Der Kauf einer Domain galt lange Zeit als unkomplizierter Vorgang: Eine Wunschadresse eingeben, Verfügbarkeit prüfen, registrieren und loslegen. Für etwa 15 Euro im Jahr konnte man so seine digitale Identität sichern und damit den Grundstein für eigene Projekte legen. Doch im Jahr 2025 hat sich vieles verändert. Während einfache Domains weiterhin leicht erhältlich sind, wird der Prozess für begehrte Namen zunehmend komplexer und undurchsichtiger. Der Begriff „Enshitiffication“ beschreibt genau diese Entwicklung – eine Verschlechterung oder Verkomplizierung eines ehemals problemlosen Vorgangs.
Beim Erwerb von Domains spiegelt sich dieser Trend besonders deutlich wider und stellt potenzielle Käufer vor neue Herausforderungen. Schon lange ist Domain-Squatting ein bekanntes Problem. Dabei kaufen sogenannte „Entrepreneure“ oder professionelle Spekulanten eine Vielzahl wertvoller Domains mit dem einzigen Ziel, diese mit erheblichen Aufschlägen weiterzuverkaufen. Diese Akteure haben den Markt maßgeblich geprägt und nutzen geschickt die Möglichkeiten moderner Technologien aus, um ihre Vorteile zu wahren. Wer einen begehrten Namen anvisiert, kann schnell in deren Fänge geraten und wird dann vor Preiserhöhungen, intransparenten Auktionen und einer Vielzahl unklarer Prozesse stehen.
Dabei erweist sich das bloße Interesse an einer Domain oft als Trigger: Bereits das Abfragen von WHOIS-Daten oder eine Kontaktanfrage kann dazu führen, dass der Preis als „Premium“ eingestuft und die Domain entsprechend teurer wird. Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die Situation: Der Versuch, die Domain kavi.sh zu erwerben, zeigt, wie komplex der Prozess geworden ist. Ursprünglich galt diese Domain als einfach zu erlangen, doch nachdem sie nicht erneuert wurde, etablierten sich neue Mechanismen. Der Domaininhaber hat offenbar entschieden, sie nicht mehr zu verlängern, doch das bedeutet nicht das automatische Freigeben zur Registrierung.
Stattdessen wird die Domain von der Registrierungsstelle als „Premium-Domain“ deklariert und durchläuft einen sogenannten Reverse-Auktionsprozess, der von der Organisation Identity Digital verwaltet wird. Dieser Prozess lässt jedwede Transparenz vermissen. Interessenten erfahren weder über aktuelle Gebote noch über Zeitpläne, wann und zu welchem Preis die Domain wieder verfügbar sein wird. Besonders problematisch wird die Situation bei Domains mit speziellen länderspezifischen Top-Level-Domains (TLDs) wie beispielsweise .sh.
Renommierte Provider, die für das sogenannte Drop-Catching genutzt werden – das schnelle Registrieren einer Domain nach Freigabe –, unterstützen diese Domains meist nicht oder nur sehr eingeschränkt. Im Fall von kavi.sh war park.io der einzige Dienstleister, der eine Teilnahme am Auktionsprozess ermöglichte. Selbst dieser Anbieter äußerte Frustration über die fehlende Klarheit bezüglich der Auktionsmodalitäten und der Preisentwicklung.
Dies führt zu einem Gefühl der Ohnmacht bei Käufern, die sich im Dunkeln tappen sehen und gezwungen sind, blind zu bieten und teils überhöhte Summen für ihre Wunschdomain zu zahlen. Der klassische Domain-Lebenszyklus, der über ICANN geregelt wird, sieht einen klar strukturierten Ablauf vor: Nach Ablauf einer Registrierungsperiode durchläuft eine Domain eine Kulanzphase, eine Löschungsfrist und wird dann frei gegeben. Diese Phasen geben Interessenten die Möglichkeit, Domains gezielt zu beobachten und mittels spezieller Tools oder Services zu ergreifen, sobald sie wieder verfügbar sind. Bei den neueren Prozessen, die besonders bei lukrativen Domains zum Einsatz kommen, wird dieser Ablauf unterlaufen oder erweitert. Registries und Registrare profitieren davon, indem sie hochpreisige Auktionen durchführen, die ihre Einnahmen maximieren.
Für den einzelnen Käufer bedeutet dies jedoch eine Verschlechterung des Nutzererlebnisses und eine zunehmend undurchsichtige Marktlage. Ein weiterer Aspekt, der die Situation verschärft, ist die Tatsache, dass Domain-Squatter und gewisse registrierende Unternehmen quasi in der Grauzone operieren. Einige Registrare verdienen zusätzliches Geld durch die Vermarktung dieser Domains, was Interessenkonflikte schafft und den Wettbewerb verzerrt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und der Schutz für Endkunden sind dabei oft ungenügend, sodass sich der Eindruck verstärkt, dass der Markt zugunsten der wirtschaftlich stärkeren Akteure gestaltet wird. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind vielfältig.
Für Gründer, Blogger und Unternehmen, die auf einen prägnanten, leicht merkbaren Domainnamen angewiesen sind, entstehen erhebliche Hürden. Die Gefahr, dass der perfekte Domainname von Spekulanten blockiert wird, erhöht sich. Gleichzeitig steigen die Kosten, da Auktionen und „Premium“-Klassifizierungen Preise in die Höhe treiben. Die fehlende Transparenz und die undurchsichtigen Prozesse vermehren Unsicherheiten und machen die Planung schwieriger. Letztlich werden Domains zu einem Investitionsobjekt mit eigener Dynamik, die sich vom eigentlichen Zweck der Namensgebung entfernt hat.
Doch trotz dieser Herausforderungen gibt es Wege, die Komplexität zu meistern. Wer kontinuierlich den Überblick behält, die Lebenszyklen von Domains kennt und sich frühzeitig mit spezialisierten Diensten vernetzt, kann bessere Chancen auf den Erwerb begehrter Domains haben. Geduld und strategisches Vorgehen bleiben wichtige Tugenden. Das frühzeitige Registrieren von Domains – auch auf Verdacht – kann sinnvoll sein, auch wenn es kurzfristig mit Kosten verbunden ist. Für einzigartige Domains empfiehlt sich zudem, aufmerksam auf den Markt zu schauen und Auktionen kritisch zu durchleuchten.
Nutzer sollten sich bei der Wahl eines Registrars nicht nur von günstigen Preisen, sondern auch von der Reputation und den unterstützten Services leiten lassen. Die Rolle von Registries und Registraren darf dabei nicht unterschätzt werden. Gerade kleineren oder staatlichen Anbietern von speziellen TLDs können attraktive Einnahmequellen entstehen, wenn sie Domains gezielt als Premium-Objekte behandeln. Inselstaaten, deren Endungen auf dem globalen Markt genutzt werden, profitieren oft finanziell von dieser Praxis, ohne dass der Ablauf für Endkunden nachvollziehbar wird. Die fehlende Regulierung und transparente Kommunikation verstärken dabei den Eindruck einer bewussten Verkomplizierung, was zu Frust und Unmut bei vielen Nutzern führt.
Insgesamt zeigt der Domainmarkt 2025 ein Bild, das weit von der ursprünglichen Einfachheit entfernt ist. Die „Enshitiffication“ des Domainkaufs symbolisiert das Spannungsfeld zwischen einer funktionierenden Infrastruktur, den Gewinninteressen professioneller Akteure und den berechtigten Erwartungen von Nutzern, die sich einfach und fair ihren Wunschdomain sichern möchten. Dabei ist klar: Während sich die technische Seite immer weiterentwickelt, muss auch die Regulierung mitwachsen, um Transparenz, Fairness und Nutzerfreundlichkeit zu gewährleisten. Es bleibt abzuwarten, ob die Branche in den kommenden Jahren neue Standards etabliert, die den Prozess wieder zugänglicher machen. Mit Blick auf andere Märkte, in denen Auktionen mit höherer Transparenz und faireren Vergabemethoden etabliert sind, gibt es durchaus Modelle, von denen der Domainmarkt profitieren könnte.