Die Finanzwelt befindet sich im Umbruch. Digitale Währungen und Blockchain-Technologien gewinnen stetig an Bedeutung und stellen traditionelle Finanzprozesse auf den Prüfstand. Besonders Stablecoins, also digital an den US-Dollar oder andere Fiat-Währungen gekoppelte Kryptowährungen, haben die Aufmerksamkeit von Regierungen, Investoren und Banken gleichermaßen auf sich gezogen. Diese speziell im US-Markt diskutierte Form der digitalen Währung verspricht schnelle Transaktionen bei deutlich geringeren Kosten als herkömmliche Banküberweisungen. Doch angesichts dieser Vorteile wächst bei den etablierten Banken die Sorge, ihre dominierende Marktposition zu verlieren, was sich deutlich im Widerstand gegen die sogenannte GENIUS-Akt zeigt – der Guiding and Establishing National Innovation for US Stablecoins Act.
Das geplante Gesetz hat das Ziel, einen rechtlichen Rahmen für die Herausgabe von Stablecoins in den USA zu schaffen und eine klare Regulierung zu etablieren. Für Banken allerdings steht der drohende Verlust von Marktanteilen im Vordergrund, da Stablecoins Finanzintermediationen umgehen könnten. Banken und deren politische Verbündete im US-Senat blockieren daher die Gesetzgebung mit Nachdruck. Dabei erfordert das Gesetz eine breite Mehrheit im Senat, inklusive Stimmen von mindestens sieben Demokraten, um durchgesetzt zu werden. Unter den Kritikern des Gesetzes befindet sich auch Senatorin Elizabeth Warren, die besonders skeptisch gegenüber Tech-Firmen ist, welche eigene Stablecoins herausgeben wollen.
Warren äußerte Bedenken, dass große Technologieunternehmen dank dieses Gesetzes den Zahlungsverkehr in unbekanntem Maße beeinflussen könnten, ohne die bisherigen Kontrollmechanismen finanzierter Institute zu durchlaufen. Sie fordert, dass Tech-Firmen nur in Kooperation mit regulierten Finanzinstitutionen am Stablecoin-Geschäft teilnehmen sollten. Banken sehen in Stablecoins nicht nur eine technologische Herausforderung, sondern auch eine ökonomische Bedrohung. Traditionelle Zahlungsdienstleister und Banken sind auf Einnahmen aus Zahlungsabwicklungen angewiesen, und günstigere, schnellere Blockchain-basierte Transaktionen könnten diese Erträge erheblich schmälern. Darüber hinaus stellen Stablecoins insbesondere im Bereich der grenzüberschreitenden Zahlungen eine ernstzunehmende Konkurrenz dar, denn sie reduzieren zeitliche Verzögerungen und Kosten immens.
Die Banken befürchten außerdem, dass die Dezentralisierung des Zahlungsverkehrs und der direkte Peer-to-Peer-Handel etablierte Geschäftsmodelle infrage stellt. Auf der anderen Seite betont die Befürworterseite die Effizienzgewinne und die Innovationsmöglichkeiten, die Stablecoins mit sich bringen. Der Gouverneur der Federal Reserve Bank, Christopher Waller, plädierte bereits dafür, dass nicht-bankenähnliche Unternehmen die Erlaubnis erhalten sollten, Stablecoins herauszugeben. Er sieht darin eine Chance, die Nutzung von Zahlungssystemen vor allem in Entwicklungsländern auszuweiten, was langfristig auch der US-Wirtschaft zugutekommen könnte. Ebenso untermauern Daten die wachsende Bedeutung von Stablecoins im Finanzsystem: Herausgeber von überbesicherten Stablecoins zählen zu den größten Käufern von US-Staatsanleihen – sie übertrumpfen sogar Länder wie Deutschland oder Südkorea.
Dies zeigt, wie eng Stablecoins mit dem traditionellen Finanzmarkt verflochten sind und welche Bedeutung sie in der Geldpolitik erlangen können. Bank of America, ein führendes Institut der Branche, hat ebenfalls signalisiert, dass es den Einstieg ins Stablecoin-Geschäft erwägt. Ein eigenes, an den US-Dollar gebundenes digitales Token könnte für die Bank neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen und gleichzeitig die eigene Wettbewerbsfähigkeit sichern. Auch im politischen Umfeld steigt die Akzeptanz für Stablecoins. Bei der ersten White House Crypto Summit betonte der US-Finanzminister Scott Bessent, dass Stablecoins eine wichtige Rolle dabei spielen sollen, die globale Vormachtstellung des US-Dollars zu festigen und auszubauen.
Die Diskussion um die Gesetzgebung verdeutlicht die multiplen Ebenen, auf denen Stablecoins Wirkung entfalten: Ökonomische Interessen, technologische Chancen, regulatorische Herausforderungen und geopolitische Implikationen verflechten sich in komplexer Weise. Die Banken verteidigen ihre Marktanteile vehement und nutzen ihre politische Verankerung, um das Gesetzgebungsverfahren zu ihrem Vorteil zu beeinflussen. Gleichzeitig wächst jedoch der Druck, einen Innovationsstillstand zu vermeiden. Stablecoins und die Blockchain-Technologie sind mittlerweile nicht mehr nur Nischenprodukte, sondern potenzielle Kernkomponenten des modernen Finanzsystems. Die Herausforderung besteht darin, ein Gleichgewicht zwischen Sicherheit, Verbraucherschutz und Innovationsförderung zu finden.