Die rasante Entwicklung der Computertechnologie steht in den letzten Jahrzehnten im Zeichen elektrischer Halbleiter und der stetigen Miniaturisierung von Transistoren. Seit mehr als 50 Jahren bestimmen Regeln wie das Mooresche Gesetz und das Dennard Scaling die Fortschritte in der Halbleiterindustrie. Doch in jüngster Zeit stoßen diese Prinzipien an ihre physikalischen Grenzen. Die steigende Komplexität aktueller Anwendungen, insbesondere im Bereich Künstliche Intelligenz (KI), verursacht enormen Rechen- und Energiebedarf, der mit herkömmlichen elektronischen Chips nur noch schwer zu bewältigen ist. Vor diesem Hintergrund gewinnt die photonische Datenverarbeitung, also die Nutzung von Lichtteilchen (Photonen) anstelle von Elektronen, zunehmend an Bedeutung und wird als vielversprechende Alternative zur Elektronik betrachtet.
Photonic computer chips, oder photonische Computerchips, können in puncto Rechenleistung und Effizienz mittlerweile mit rein elektronischen Chips konkurrieren, wie führende Forschungsteams aus den USA und Singapur jüngst demonstriert haben. Diese Fortschritte könnten die Art und Weise revolutionieren, wie Computer in Zukunft gebaut und eingesetzt werden. Lichtbasierte Berechnung verspricht eine deutlich höhere Geschwindigkeit und Energieeffizienz bei essentiellen Operationen, die besonders in KI-Algorithmen wie neuronalen Netzen eine zentrale Rolle spielen. Es handelt sich dabei insbesondere um die Multiplikation und Addition von Zahlen, sogenannte Multiply-Accumulate (MAC)-Operationen, die photonenbasiert in Bruchteilen von Nanosekunden realisiert werden können. Die Integration photonischer Komponenten in klassische Siliziumchip-Strukturen stellt dabei eine technische Herausforderung dar, die mittlerweile erfolgreich gemeistert wird.
Forscher des Unternehmens Lightelligence in Singapur entwickelten ein hybrides System, das unter dem Namen PACE (Photonic Arithmetic Computing Engine) bekannt ist. Dieser Chip vereint mehr als 16.000 photonische Elemente auf einer einzigen Siliziumplattform und verarbeitet binäre Vektoroperationen extrem schnell. Daten werden zunächst elektronisch eingegeben, anschließend als Lichtintensitäten kodiert und in einem optischen Array aus 64 mal 64 Gewichtssensoren multipliziert und summiert. Das Ergebnis wird zurück in die elektronische Domäne konvertiert, vergleichbar mit einem digitalen Schwellenwertschalter, und in einer Rückkopplungsschleife solange wiederholt, bis ein stabiler Lösungszustand erreicht ist.
Diese Methode ermöglicht es, komplexe Optimierungsprobleme wie das Max-Cut-Problem innerhalb von nur fünf Nanosekunden zu lösen. Damit ist der PACE-Chip rund 500 mal schneller als momentan verfügbare Grafikprozessoren, die oft für derartige Rechenaufgaben eingesetzt werden. Parallel hierzu entwickelte das Unternehmen Lightmatter in den USA einen photonischen Prozessor, der speziell auf den Einsatz in modernen KI-Modellen ausgelegt ist. Ihre Architektur kombiniert sechs Chips in einem einzigen Paket mit schnellen Verbindungen zwischen vertikal ausgerichteten photonischen Tensor-Kernen und elektronischen Steuerchips. Jeder der Tensor-Kerne beinhaltet alle notwendigen photonischen sowie analogen Bauelemente zur Berechnung von Matrizenoperationen.
Die aktuelle Implementierung bietet eine Rechenleistung von über 65 Billionen 16-Bit-Operationen pro Sekunde bei einem deutlich niedrigeren Energieverbrauch als vergleichbare elektronische Systeme. Spannend ist, dass diese Technologie bereits realistische KI-Anwendungen bewältigen kann, darunter Bildklassifikation, Textverarbeitung mit Modellen wie BERT und sogar komplexe Verstärkungslernverfahren. Die erzielten Genauigkeiten sind vergleichbar mit den besten herkömmlichen Prozessoren, womit ein entscheidender Schritt in Richtung praktikabler photonischer Rechengeräte erreicht wurde. Ein wichtiger Aspekt beider Entwicklungen ist die Herstellung der photonen-elektronischen Chips mittels bewährter CMOS-Fertigungstechniken, die bereits in der Halbleiterindustrie weit verbreitet sind. Dadurch ist eine Skalierung und Integration in bestehende Produktionsketten realistisch, was den Weg zum kommerziellen Einsatz ebnet.
Darüber hinaus sind die Systeme vollständig in Standardchip-Schnittstellen integriert, was ihre Kompatibilität mit heutigen Computersystemen verbessert. Die Vorteile photonischer Berechnung bestehen nicht nur in der Geschwindigkeit, sondern auch in der niedrigen Latenz und im Energieverbrauch, was besonders bei zeitkritischen und großskaligen Berechnungen zum Tragen kommt. Somit eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Entwicklung von Algorithmen und Systemarchitekturen, die gezielt die Stärken von Licht-basierten Rechenmechanismen nutzen. Besonders im Bereich der künstlichen Intelligenz, Hochleistungsrechnern, Datenzentren und komplexen Optimierungsprozessen könnten photonische Chips zu einem entscheidenden Faktor werden. Trotz der enormen Fortschritte befindet sich die photonische Computertechnologie allerdings noch immer in einem relativ frühen Stadium.
Herausforderungen wie die Vereinbarkeit mit bestehenden elektronischen Komponenten, die Zuverlässigkeit der photonischen Bauelemente und die Programmierbarkeit dieser Systeme werden weiterhin intensiv erforscht. Die jüngsten Erfolge zeigen jedoch, dass photonische Chips technisch machbar und leistungsfähig sind und im kommenden Jahrzehnt wohl eine bedeutende Rolle in der IT-Landschaft spielen werden. Neben den USA und Singapur forschen weltweit zahlreiche Institute und Unternehmen an photonischen Rechnern, was auf ein wachsendes Interesse an dieser Technologie hinweist. Die deutsche Forschungslandschaft ist ebenfalls aktiv und investiert in photonische Integration, vor allem an Universitäten und Innovationszentren mit Fokus auf Quanten- und Photoniktechnologien. Vor allem in Industrien, die auf extrem schnelle und große Datenverarbeitung angewiesen sind, sehen Experten großes Potenzial.
Die Kombination von Photonik und Elektronik könnte somit einen neuen Standard setzen und das Ende der Jahrzehnte währenden Dominanz elektronischer Transistoren einläuten. Als nächster Meilenstein gilt die weitere Verbesserung der Skalierung photonischer Rechenkerne und die Integration in komplette Systeme, die nahtlos im Alltag und spezialisierten Anwendungen genutzt werden können. Auch die Entwicklung neuer Programmierparadigmen für photonische Systeme ist ein spannendes Forschungsfeld, um die einzigartigen Eigenschaften dieser Technologie bestmöglich auszuschöpfen. Insgesamt markiert die Technologie der photonischen Computerchips einen bedeutenden Fortschritt hin zu energieneutraleren, schnelleren und hochintegrierten Rechensystemen. Dies ist besonders im Kontext der massenhaften Verbreitung von KI-Anwendungen und der Herausforderung immer komplexerer Algorithmen von essentieller Bedeutung.
Die Fusion von Licht und Elektronik verspricht, die Grenzen der bisherigen Rechentechnik zu überwinden und neue Anwendungen möglich zu machen, die bisher undenkbar waren. Damit steht photonic computing als Zukunftstechnologie bereit, die unser digitales Leben, industrielle Prozesse und wissenschaftliche Entdeckungen nachhaltig prägen kann. Die Zeit scheint reif für einen Durchbruch, der die Art revolutioniert, wie Informationen verarbeitet und Entscheidungen getroffen werden. Die Forschungsergebnisse aus Singapur und den USA liefern den entscheidenden Beweis dafür, dass photonische Computerchips nicht nur ein theoretisches Konzept, sondern bald handfeste Realität werden, die das Potenzial besitzen, den globalen Rechnermarkt grundlegend zu verändern.