Am 10. Juni veröffentlichte Google offiziell Android 16 im Android Open Source Project (AOSP). Dabei ist jedoch eine bemerkenswerte Abweichung von den bisherigen Veröffentlichungen zu verzeichnen: Der für Pixel-Geräte spezifische Quellcode fehlt komplett. Diese fehlenden Device Trees sind bisher ein fester Bestandteil jeder neuen Android-Version und haben bisher maßgeblich zur einfachen Entwicklung und Anpassung von Custom ROMs auf Pixel-Geräten beigetragen. Die Folge ist eine erhebliche Unsicherheit und neue Herausforderungen für Entwickler und Nutzer, die auf freie und anpassbare Android-Versionen wie CalyxOS bauen.
Auf den ersten Blick mag das Fehlen des Pixel-spezifischen Quellcodes wie ein Versehen wirken – möglicherweise eine Verzögerung oder andere technische Hintergründe – doch es könnte auch eine bewusste Veränderung in Googles Release-Politik sein. In jedem Fall stellt diese Änderung eine bedeutende Zäsur für Projekte dar, die auf offene Pixel-Unterstützung angewiesen sind. Seit Android 12 verfolgt Google ein neues Veröffentlichungsmodell, das durch regelmäßige, vierteljährliche Plattform-Updates (Quarterly Platform Releases, QPRs) geprägt ist. Dieses Modell ersetzt die früheren großen Jahres-Releases durch kontinuierliche Updates, die bereits während des Jahres Verbesserungen, neue Features und Stabilitätsupdates liefern. Dadurch entsteht für Entwickler eine hohe Aktualität und Kontinuität bei der Softwareentwicklung, gleichzeitig wird die Komplexität in der Wartung und Anpassung jedoch deutlich höher.
Gerade Projekte wie CalyxOS, die umfangreiche Anpassungen am Android-System vornehmen, müssen sich auf diese ständige Veränderung einlassen und ihre Entwicklungszyklen flexibel anpassen. Im Falle von Android 16 bringt das Fehlen des Pixel-spezifischen Codes genau diese Schwierigkeiten in den Vordergrund.Nach bisherigem Stand fehlen bei Android 16 die sogenannten Device Trees für die aktuell unterstützten Pixel-Geräte. Diese Device Trees sind essentiell, um den AOSP-Code auf diesen Smartphones erfolgreich zu kompilieren, zu optimieren und lauffähig zu machen. Ohne sie können Entwickler zwar weiterhin auf dem Plattform-Code arbeiten, jedoch ist der direkte Betrieb von AOSP Android 16 auf modernen Pixel-Geräten aktuell nicht möglich.
Besonders betroffen sind die Pixel-Modelle der Generationen 6 bis 9a, die bislang als sehr offen für Entwicklung und Anpassung galten. Diese Offenheit hat maßgeblich zum Erfolg und zur Beliebtheit von Pixel-Smartphones in der Custom-ROM-Szene beigetragen, da Google in der Vergangenheit den kompletten Quellcode inklusive aller notwendigen Komponenten zur Verfügung stellte. Durch die aktuelle Änderung wird dieses Komfortlevel nun aufgehoben. Für Nutzer möchten alternative Betriebssysteme wie CalyxOS weiterhin eine stabile und sichere Android-Basis bieten. Ohne offizielle Unterstützung durch Gerät-spezifischen Quellcode müssen Entwickler auf alternative Wege ausweichen.
Das bedeutet unter anderem, dass sie auf existierende Linux-Kernel-Quellen zurückgreifen und Anpassungen auf Basis der letzten verfügbaren Android-Version vornehmen müssen. Dies ist aufwendig und erfordert einen hohen technischen Aufwand sowie einen langen Zeithorizont, bis wieder eine Version mit neuen Android-Features stabil läuft. Dies wirkt sich direkt auf die Verfügbarkeit von Sicherheitsupdates, neuen Funktionen und auf die Gesamtqualität der Custom-ROMs auf Pixel-Geräten aus.Neben den Pixel-Geräten richtet sich die Aufmerksamkeit der Entwickler von CalyxOS auch auf andere Hersteller und deren Gerätepalette. Fairphone- und Motorola-Modelle scheinen zunächst verschont zu sein und könnten mit Android 16 weitestgehend kompatibel bleiben oder zumindest leichter umsetzbar sein.
Hier ist allerdings abzuwarten, wie sich die Entwicklung weiter gestaltet und ob Gerät-herstellerspezifische Anpassungen in ähnlichem Maße fehlen werden wie bei den Pixel-Smartphones. Für Geräte wie die Pixel 5 Serie soll die Unterstützung eher am Ende der Entwicklungsarbeiten neu evaluiert werden. Dies zeigt, dass die Arbeit der Entwickler stark dynamisch ist und von der Verfügbarkeit der notwendigen Quellen und deren Qualität unmittelbar abhängt.Die Entscheidung Googles, keine Pixel-spezifischen Quellcodes mit Android 16 zu veröffentlichen, hat weitreichende Konsequenzen für die gesamte Custom-ROM-Community. Seit Jahren profitieren Entwickler und Nutzer vom Modell, dass Pixel-Geräte als Referenzhardware offen zugänglich und gut dokumentiert sind.
Dieses Modell ermöglichte eine lebendige Entwickler-Community, die jederzeit neue Android-Versionen schnell anpassen und für Sicherheitsbedürfnisse der Nutzer optimieren konnte. Die Öffnung von Google gegenüber unabhängigen Entwicklern war in der Vergangenheit ein maßgeblicher Faktor für den Erfolg offener Android-Betriebssysteme. Sollte diese Praxis dauerhaft aufgegeben werden, ist ein Umdenken bei den Entwicklern notwendig, was nicht nur den Aufwand erhöht, sondern auch langfristig die Auswahl an freien Alternativen einschränken könnte.Darüber hinaus ist unklar, ob das Fehlen der Pixel-Quellen eine temporäre Verzögerung oder eine strategische Richtungsänderung seitens Google ist. Das Unternehmen hat sich hierzu bisher nicht ausführlich geäußert.
Für die Entwickler-Community bleibt nur abzuwarten und parallel an Übergangslösungen zu arbeiten. Die Nutzung von Kernel-Quellen unter der GNU General Public License (GPL) bleibt ein wichtiger Baustein, ebenso wie die Weiterentwicklung bisheriger Android 15 Device Trees. Dies erfordert jedoch eine koordinierte und nachhaltige Entwicklungsarbeit, um möglichst zeitnah eine adäquate Unterstützung für Nutzer aktueller Pixel-Geräte sicherzustellen.Auf der Nutzerseite bleibt spannend, wie schnell alternative ROMs wie CalyxOS nachziehen können und inwiefern sich die Nutzungserfahrung verändern wird. Die Pixel-Modelle waren wegen ihrer Kombination aus offiziellem Support und Custom-ROM-Freundlichkeit besonders attraktiv für datenschutzbewusste und technische Nutzer.
Ohne zeitnahe Updates für Android 16 muss die Zielgruppe womöglich entweder bei älteren Android-Versionen bleiben oder auf andere Hersteller ausweichen, die ihre Geräte weiterhin im offenen Quellcode-Ökosystem pflegen.Während die Open-Source-Gemeinschaft mit den neuen Herausforderungen hadert, zeigt sich gleichzeitig auch die enorme Bedeutung von freien und öffentlich verfügbaren Quellen für den Erfolg von nachhaltigen, sicheren und flexiblen Betriebssystemen. Der aktuelle Rückschlag bei den Pixel-Geräten unterstreicht die Notwendigkeit einer weitergehenden Debatte über Offenheit, Nutzerrechte und Herstellertransparenz im Android-Ökosystem. Projekte wie CalyxOS stehen exemplarisch für den Wunsch nach alternativen Betriebssystemen, die Nutzer langfristig Kontrolle, Schutz der Privatsphäre und Freiheit bieten. Nur durch Offenheit und aktive Unterstützung durch Hersteller kann dieses Ziel weiter verfolgt werden.