Wasserstoff steht seit langem im Fokus der Forschung als vielversprechender Energieträger der Zukunft. Seine emissionsfreien Eigenschaften machen ihn zu einer unverzichtbaren Komponente bei der Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien. Bislang wird Wasserstoff hauptsächlich durch energieintensive Verfahren wie Erdgasreformierung produziert, was große Mengen an Treibhausgasen verursacht. Doch eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern und Unternehmen richtet den Blick jetzt unter die Erdoberfläche: Dort könnten natürliche Lagerstätten von sauberem Wasserstoff schlummern, die eine umweltfreundliche und wirtschaftlich attraktive Energiequelle darstellen. Die jüngsten Durchbrüche in der geochemischen Erforschung ermöglichen es, die Bedingungen zu verstehen, unter denen Wasserstoff in der Erdkruste entsteht, sich ansammelt und erhalten bleibt.
Dieses Wissen bildet den „Rezeptplan“ für die gezielte Suche nach solchen natürlichen Wasserstoffvorkommen und könnte die globale Energielandschaft grundlegend verändern. Im Mittelpunkt steht die Erkenntnis, dass Wasserstoff unter vielfältigen geologischen Prozessen entsteht. Es gibt eine Vielzahl natürlicher Mechanismen, die Wasserstoff generieren, wobei der simpelste eine chemische Reaktion ist, bei der Wasser gespalten wird. Diese Reaktionen können in verschiedenen Gesteinsarten stattfinden, vor allem in solchen, die reich an Eisen sind, wie Basalte. Die über Jahrmillionen wirkenden geologischen Kräfte führen dazu, dass in gewissen Regionen Wasserstoff freigesetzt wird.
Entscheidend ist, dass der Wasserstoff nicht ungehindert entweicht, sondern in unterirdischen Reservoiren eingeschlossen wird. Für die erfolgreiche Speicherung sind deshalb neben einem Wasserstoffproduktionsprozess auch geeignete Speichergesteine und natürliche Abdichtungen erforderlich, sogenannten „Dichtungen“, die verhindern, dass das Gas entweicht. Die Entstehung und Speicherung von natürlichem Wasserstoff ist kein Zufall. Evolutionäre und tektonische Prozesse spielen eine bedeutende Rolle. Tekttonische Spannungen und hohe Wärmeflüsse setzen Wasserstoff innerhalb der Erdkruste frei und veranlassen ihn, in tiefere, aber erreichbare Zonen aufzusteigen.
Dort können geologische Strukturen den Wasserstoff aufnehmen und für Jahrtausende konservieren. Solche Strukturen finden sich weltweit, etwa in den sogenannten Ophiolithkomplexen – große Abschnitte von Meeresboden, die durch geologische Vorgänge auf das Kontinentalschelf gehoben wurden. Besonders vielversprechend sind Ophiolithe, da sie eisenreiche Gesteine enthalten, die Wasserstoff durch Reaktionen mit Wasser bilden können. Ein herausragendes Beispiel ist ein kürzlich entdecktes enormes Wasserstofflager in einem Ophiolitkomplex in Albanien, das die Existenz wirtschaftlich nutzbarer natürlicher Wasserstoffvorkommen bestätigt. Ebenso vielversprechend sind große magmatische Provinzen und sogenannte Archaean Greenstone-Bänder, deren geologische Verhältnisse Wasserstoffbildung begünstigen.
Auch Regionen wie der Mid-Continental Rift in Kansas, USA, stellen einen interessanten Standort für die Erforschung dar. Dort haben sich vor etwa einer Milliarde Jahren Basaltgesteine angehäuft, die durch ihre Reaktion mit Wasser natürliche Wasserstoffquellen bilden können. Wissenschaftler suchen daher gezielt nach geologischen Fallen, in denen dieser Gasüberschuss gespeichert ist. Die Suche nach natürlichem Wasserstoff ist jedoch komplex. Eines der Probleme ist, dass bestimmte Mikroorganismen Wasserstoff als Energiequelle nutzen und ihn so biologisch abbauen könnten.
Dies führt dazu, dass in manchen Gebieten kein Wasserstoff erhalten bleibt, selbst wenn er technisch entstanden ist. Die Berücksichtigung solcher biologischen Einflüsse ist deshalb unabdingbar bei der Entwicklung von Explorationsstrategien für Wasserstoff. Unternehmen im Bereich der Energiegewinnung und Rohstoffexploration orientieren sich mittlerweile an den von Forschern formulierten „Erstprinzipien“ der Wasserstoffbildung und -lagerung. Sie untersuchen systematisch geologische Rahmenbedingungen, die den Weg von der Produktion bis zur Erhaltung von Wasserstoff steuern. Zu den namhaften Akteuren zählen etwa Koloma, Hy-Terra und Snowfox, die von bedeutenden Investoren und Großunternehmen wie Bill Gates’ Breakthrough Energy Fund, Fortescue, BP und RioTinto unterstützt werden.
Der gewonnene Wasserstoff könnte die Industrie erheblich dekarbonisieren. Wasserstoff wird heute vor allem zur Herstellung wichtiger Chemikalien wie Methanol und Ammoniak verwendet — letzteres ist wesentlicher Bestandteil von Düngemitteln. Die Einbindung von sauberem, unterirdisch gewonnenem Wasserstoff könnte den ökologischen Fußabdruck der Landwirtschaft und anderer Sektoren drastisch senken. Auch im Verkehrs- und Energiesektor ist Wasserstoff ein Hoffnungsträger. Brennstoffzellenfahrzeuge und Wasserstoffkraftwerke gewährleisten eine saubere Energieversorgung, die weder lokale Emissionen noch CO2-Ausstoß verursacht.
Die Tatsache, dass Erdgas aus fossilen Quellen den derzeitigen Wasserstoffmarkt dominiert, stellt ein zentrales Hindernis für den Klimaschutz dar. Umso wichtiger ist die Entdeckung von natürlichen Wasserstoffvorkommen, die ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe auskommen und damit tatsächlich sauber sind. Die Wissenschaft steht vor der Herausforderung, diese Lagerstätten nicht nur aufzuspüren, sondern auch technisch und wirtschaftlich zu erschließen. Die Forschungsarbeit legt nahe, dass die Erde im Lauf der letzten Milliarde Jahre genug Wasserstoff produziert hat, um den heutigen weltweiten Bedarf für rund 170.000 Jahre zu decken — vorausgesetzt, dieser natürliche Wasserstoff lässt sich in ausreichender Menge zugänglich machen und fördern.
Dieses Potenzial könnte Energiekonflikte und Abhängigkeiten von fossilen Importen reduzieren und globale Energiesysteme nachhaltiger gestalten. Die Entdeckung und Nutzung natürlicher Wasserstoffressourcen ist aber kein Selbstläufer. Es benötigt eine interdisziplinäre Herangehensweise, bei der Geochemie, Geophysik, Mikrobenökologie und Ingenieurwissenschaften zusammenwirken. Nur so können die Komplexität der Entstehungsprozesse erfasst, Abbaumethoden entwickelt und Förderstrategien optimiert werden. Zusätzlich muss der Einfluss auf bestehende Ökosysteme berücksichtigt werden, um negative Umweltwirkungen zu vermeiden.
Die Suche nach „sauberem Wasserstoff“ ist daher eine Pionierarbeit, die sowohl wirtschaftlichen als auch wissenschaftlichen Ehrgeiz erfordert. Internationale Kooperationen und Investitionen sind der Schlüssel, um dieses enorme Potenzial zu heben und eine nachhaltige Energiezukunft zu gestalten. Die bereits identifizierten Schlüsselregionen weltweit bieten zahlreiche Ansatzpunkte für zukünftige Explorationen. Auch in Deutschland und Europa könnten vergleichbare geologische Rahmenbedingungen existieren, die es zu erforschen gilt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die natürliche Wasserstoffsuche keine bloße akademische Fragestellung mehr ist, sondern ein handfestes, umweltrelevantes Thema mit weltweiten Auswirkungen.
Mit gezielten Forschungen und technologischen Innovationen wird es möglich, Wasserstoff aus den Tiefen der Erde als sauberen Energieträger zu nutzen und damit einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende zu leisten. Die Kombination aus geologischer Expertise, modernster Technologie und nachhaltigem Anspruch markiert den Aufbruch in eine neue Ära der Energiegewinnung – mit Wasserstoff als einem der wertvollsten Schätze, der unter unseren Füßen verborgen ist.