Die US-Kryptowährungsbörse Coinbase steht erneut im Mittelpunkt eines bedeutsamen Rechtsstreits, der die fragile und uneinheitliche Regulierung des Kryptomarkts in den Vereinigten Staaten widerspiegelt. Nachdem die US-Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) ihre Klage gegen Coinbase Anfang 2025 zurückgezogen hat, ohne Aussicht auf Fortsetzung, legt der Generalstaatsanwalt von Oregon, Dan Rayfield, neue Klageabsichten offen, die die gleichen Anschuldigungen wiederbeleben. Diese Entwicklung weist auf anhaltende Unsicherheiten in der Regulierungslandschaft hin und verdeutlicht, wie komplex die Rechtslage im Bereich der digitalen Vermögenswerte weiterhin ist. Im Zentrum der erneuten Vorwürfe steht der Vorwurf, dass Coinbase als unregistrierter Wertpapierbörsenbetreiber und Broker tätig gewesen sein soll. Darüber hinaus wird dem Unternehmen vorgeworfen, sein Staking-as-a-Service-Programm ohne entsprechende Registrierung anzubieten – ein Kernelement der Klagen, die ursprünglich von der SEC eingebracht wurden.
Mit der Wiederaufnahme dieser Anklagen auf Bundesstaatsebene – insbesondere im Bundesstaat Oregon – wird die Frage aufgeworfen, wie sich die föderale und staatliche Rechtsprechung künftig im Bereich der Krypto-Regulierung entwickeln wird. Die Entscheidung von Oregon, die von der SEC eingestellten Ansprüche erneut aufzugreifen, unterstreicht die Fragmentierung der Regulierungsansätze in den USA. Während die Bundesaufsicht sich unter neuer Führung von einem aggressiven Kurs verabschiedet hat, der häufig auf strenge Einordnungen dieser digitalen Vermögenswerte als Wertpapiere gesetzt hatte, scheinen Bundesstaaten wie Oregon weiterhin an einem strengen Vorgehen festzuhalten. Dieses Nebeneinander unterschiedlicher Regulierungsstrategien führt zu Unsicherheiten für Unternehmen und Investoren, die landesweit agieren wollen. Coinbase-Geschäftsführung hat die Klage aus Oregon scharf kritisiert.
Paul Grewal, Chief Legal Officer bei Coinbase, bezeichnete das Vorgehen als „Copycat“-Strategie, die nicht nur die vor kurzem beendete SEC-Klage unnötig wiederbelebt, sondern auch eine Verschwendung öffentlicher Mittel darstelle. Für Coinbase stellt dieser erneute Rechtsstreit ein Rückschlag dar in Zeiten, in denen das Unternehmen mit staatlichen und bundesweiten Akteuren eigentlich an einer klaren gesetzlichen Grundlage für digitale Vermögenswerte arbeiten möchte. Grewal warnte eindringlich, dass solch rückwärtsgewandte Prozesse die Chancen auf eine bundesweit einheitliche Gesetzgebung gefährdeten und den Verbraucherschutz eher schwächten als verbesserten. Hintergrund für die ursprüngliche SEC-Klage war ein von Gary Gensler, dem ehemaligen SEC-Vorsitzenden, geprägter harter Durchsetzungsansatz gegen Kryptowährungen. Gensler war dafür bekannt, viele digitale Token als Wertpapiere einstufen zu wollen und deren Handel als regulierungspflichtig zu deklarieren.
Insbesondere das Staking-Programm von Coinbase hatte er als unerlaubtes Wertpapierangebot eingestuft. Nachdem jedoch im Februar 2025 die SEC unter dem neuen Vorsitzenden Mark Uyeda ihre Klage gegen Coinbase „mit Präjudiz“ fallen ließ, trat eine spürbare Lockerung der bundesweiten Regulierung ein. Zahlreiche ähnliche Verfahren gegen andere bedeutende Krypto-Player wurden daraufhin eingestellt, was als Zeichen für eine Neuorientierung der US-Regulierung galt. Im Gegensatz dazu betont Oregon die Bedeutung eines strengen Schutzes der lokalen Verbraucherrechte. Der Generalstaatsanwalt argumentiert, dass die staatlichen Behörden den Schutz ihrer Bürger verantwortungsvoll sicherstellen müssen, unabhängig vom bundesweiten politischen Klima.
Das Vorgehen Oregons steht damit exemplarisch für eine politische und rechtliche Dynamik, in der lokale Interessenverschärfungen bundesweite Trends herausfordern können. Die Kontroverse rund um Coinbase verdeutlicht weitreichende regulatorische Herausforderungen. Die US-Kryptomärkte befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen dem Ruf nach umfassender und einheitlicher Gesetzgebung auf Bundesebene und den Interessen einzelner Bundesstaaten, eigene Schutzniveaus zu etablieren. Diese Divergenz kann nicht nur zu Rechtsunsicherheit führen, sondern auch Innovationen und Investitionsbereitschaft beeinträchtigen. Die Wiederaufnahme des Falls durch Oregon sendet ein klares Signal, dass der Weg zu einem konsolidierten Regulierungsrahmen noch sehr weit ist.
Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte auf die Vorwürfe reagieren und ob dieser Prozess als Präzedenzfall für weitere staatliche Schritte betrachtet wird. Krypto-Unternehmen wie Coinbase stehen vor der Herausforderung, sich zugleich auf unterschiedliche regulatorische Landschaften einstellen zu müssen. Gleichzeitig sorgt die Entwicklung für Debatten auf politischer Ebene. Vertreter aus Wirtschaft und Politik mahnen zur Schaffung von bundesweiten Klarstellungen und Standards, um den US-Markt für digitale Vermögenswerte attraktiv und sicher zu gestalten. Ein Flickenteppich aus bundesstaatlichen Einzellösungen könnte die Wettbewerbsfähigkeit der USA im globalen Kryptosektor beeinträchtigen oder gar Innovationen hemmen.
Zur Bewertung, ob bestimmte Kryptowährungen als Wertpapiere klassifiziert werden, greifen Gerichte in den USA häufig auf den sogenannten Howey-Test zurück. Dieser Maßstab prüft, ob es sich bei einer Investition um ein gemeinschaftliches Investment handelt, mit einer Gewinnerwartung durch die Arbeit Dritter. Während dieser Test in der Vergangenheit Anwendung fand, bleibt seine Auslegung bei neuen Technologien und Token-Modellen hochkomplex und oft kontrovers diskutiert. Die erneute Klage gegen Coinbase unterstreicht somit nicht nur die juristischen Herausforderungen der Regulierung, sondern auch die Notwendigkeit, rechtliche Definitionen und Rahmenbedingungen an die technologischen Entwicklungen anzupassen. Für Investoren bedeutet das vor allem, wachsam zu bleiben, sich über die sich wandelnde Rechtslage zu informieren und Risiken sorgsam abzuwägen.
Abschließend lässt sich festhalten, dass Coinbase mit der Intervention des Generalstaatsanwalts von Oregon ein Lehrbeispiel liefert, wie unter der Oberfläche der scheinbaren Entspannung in der Bundesregulierung noch immer eine latente Konfliktlinie brodelt. Der Ausgang dieses Verfahrens könnte maßgebliche Auswirkungen auf den gesamten US-Kryptomarkt haben und vielleicht den Anstoß geben für kohärentere, bundesweite Regulierungsansätze, die sowohl Innovation fördern als auch Verbraucher schützen. Solange jedoch unterschiedliche Behörden unabhängig voneinander agieren, bleibt es für Unternehmen und Anleger schwierig, sich sicher in diesem dynamischen Umfeld zu bewegen. Die Entwicklungen rund um Coinbase verdeutlichen damit auf eindrucksvolle Weise, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Kryptowährungen in den USA noch lange nicht in trockenen Tüchern sind.