Der Zusammenbruch der Kryptowährungsbörse FTX im Jahr 2022 erschütterte die gesamte Kryptoindustrie und hinterließ eine große Zahl von Gläubigern mit enormen Verlusten. Nach umfangreichen juristischen und finanziellen Verfahren hat der FTX Recovery Trust nun die zweite große Auszahlung an die berechtigten Gläubiger eingeleitet. Am 30. Mai begann die Distribution von fünf Milliarden US-Dollar, was einen wichtigen Fortschritt in der teilweise langwierigen Rückzahlungsphase darstellt. Die Auszahlung ist für viele Gläubiger ein Hoffnungsschimmer nach den finanziellen Einbußen im Zuge der Insolvenz und trägt dazu bei, das Vertrauen in zukünftige Verfahren zur Bewältigung von Insolvenzen in der Kryptoindustrie zu stärken.
Die Beträge werden insbesondere über die offiziellen Partner Kraken und BitGo ausgezahlt, was einen reibungslosen und transparenten Prozess ermöglicht. Die Gläubiger, die die vorgegebenen Vorabbedingungen erfüllt haben, erhalten ihre Zahlungen binnen ein bis zwei Werktagen. Ein auffälliges Merkmal dieser Auszahlungsrunde sind die unterschiedlichen Prozentsätze der Rückerstattung, die sich je nach Anspruchstyp unterscheiden. Die Dotcom Customer Entitlement Claims werden dabei mit bis zu 72 Prozent bedient, während US-amerikanische Kunden etwa 54 Prozent erhalten. Besonders hervorzuheben ist die vollständige Erstattung von 120 Prozent für Convenience Claims, was bei vielen Betroffenen für Erleichterung sorgt.
Daneben werden General Unsecured Claims sowie Digital Asset Loan Claims mit 61 Prozent ausgezahlt. Die Strukturierung dieser Auszahlungen reflektiert die komplexe Situation der Insolvenz, in der verschiedene Anspruchsklassen unterschiedlich priorisiert werden müssen. Die Folgen dieser massiven Auszahlung wirken sich auch auf die Krypto-Märkte aus. Experten und Analysten warnen vor einer möglichen kurzfristigen Volatilität, da die nun wieder in Umlauf kommenden Mittel von einigen Gläubigern möglicherweise schnell umgesetzt oder auf verschiedenen Handelsplattformen verkauft werden könnten. Solche massive Liquiditätsspritzen können die Preisbildung beeinflussen und zu erhöhten Schwankungen bei digitalem Vermögen führen.
Die zweite Auszahlung ist nach der ersten tranche von 1,2 Milliarden US-Dollar im Februar 2025 die bislang größte und wurde mit besonderer Aufmerksamkeit in der Kryptoszene verfolgt. Die erste Auszahlung hatte sich vor allem an kleinere Gläubiger mit Forderungen unter 50.000 US-Dollar gerichtet. Diesmal profitieren auch größere Anspruchsgruppen vom umfangreichen Kapitalrückfluss, was den sich langsam normalisierenden Prozess unterstreicht. Dennoch gibt es weiterhin Kritik und Bedenken hinsichtlich der Bewertung der Forderungen.
So wies der Gläubiger Sunil Kavuri bereits im September 2024 darauf hin, dass die Berechnung der Ansprüche auf Basis der Preise zum Zeitpunkt der Insolvenz erfolgte – zu einem Zeitpunkt, als die Kryptomärkte noch stark im Bärenmarkt steckten. Dies führt dazu, dass viele Gläubiger tatsächlich nur zwischen zehn und 25 Prozent des tatsächlichen Werts ihrer Krypto-Bestände zurückerhalten, sofern man den heutigen Marktwert als Referenz nimmt. Darüber hinaus ist die globale Fairness der Antragsannahme ein Thema. Kavuri kritisierte, dass Bürger aus 163 Ländern, darunter Staaten wie Ägypten, Iran, Russland, Grönland und Pakistan, für eine Auszahlung nicht berücksichtigt werden. Viele dieser Länder sind aufgrund von Sanktionen oder regulatorischen Einschränkungen vom Prozess ausgeschlossen, was zu einer ungleichen Behandlung zahlreicher Betroffener führt und Fragen zur internationalen Gerechtigkeit aufwirft.
Die Insolvenz von FTX und die laufende Abwicklung haben indes auch Auswirkungen auf den Gründer Sam Bankman-Fried. Der ehemalige CEO wurde für Betrug im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch zu einer 25-jährigen Haftstrafe verurteilt, von der er bis 2044 voraussichtlich nicht vorzeitig entlassen wird. Neben der Gefängnisstrafe wurde eine Geldbuße von über 11 Milliarden US-Dollar verhängt. Bankman-Fried befindet sich seit August 2023 in Haft, nachdem sein Kautionsstatus aufgehoben wurde. Dies geschah im Nachgang an Vorwürfe zur Zeugenbeeinflussung, da vertrauliche Tagebucheinträge vom ehemaligen Alameda-CEO Caroline Ellison, einer zentralen Zeugin, publik gemacht wurden.
Der Gefangene wurde kürzlich in eine Haftanstalt in Oklahoma verlegt, nachdem er wegen eines unautorisierten Interviews unter Einzelhaft gestellt wurde. Die Entwicklungen rund um das FTX-Desaster stehen exemplarisch für die Risiken und Herausforderungen, die mit der rasant wachsenden Branche der Kryptowährungen verbunden sind. Die Rückzahlungen durch den FTX Recovery Trust dienen einerseits der Schadensbegrenzung und personellen Entschädigung, andererseits spiegeln sie die Komplexität von Insolvenzverfahren in einem global vernetzten und wenig regulierten Umfeld wider. Viele Fachleute sehen in den jetzigen Auszahlungen einen Schritt in die richtige Richtung, hoffen aber gleichzeitig auf weitere Reformen, um künftige Krisen besser zu verhindern. Das Engagement von Plattformen wie Kraken und BitGo bei der Durchführung der Zahlungen wird als ein wichtiger Beitrag zur Professionalisierung der Branche gewertet.
Für die betroffenen Gläubiger bedeutet die zweite Auszahlung eine dringend benötigte finanzielle Entlastung, zugleich hält die Debatte über faire Bewertung und globale Zugänglichkeit weiter an. Die Zukunft der Kryptoindustrie könnte durch die Erfahrungen mit FTX nachhaltig geprägt werden – mit klareren rechtlichen Rahmenbedingungen, verbesserter Transparenz und höherer Verantwortung von Börsen und Finanzakteuren. Das Vertrauen der Anleger wird auf diese Weise vielleicht wieder wachsen können, nachdem die Ereignisse rund um FTX zu tiefgreifenden Erschütterungen geführt haben. Insgesamt kennzeichnet die zweite Auszahlung des FTX Recovery Trust einen wichtigen Moment auf dem Weg zur Abwicklung eines der größten Insolvenzfälle in der Geschichte der Kryptowährungen. Die nun durchgeführte Verteilung von fünf Milliarden US-Dollar zeigt, dass trotz der verstrichenen Zeit und den Herausforderungen weiterhin Fortschritte erzielt werden.
Anleger, Marktteilnehmer und Regulierungsbehörden beobachten gespannt, wie der Prozess weiter verläuft und welche Lehren aus der FTX-Krise gezogen werden können, um den Schutz von Investoren und die Stabilität der Märkte langfristig zu stärken.