Die moderne Elektronikbranche steht vor stetig wachsenden Anforderungen, vor allem wenn es um flexible, robuste und langlebige Energiequellen geht. Insbesondere im Bereich der Wearables, Soft-Robotik und tragbaren Medizingeräte gewinnen Batterien, die sich an bewegliche, verformbare Strukturen anpassen können, zunehmend an Bedeutung. In diesem Kontext markiert die Entwicklung einer neuartigen dehnbaren Lithium-Ionen-Batterie, die nach dem Durchtrennen von Schäden wie einem Schnitt oder Nadelstichen ihre volle Funktionalität wiederherstellt, einen bahnbrechenden Fortschritt. Diese Batterie zeigt eine bemerkenswerte Kombination aus Flexibilität, Haltbarkeit und Selbstheilungsfähigkeit und bietet großes Potential für vielfältige Anwendungsbereiche. Traditionelle Lithium-Ionen-Batterien sind in der Regel starr und hermetisch versiegelt, um das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern und das Austreten von gefährlichen Elektrolyten zu vermeiden.
Diese Unflexibilität limitiert vor allem die Integration in tragbare und biegsame Geräte erheblich. Zudem bergen konventionelle Batterietechnologien Risiken wie Überhitzung und Entflammbarkeit. Daher hat die Forschung seit Jahren das Ziel verfolgt, Batterien zu entwickeln, die nicht nur sicherer, sondern auch elastisch und robust genug sind, um in beweglichen Systemen ohne Leistungseinbußen verwendet werden zu können. Im Zuge dieser Herausforderung entstand das Konzept wasserbasierter Hydrogel-Elektrolyte, die herkömmliche organische Lösungsmittel ersetzen. Ein Hydrogel ist ein wasserhaltiges Polymernetzwerk, das die Ionentransportfähigkeit gewährleistet, während es gleichzeitig elastisch und formbar bleibt.
In vorhergehenden Ansätzen waren solche Batterien jedoch oft noch limitiert hinsichtlich der Betriebsspannung und der Stabilität. Einige Modelle verwendeten zudem umweltschädliche fluorhaltige Verbindungen, die langfristig problematisch und kostspielig sind. Der neue Forschungsansatz, der von Wissenschaftlern der University of California, Berkeley, und der Georgia Institute of Technology verfolgt wurde, konzentriert sich auf die Herstellung einer fluorfreien, komplett wasserbasierten Hydrogel-Lithium-Ionen-Batterie. Dieses System hebt sich deutlich von bisherigen Technologien ab und kombiniert eine hohe Flexibilität mit der Fähigkeit zur Selbstheilung. Dabei kann die Batterie bei schweren Beschädigungen, beispielsweise wenn sie mit einem Rasiermesser in zwei Hälften geteilt wird, die getrennten Teile wieder verbinden und fast unbeeinträchtigt weiter Strom liefern.
Die Selbstheilung basiert auf speziellen, dynamischen chemischen Bindungen innerhalb des Hydrogel-Elektrolyten und der Anordnung der Elektroden, wodurch das Material nach einer physischen Trennung bei Kontaktieren der Schnittflächen in der Lage ist, sich binnen kurzer Zeit wieder zu verbinden. Unterstützt wird dieser Prozess durch mechanische Anpassungen, die sowohl das Zurückkehren der Leitfähigkeit als auch die Aufrechterhaltung der strukturellen Integrität sicherstellen. Neben der Fähigkeit, Schnitte und wiederholtes Durchstechen mit Nadeln zu überstehen, zeichnet sich die Batterie durch Stabilität bei hoher Dehnbarkeit, Biegung und Verdrehen aus. In praktischen Tests konnte sie eine gelbe Kontrollleuchte kontinuierlich mit Strom versorgen, selbst unter mechanisch anspruchsvollen Bedingungen. Das spricht für eine außerordentliche Robustheit und macht sie zu einem idealen Kandidaten für Wearables, die ständigen Bewegungen und mechanischem Stress ausgesetzt sind.
Spannend ist zudem die erzielte Spannung von bis zu 3,11 Volt, was mehr als das Doppelte der meisten bisherigen Hydrogel-Batterien mit 1,23 Volt darstellt. Damit könnten zahlreiche tragbare Geräte leistungsfähiger und langlebiger betrieben werden. Überdies hat die Batterie mehrere Hundert Lade- und Entladezyklen mit einer Entladungseffizienz von rund 95 Prozent problemlos absolviert, was auf eine gute Langzeitstabilität hinweist. Dennoch räumen die Forscher ein, dass die Energiedichte der aktuellen Prototypen noch weit unter der von kommerziellen Lithium-Ionen-Batterien liegt – etwa ein Zehntel. Optimierungen an der Elektrodenstruktur und an den Elektrolytchemikalien sind vorgesehen, um diese Lücke zu schließen.
Nichtsdestotrotz könnten die gegenwärtigen Entwicklungen bereits für spezifische Anwendungen ausreichen, wie etwa zur Integration als Polymerarmband in Smartwatches, um deren Betriebslaufzeit erheblich zu verlängern, sodass eine Wiederaufladung nur noch einmal pro Woche oder seltener notwendig wäre. Ein weiterer bemerkenswerter Fortschritt ist das Bestreben der Forscher, die Herstellung dieser Batterien von der Laborumgebung in eine industrielle Massenproduktion zu überführen. Durch innovative Roll-to-Roll-Verfahren könnten Batterien in großem Maßstab gefertigt werden, was eine schnelle Verbreitung und kostengünstige Produktion begünstigt. Die Möglichkeiten, die sich durch die dehnbare, selbstheilende Batterie eröffnen, beschränken sich nicht nur auf den Consumer-Bereich. In der Medizin könnten flexible Energiequellen für implantierbare Geräte oder tragbare Sensoren die Patientenversorgung revolutionieren und die Lebensqualität steigern.
Ebenso profitieren Soft-Roboter von solchen langlebigen und widerstandsfähigen Energiequellen, da sie häufig in dynamischen und strapaziösen Umgebungen operieren. Neben der Materialentwicklung wurde auch das Zusammenspiel mit integrierten, flexiblen Schaltkreisen berücksichtigt. Die Kombination von selbstheilenden Batterien mit selbstheilenden elektronischen Komponenten könnte für die nächste Generation intelligenter Systeme, die Anpassungsfähigkeit, Langlebigkeit und Sicherheit in einem bieten, wegweisend sein. Die Herausforderungen bleiben allerdings nicht unerheblich. Die Optimierung der Energiedichte muss Hand in Hand gehen mit der Beibehaltung der Elastizität und Selbstheilfähigkeit.
Zudem müssen potenzielle Umweltaspekte und Recyclingfähigkeit bei der großflächigen Anwendung berücksichtigt werden. Sicherheit ist in jedem Fall eine Priorität, denn trotz des wasserbasierten Elektrolyts müssen auch langfristig stabile und ungiftige Materialien eingesetzt werden. Das Konzept einer selbstheilenden, dehnbaren Lithium-Ionen-Batterie macht deutlich, wie sich die Zukunft der Energieversorgung für tragbare, flexible und robuste Elektronik gestaltet. Die Fähigkeit, mechanische Beschädigungen autonom zu reparieren und dabei funktionsfähig zu bleiben, eröffnet völlig neue Einsatzfelder und senkt gleichzeitig die Wartungsanforderungen und Folgekosten. Die wissenschaftliche Veröffentlichung vom April 2025 im Fachjournal Science Advances hat in Fachkreisen hohe Aufmerksamkeit erzielt.