Die Landschaft der Exchange-Traded Funds (ETFs) befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Während sich vor allem der Markt für Krypto-ETFs rasant entwickelt, sorgt die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC mit ihrer aktuellen Genehmigungspolitik für hitzige Diskussionen unter Finanzakteuren. Kürzlich haben die ETF-Anbieter VanEck, 21Shares und Canary Capital einen gemeinsamen Brief an die SEC geschickt, in dem sie die Behörde auffordern, zurück zum sogenannten First-to-File-Prinzip bei der Bearbeitung und Genehmigung von ETF-Anträgen zu kehren. Dieses Prinzip sah vor, Anträge in der Reihenfolge ihres Eingangs zu prüfen und gegebenenfalls zu genehmigen. Die Abkehr von diesem Verfahren führte laut den Anbietern zu einer Verlangsamung der Innovation und fördert nach ihrer Ansicht nachlässiges Verhalten bei Antragsstellern.
Die Debatte um das First-to-File-Verfahren ist für Investoren und die gesamte Finanzindustrie von großer Bedeutung, da sie die Dynamik auf dem Markt für neue Finanzprodukte, insbesondere im Bereich der digitalen Assets, maßgeblich beeinflusst. Das First-to-File-Verfahren galt lange als Standard in den USA. Es sorgte für eine klare Struktur und faire Bedingungen im Bewerbungsprozess. Unternehmen, die frühzeitig Neuerungen vorantrieben, wurden damit belohnt. Dies förderte den Wettbewerb, trieb Innovationen voran und sorgte für eine dynamische Produktentwicklung.
Die Abkehr von diesem Ansatz fiel zeitgleich mit dem wachsenden Interesse an Krypto-ETFs zusammen. Viele Marktteilnehmer sehen die aktuelle Praxis der SEC daher mit Sorge, da die Behörde keine klaren Zeitpläne für die Bearbeitung der eingereichten Kryptoprodukte festlegt und Entscheidungen oft deutlich verzögert. Im Brief an die SEC betonen VanEck, 21Shares und Canary Capital, dass das Aufgeben des First-to-File-Prinzips einerseits die Innovation auf dem Markt ausbremst und andererseits „faule“ Verhaltensweisen der Antragsteller belohnt. Wenn keine klare Reihenfolge eingehalten wird, entfällt der Anreiz, frühzeitig mit neuen, kreativen Produkten auf den Markt zu kommen. Die Folge sei ein reduziertes Angebot für Anleger, eingeschränkte Markteffizienz und insgesamt eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit des US-Finanzmarkts auf globaler Ebene.
Die Unternehmen unterstreichen, dass ein regulatorischer Rahmen, der Unternehmertum und Kreativität aktiv fördert und belohnt, unerlässlich ist, um die Position der USA als weltweit führenden Innovationsstandort zu bewahren. Die Entwicklung der regulatorischen Praxis ist eng mit der politischen Landschaft verbunden. Die Zahl der digitalen Asset-ETF-Anträge stieg maßgeblich nach der Amtseinführung von Präsident Donald Trump an. Dies lag vor allem an der Erwartung eines für Krypto-Innovationen offeneren und freundlicheren regulatorischen Umfelds. Die zahlreichen Anträge spiegeln das enorme Interesse von institutionellen Investoren wider, die zunehmend auf Krypto-ETFs als attraktive Anlageoption setzen.
Doch die SEC hat bislang nur wenige Produkte zugelassen und lässt viele wichtige Entscheidungen offen oder verzögert sie erheblich, was eine Verunsicherung sowohl bei Investoren als auch bei Anbietern schafft. Ein aktuelles Beispiel sind Entscheidungen der SEC zu Altcoin- und Staking-ETFs, die wiederholt verschoben wurden. Im Mai wurde die Entscheidung zur Zulassung des Grayscale Spot Solana Trust ETFs auf Oktober verlegt. Auch bei Anträgen für Staking-ETFs und XRP-ETFs kam es zu Verzögerungen, die von Experten als erwartbar eingestuft werden. Bloomberg-Analyst James Seyffart bestätigte, dass die SEC in der Regel die volle Frist für eine Antwort bei 19b-4-Einreichungen nutzt, und vorzeitige Entscheidungen eher die Ausnahme sind.
Dies verdeutlicht, wie zögerlich die Behörde bei der Genehmigung neuer, innovativer Finanzprodukte agiert. Ein weiteres Beispiel für die Herausforderungen bei der Zulassung von Krypto-ETFs ist die Reaktion der SEC auf die Registrierungserklärungen der REX-Osprey gestaked ETFs. Die SEC äußerte Bedenken hinsichtlich der Qualifikation als ETFs aufgrund der Struktur der zugrunde liegenden Fonds. Diese Zweifel haben den Start der Produkte verzögert, obwohl viele Analysten zuvor mit deren baldiger Markteinführung gerechnet hatten. Solche regulatorischen Hürden führen nicht nur zu Frustration bei Anbietern, sondern auch zu Unsicherheit bei Investoren, die auf neue und innovative Produkte warten.
Zusammengefasst stehen die USA an einem wichtigen Scheideweg in Bezug auf ihre Regulierungs- und Innovationspolitik im ETF-Bereich. Die Forderung der ETF-Anbieter nach einer Rückkehr zum First-to-File-Verfahren ist eine bedeutende Stimme in der Debatte um die Balance zwischen regulatorischer Kontrolle und Marktinnovation. Sie verdeutlicht, wie regulatorische Entscheidungen die Entwicklung von Finanzprodukten und damit auch das Investitionsumfeld beeinflussen. Die Zukunft digitaler Asset-ETFs hängt stark davon ab, wie die SEC auf die Kritik der Branche reagiert. Ein transparentes, vorhersehbares Genehmigungsverfahren würde nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der USA stärken, sondern auch ein Signal an internationale Investoren senden, dass der US-Markt offen für Innovation bleibt.
Gleichzeitig muss die SEC sicherstellen, dass Anleger geschützt und Märkte stabil bleiben, was eine sorgfältige Prüfung neuer Investmentprodukte erfordert. In der Zwischenzeit beobachten Marktteilnehmer aufmerksam, wie sich die politische und regulatorische Situation entwickelt. Die USA haben die Chance, ihre globale Führungsrolle in der Finanzinnovation weiter auszubauen – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen fördern frühzeitige Initiativen, ehrlichen Wettbewerb und echte Produktvielfalt. Der Appell der ETF-Anbieter an die SEC stellt deshalb nicht nur eine Kritik an der aktuellen Praxis dar, sondern vor allem einen Aufruf zu einem regulatorischen Paradigmenwechsel, der Innovationsfreude und Anlegerschutz gleichermaßen berücksichtigt. Investoren, Analysten und Anbieter verfolgen gespannt, ob und wann die SEC den Brief der führenden ETF-Anbieter aufgreift und eine Anpassung ihrer Genehmigungsprozesse in Richtung eines First-to-File-Ansatzes vornimmt.
Diese Entscheidung wird maßgeblichen Einfluss auf die Attraktivität neuer ETF-Produkte und damit letztlich auch auf die Dynamik des gesamten Finanzmarktes in den kommenden Jahren haben.