Im Mai 2025 wurde in den Vereinigten Staaten ein bedeutendes Urteil gesprochen, das weitreichende Konsequenzen für die Regulierung und Rechtsprechung im Bereich der dezentralisierten Finanzsysteme (DeFi) hat. Ein US-Bundesrichter hat die Betrugsverurteilungen gegen Avraham Eisenberg aufgehoben, der im Zentrum des hochkomplexen Falls rund um den Exploit des DeFi-Protokolls Mango Markets stand. Dieses Ereignis markiert einen wichtigen Meilenstein im Umgang der Justiz mit den technologischen und juristischen Herausforderungen moderner Kryptowährungsmärkte. Der Fall Mango Markets sorgte bereits zuvor für Aufsehen, als bekannt wurde, dass Eisenberg durch eine Ausnutzung der Protokollmechanismen der dezentralen Börse erstmals einen Betrag von rund 110 Millionen US-Dollar an Krypto-Assets abheben konnte. Die Verurteilung im Jahr 2024 basierte auf der Annahme, dass Eisenberg durch Manipulation und betrügerische Handlungen den Preis des MNGO-Tokens innerhalb weniger Minuten um über 1.
300 Prozent künstlich aufgebläht habe. Darauf basierend nutzte er den inflationsartig erhöhten Wert als Sicherheit, um die enorme Summe von Mango Markets abzuziehen. Die Anklage der US-Justizbehörden beruhte vor allem auf der Einschätzung, Eisenberg habe durch falsche Angaben und Täuschungen das Lending-System von Mango Markets getäuscht und beschädigt. Im Zuge des Prozesses trat Eisenberg selbst als „angewandter Spieltheoretiker“ auf, der argumentierte, er habe lediglich Schwächen und Schlupflöcher im Design des Protokolls ausgenutzt, jedoch niemanden aktiv getäuscht. Das Gericht entschied letztlich zugunsten Eisenbergs und stellte fest, dass das System von Mango Markets aufgrund seines permissionless und automatisierten Charakters keine Möglichkeit biete, im rechtlichen Sinne irregeführt zu werden.
Dies bedeutet, dass das Protokoll in seiner Konstruktion so offen und regelbasiert war, dass keine bewussten Falschangaben oder Täuschungen vorlagen. Die Beweisführung der Staatsanwaltschaft konnte daher keine stichhaltigen Hinweise auf eine strafrechtlich relevante Täuschung liefern. Dieses Urteil besitzt nicht nur in Bezug auf Eisenbergs individuellen Fall Bedeutung, sondern auch auf das Verständnis und die kriminalrechtliche Einordnung von Fällen, in denen Nutzer Protokollsicherheit und Smart Contracts aus technischer Sicht ausnutzen. Es stellt grundlegende Fragen zur Definition von Betrug und Manipulation im Kontext automatisierter, dezentraler Systeme. Die Entscheidung stellt einen Präzedenzfall dar, der bei künftigen Fällen von Exploits im Bereich DeFi wichtige juristische Orientierung bieten kann.
Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt des Urteils betrifft den Verfahrensort. Die Staatsanwaltschaft wollte den Fall an einem Gericht in New York verhandeln lassen, was mit Blick auf betroffene Nutzer und Dienstleister in der Region nahe lag. Das Gericht hingegen entschied, dass Eisenbergs Taten in Puerto Rico ausgeführt wurden und keine ausreichenden Aktivitäten existierten, die eine Zuständigkeit in New York begründen könnten. Diese Festlegung festigte die Bedeutung des Tatorts in virtuellen und global verteilten Anwendungsfällen von Kryptowährungsgeschäften. Zu beachten ist jedoch, dass trotz der Aufhebung der Betrugsverurteilungen Eisenberg nicht aus dem Gefängnis entlassen wurde.
Er wurde bereits in einem anderen Fall im Mai 2025 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, nachdem er sich in einem Fall von Besitz kinderpornografischen Materials schuldig bekannt hatte. Dieses Vergehen ist unabhängig vom Mango Markets Fall und wird streng getrennt betrachtet. Im Zusammenhang mit der Entscheidung des Gerichts hat das US-Justizministerium bislang nicht bekannt gegeben, ob die aufgehobenen Anklagen in einem anderen Zusammenhang erneut erhoben werden. Analysten und Beobachter sehen die Entscheidung auch als Hinweis auf eine mögliche veränderte Durchsetzungsstrategie der US-Regierung gegenüber Kryptowährungsdelikten unter der aktuellen Regierung. Darüber hinaus führt das Urteil zu weiterer Unsicherheit darüber, wie Regulierungsbehörden künftig mit DeFi-Protokollen umgehen können.
Da dezentrale Systeme bewusst darauf ausgelegt sind, ohne zentrale Kontrollinstanzen zu funktionieren und offene Zugänge bieten, gestaltet sich der Nachweis von Betrug deutlich schwieriger als bei traditionellen Finanzsystemen. Die Debatte um gesetzliche und regulatorische Anforderungen ist somit neu entfacht, und Juristen, Entwickler sowie politische Entscheidungsträger sind gefordert, innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Sehr viele Investoren und Nutzer in der Kryptowährungsbranche beobachten den Fall mit großem Interesse, da er beispielhaft zeigt, wie technologische Innovationen und Rechtsprechung in Konflikt geraten können. Was früher einfach als Betrug eingestuft wurde, lässt sich in der Welt der Smart Contracts und automatisierten Protokolle oftmals nur schwer zuordnen. Die juristische Interpretation von „Material Falsity“ oder „Täuschung“ ist im Bereich der Dezentralisierung und Autonomie von Protokollen, wie Mango Markets eines darstellt, ein komplexes Unterfangen.
Die Tatsache, dass die Preismanipulation algorithmisch entstand und durch die Regeln des Systems selbst zustande kam, unterstreicht die Herausforderungen, mit denen Gesetzgeber und Gerichte konfrontiert sind. Mango Markets selbst hat nach dem Exploit im Jahr 2022 versucht, die Schwachstellen im System zu schließen. Die Debatte um die Absicherung von DeFi-Protokollen gegen Ausnutzung durch komplizierte, automatisierte Prozesse ist in der Branche sehr intensiv. Trotzdem zeigt der Fall Eisenberg eindrucksvoll, wie schwer es ist, im nachhinein rechtliche Ansprüche durchzusetzen, wenn Protokolle offen und ohne zentrale Kontrolle agieren. Neben der strafrechtlichen Dimension läuft gegen Eisenberg zusätzlich ein zivilrechtliches Verfahren, bei dem unter anderem die US-Börsenaufsichtsbehörden SEC und CFTC involviert sind.
Diese Verfahren sind eigenständig zu betrachten und unterliegen anderen Rechtsgrundsätzen, doch auch hier sind die Chancen kritisch bewertet. Insgesamt markiert der Fall eine Zäsur im Umgang mit DeFi-Exploits und den daran anknüpfenden strafrechtlichen Ermittlungen. Der Grundsatz, dass ein dezentral aufgebautes und öffentlich einsehbares Protokoll keine klassisch strafbare Täuschung ermöglichen kann, wird künftig die Grundlage für viele ähnliche Fälle sein. Die Kryptowelt hat gezeigt, dass technische Innovationen die traditionellen Strukturen von Märkten und Rechtssystemen herausfordern. Der Fall Mango Markets steht beispielhaft dafür, wie wichtig eine fundierte, technische und juristische Analyse bei der Beurteilung von Krypto-Fällen ist.