David Chase, der kreative Kopf hinter der legendären HBO-Serie „Die Sopranos“, hat kürzlich in einem Interview Einblicke in seine neue Dokumentation „Wise Guy: David Chase and The Sopranos“ gegeben. Die dreistündige Dokumentation, die am 6. September 2024 Premiere feierte, wirft einen tiefen Blick auf die Entstehungsgeschichte der Serie und auf Chase selbst. Diese besondere Herangehensweise an die Zeit und die Einflüsse, die „Die Sopranos“ prägten, eröffnet den Zuschauern eine neue Perspektive auf das ikonische Werk, das die Fernsehlandschaft revolutionierte. Chase, der in der Dokumentation mit dem renommierten Filmemacher Alex Gibney, bekannt für seine Arbeiten wie „Taxi to the Dark Side“, zusammenarbeitet, beschreibt seine Motivation für die Entstehung des Films: „Ich fühlte, dass diese Geschichte noch nie richtig erzählt worden war.
“ Als Zuschauer sieht man, wie die Dokumentation die Wurzeln von Chase beleuchtet und gleichzeitig seine Vision für „Die Sopranos“ als ursprünglich geplanten Spielfilm reflektiert. Die Dokumentation beginnt in einer detailgetreuen Nachbildung des Büros von Dr. Jennifer Melfi, der Psychiaterin, die Tony Soprano, gespielt von James Gandolfini, therapeutisch betreute. Die Gespräche zwischen Chase und Gibney sind voller Ehrfurcht, während Chase die Entwicklung seiner Charaktere und die damit verbundenen Herausforderungen beschreibt. Der Film gibt den Zuschauern außerdem die Möglichkeit, exklusive Interviews mit Cast und Crew zu sehen, sowie brandneues Material hinter den Kulissen.
Ein zentrales Thema in „Wise Guy“ sind die Schwierigkeiten und der Druck, die die Darsteller, insbesondere James Gandolfini, während der Dreharbeiten zu „Die Sopranos“ erlebten. Gandolfini, der für seine Darstellung des komplexen mobsterischen Protagonisten Tony Soprano berühmt wurde, hatte mit Drogen- und Alkoholproblemen zu kämpfen, insbesondere in Zeiten, in denen die Serie ihren Höhepunkt erreichte. Es wird offenbart, dass es im Laufe der Dreharbeiten Vorfälle gab, in denen Gandolfini nicht erschien, und die Netzwerkchefs gezwungen waren, sein Gehalt zu kürzen und eine Intervention zu planen. Gandolfini, der 2013 im Alter von 51 Jahren starb, bleibt eine zentrale Figur in der Dokumentation und wird mit respektvollem Nachdruck gewürdigt. Inmitten der ernsten Themen gibt es jedoch auch viele unterhaltsame und leichtherzige Momente, zum Beispiel die Sichtung von unveröffentlichten Casting-Videos, in denen Schauspieler wie Michael Imperioli und Drea de Matteo um die Hauptrollen konkurrieren.
Chase erinnert sich besonders daran, wie überrascht er von der Leistung von Steven Van Zandt war, der letztendlich die Rolle des Silvio Dante übernahm. Ursprünglich hatte Chase darüber nachgedacht, Van Zandt für die Hauptrolle des Tony Soprano zu casten, aber er erkannte, dass er einen eigenen Charakter schaffen wollte. Ein weiterer interessanter Aspekt der Dokumentation ist die Diskussion über die umstrittenen Entscheidungen, die während der Produktion getroffen wurden. Chase gibt offen zu, dass er in der Vergangenheit „schwieriger und härter“ war, als er ursprünglich dacht. Insbesondere wird die Komplexität seiner Figur und die Spannungen zwischen ihm und den Autoren beleuchtet.
„Ich dachte, ich produziere eine Serie, und ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss“, erklärt er in einem der Interviews. Die Dokumentation gibt einen ehrlichen und ungeschönten Blick auf seine kreativen Kämpfe und die Ungewissheit, die oft mit dem Schaffensprozess verbunden ist. Ein weiterer Spannungsbogen der Dokumentation ist die Auseinandersetzung mit dem Prequel-Film „The Many Saints of Newark“, den Chase 2021 herausbrachte. Der Film konzentriert sich auf Christopher Moltisanti und dessen Vater, Dickie Moltisanti. Obwohl die Fans hohe Erwartungen an diesen Film hatten, waren die Kritiken gemischt und an den Kinokassen schnitt er schlecht ab.
Chase selbst bringt dies auf eine Reihe von Missverständnissen zurück: „Ich habe einige Fehler in der Konzeptions- und Schreibphase gemacht. Aber das Schlimmste war die Vermarktung. Das war eigentlich nicht die Geschichte von Tony Soprano, sondern die von Dickie Moltisanti. Die Fans waren enttäuscht, weil die Werbung ihnen nicht die wahre Essenz des Films vermittelte.“ Diese Reflexion über die Vermarktung zeigt, dass Chase die Herausforderungen anerkennt, die mit der Rückkehr zu einer so angesehenen Geschichte verbunden sind.
Er betont, dass das Projekt keineswegs ein „Cash Grab“ war, sondern das Ergebnis ehrlicher kreativer Bemühungen. In seiner Diskussion über die Zukunft erwähnt Chase, dass er keine weiteren Prequels zur „Sopranos“-Welt plant. Stattdessen möchte er sich auf das Filmemachen und nicht auf das Fernsehen konzentrieren. „Ich arbeite mit wirklich talentierten Leuten, aber ich werde älter und möchte mich nur auf Filme konzentrieren. Das ist das, was ich am schwierigsten in Gang bringen kann“, erklärt er und erweckt dabei den Eindruck eines Mannes, der nach neuen Herausforderungen und kreativen Ausdrucksformen sucht.