Die Aktien von Snap Inc., dem Unternehmen hinter der beliebten Messaging-Plattform Snapchat, verzeichnen derzeit einen deutlichen Kursrückgang, der vor allem auf die Zurückhaltung bei der Umsatzprognose und die Ungewissheit im globalen Handel zurückzuführen ist. Trotz eines besser als erwarteten Ergebnisses für das erste Quartal 2025 zeigen sich Investoren vorsichtig angesichts der makroökonomischen Herausforderungen und der anhaltenden Belastungen durch Handelstarife. Dieser Rückgang offenbart, wie empfindlich technologieorientierte Unternehmen gegenüber geopolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen reagieren können und welche Auswirkungen diese Faktoren auf den digitalen Werbemarkt haben. Snap hat für das Ende März abgeschlossene Quartal einen Verlust von acht Cent je Aktie gemeldet – ein Ergebnis, das die Erwartungen der Analysten übertraf, die mit einem Verlust von 13 Cent gerechnet hatten.
Der Umsatz lag mit 1,36 Milliarden US-Dollar ebenfalls leicht über den Prognosen von 1,35 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als Snap noch einen Verlust von 19 Cent je Aktie bei 2 Milliarden Umsatz verbuchte, zeigt dies eine gewisse Verbesserung. Gleichzeitig stiegen die täglich aktiven Nutzer der Snapchat-App um 9 Prozent auf 460 Millionen, womit die Schätzung von 459 Millionen sogar übertroffen wurde. Trotz dieser positiven Kennzahlen entschied sich Snap jedoch gegen die übliche Veröffentlichung von Umsatzprognosen für das zweite Quartal. Die Begründung des Unternehmens liegt in der anhaltenden Unsicherheit über die Entwicklung der globalen makroökonomischen Lage, die sich nach Einschätzung von Snap negativ auf die Werbenachfrage auswirken könnte.
Die Verweigerung, konkrete Zahlen benennen zu wollen, hat jedoch große Besorgnis unter Anlegern ausgelöst und spiegelt die Herausforderungen wider, die unmittelbar vor dem Unternehmen stehen. Ein wesentlicher negativer Faktor ist die Handelspolitik der USA, insbesondere die von der Trump-Regierung im April 2025 eingeführten neuen Tarifregelungen. Diese betreffen unter anderem den Wegfall der sogenannten „de minimis“-Regelung, die es bisher erlaubte, Waren unter einem Wert von 800 US-Dollar zollfrei direkt aus China in die USA zu importieren. Die Änderung bedeutet höhere Importkosten und erschwert insbesondere chinesischen E-Commerce-Unternehmen wie Temu und Shein den Zugang zu amerikanischen Kundinnen und Kunden. Diese Firmen zählen zu den größten Werbekunden auf sozialen Medienplattformen wie Snapchat.
Durch den Wegfall der zollfreien Einfuhrmöglichkeit fällt für diese Unternehmen eine wichtige Eintrittsschwelle weg, was sich in geringeren Werbebudgets niederschlagen dürfte. Diese Situation führt dazu, dass Snap Werbeausgaben als instabil wahrnimmt, was wiederum die Umsatzentwicklung des Unternehmens beeinträchtigt. Der CFO von Snap, Derek Andersen, erläuterte, dass die Werbeindustrie erste Anzeichen von Zurückhaltung zeigt, was die Ausgaben für digitale Anzeigen betrifft, und dass es schwierig sei, die Dynamik in der zweiten Jahreshälfte sicher vorherzusagen. Die Tatsache, dass ein Großteil von Snaps Einnahmen von Werbung abhängt, vergrößert die Auswirkungen dieser Unsicherheiten erheblich. Zudem belastet die allgemeine Verunsicherung im Tech-Sektor Snap zusätzlich.
Neben den Handelsrestriktionen sind auch politische Entwicklungen wie das mögliche Verbot von TikTok in den USA ein wichtiger Faktor, der die Marktdynamik beeinflusst. TikTok bleibt ein direkter Konkurrent um Werbeausgaben und Nutzeraufmerksamkeit, und obwohl die Durchsetzung eines Gesetzes, das TikTok verbieten würde, zunächst aufgeschoben wurde, prägt die anhaltende Unsicherheit das Vertrauen der Anleger. Ein weiterer Aspekt, der Anleger und Analysten beschäftigt, ist, wie gut Snap sich gegenüber größeren Konkurrenten wie Meta Platforms und Google in diesem herausfordernden Werbemarkt behaupten kann. Während Meta und Google dank ihrer Größe und Diversifikation als robuster gelten, hat Snap als eher kleinerer Akteur potenziell größere Schwierigkeiten, Rückschläge abzufedern, vor allem wenn es um Einbußen bei wichtigen Marketingkanälen aus China geht. Die Reaktionen von Analysten auf die jüngsten Quartalszahlen und die Entscheidung von Snap, keine Prognose abzugeben, sind überwiegend zurückhaltend.
Bernstein-Analyst Mark Shmulik bezeichnete den Mangel an Umsatzprognosen als problematisch für die Bewertung der Aktie, da ohne klare Hinweise auf die zukünftigen Einnahmen große Unsicherheiten bestehen bleiben. Auch CFRA-Analyst Angelo Zino kommentierte, dass die fehlende Prognose „bei den Investoren wahrscheinlich nicht gut ankommt“, besonders angesichts der erwarteten Herausforderungen im digitalen Werbemarkt. Die Marktentwicklung spiegelt diese Bedenken wider: Am Tag nach der Veröffentlichung der Geschäftszahlen fiel die Snap-Aktie um 12,4 Prozent und schloss bei 7,96 US-Dollar. Damit steht der Kurs seit Jahresbeginn rund 15 Prozent im Minus und notiert sogar 37 Prozent unter dem Niveau vom Vorjahr. Die Aktie kämpft damit weiterhin mit dem Negativtrend, der durch geopolitische Unsicherheiten, regulatorische Risiken und Handelsbarrieren verstärkt wird.
Trotz der aktuell schwierigen Lage bleibt Snap ein wichtiger Player im Bereich der sozialen Medien mit einer großen und wachsenden Nutzerbasis. Die Plattform Snapchat hat sich insbesondere bei jüngeren Zielgruppen als innovatives Kommunikationsmittel etabliert und gilt als Vorreiter bei neuen Funktionen und interaktiven Werbeformaten. Das Unternehmen investiert außerdem in Künstliche Intelligenz und Augmented Reality, um die Nutzererfahrung zu verbessern und sich gegenüber Wettbewerbern zu differenzieren. Die Frage wird sein, wie Snap es gelingt, in einem Umfeld von immer mehr Handelshemmnissen, eingeschränktem Werbebudget bei wichtigen Kunden und wachsender Konkurrenz aus politischen Unsicherheiten heraus stabil zu bleiben. Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, ob das Unternehmen seine Wachstumsdynamik halten kann und ob sich die Unsicherheiten auflösen oder verstärken.