen exklusiven Rechte sowie dem Fehlen klarer Urheberrechtskennzeichen auf den infrage stehenden Streams. Das Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit einer transparenten, präzisen und rechtlich wasserdichten Vorgehensweise von Rechteinhabern, um Sperranordnungen zu erwirken.
Gleichzeitig unterstreicht die Kritik und der Widerstand von DNS-Anbietern wie Google, Cloudflare und Quad9 deren Schutzinteresse für einen neutralen und offenen Zugang zum Internet. Die juristische Auseinandersetzung steht somit exemplarisch für das komplexe Spannungsfeld zwischen effektiver Pirateriebekämpfung, Netzneutralität und dem Schutz der Rechte aller Akteure im digitalen Ökosystem.